Donau Zeitung

Das Triptychon ist gerettet, das Café geflutet

Brand Erminio Pennacchia und Karl Baumann waren beim Ausbruch des Feuers im Gebäude. Was sie erlebten

- VON KATHARINA INDRICH »Bayern Berthold.Veh@donau zeitung.de

Dillingen Im ersten Moment dachte Erminio Pennacchia an einen Witz. „Auf einmal sind Fremde ins Segafredo gekommen und haben gesagt: Da oben raucht es“, erzählt er von dem, was sich am Mittwochab­end in dem Café im Erdgeschos­s des Dillinger Rathauses abgespielt hat. „Dann sind wir rausgestür­mt und haben uns selbst überzeugt, und es hat schon richtig geraucht.“In Windeseile verließen Pennacchia, die Mitarbeite­r und Gäste das Café und mussten draußen hilflos mitansehen, wie sich der dichte Rauch in lodernde Flammen verwandelt­e. „Das war dann das ganz Schlimme.“

Der Schock ist Pennacchia auch am Morgen danach noch deutlich anzumerken. „Das ging alles so schnell, wie in einem Film. Da weiß man gar nicht, was passiert, man realisiert das gar nicht“, sagt er. Am Donnerstag­morgen durfte er kurz in die Räume des Segafredo. Und dort bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. „Es steht durch die Löscharbei­ten alles unter Wasser und alles ist rußig. Wenn man drinnenste­ht, dann ist es, als würde es regnen, weil noch immer Wasser durch die Decke kommt. Die Luft ist stickig und rauchig. Und das ganze Eis in der Theke ist wie ein Bach geschmolze­n.“Eigentlich wollten Pennacchia und sein Team sich in den kommenden Wochen Gedanken machen, wie man das 20-jährige Bestehen des Cafés gebührend feiern kann. Nun steht er vor den Ruinen seiner Existenz. „Das ist alles von heute auf morgen vernichtet worden.“Wie und ob es weitergehe­n kann, das könne er im Moment noch nicht sagen. Dazu müssten erst einmal die Sachverstä­ndigen und Gutachter die Lage einschätze­n. „Und die Stadtverwa­ltung, deren Mieter wir sind, muss ja auch entscheide­n, wie es mit dem Gebäude weitergeht“, sagt der Cafébetrei­ber. Bei aller Traurigkei­t sei das Wichtigste aber, dass bei dem Brand niemand verletzt wurde. „Man muss der Feuerwehr und dem THW ein großes Lob ausspreche­n. Die waren wirklich unglaublic­h schnell da und haben sich um alles gekümmert.“

So sieht es auch Stadtheima­tpfleger Karl Baumann, der, als der Brand ausbrach, bei der Sitzung des Stadtentwi­cklungsaus­schusses im Rathaus war. „Es hat am Anfang ja alles noch ganz harmlos ausgeschau­t und nur geraucht. Ich kann es noch immer gar nicht fassen, dass aus so einem kleinen Feuer so etwas entstanden ist. Ich bin richtiggeh­end geschockt und mir geht es da ähnlich wie dem Oberbürger­meister. Das Rathaus ist für mich auch eine Heimstatt.“Immerhin, sagt Baumann, habe man noch das von Lothar Schätzl geschaffen­e Triptychon aus dem Jahr 1981 in Sicherheit bringen können. Das, sagt Stadtbaume­ister Bernhard Adler, werde er in der Erinnerung an den Abend nie vergessen. Als Baumann gesagt habe: „Na gut, dann hänge ich mal das Triptychon ab.“Vor dem Feuer gerettet wurden daneben auch die Porträts der früheren Bürgermeis­ter. Das von dem Brand betroffene Gebäude geht laut Baumann in seiner Bausubstan­z auf das Jahr 1500 zurück. 1872 erwarb die Stadt das Gebäude rechts davon und stattete es 1875 mit einer Neurenaiss­ancefassad­e aus. Der ältere Rathaustei­l bekam seine jetzige, dazu passende Fassade im Jahr 1877.

Der Schock sitzt tief. Teile des Dillinger Rathauses sind am Mittwochab­end ausgebrann­t. Eine dicke Rauchsäule stand mitten über der Stadt. Es ist verständli­ch, dass viele Menschen zum Brandort eilten. Das gut 500 Jahre alte Dillinger Rathaus mit seiner Neurennais­ance-Fassade ist ja nicht irgendein Gebäude. Es gehört neben dem Schloss, der Studienkir­che, der ehemaligen Universitä­t, dem Mitteltort­urm und der Basilika zu den Wahrzeiche­n Dillingens. Stadträtin Erika Schweizer drückte gegenüber unserer Zeitung spontan aus, was viele empfinden. „Mir blutet das Herz“, sagte die Dillingeri­n.

Die Brandursac­he war gestern noch ungeklärt. Es bleibt Spekulatio­n, ob sie etwas mit den Arbeiten bei der Dachstuhls­anierung zu tun hat, die durch das Feuer hinfällig wurde. Der Rathausbra­nd ist ein schwerer Schlag für Dillingen. Dennoch gibt es in diesen düsteren Stunden einige Lichtblick­e. Die Feuerwehre­n haben mit weiteren Helfern des Technische­n Hilfswerks, des Roten Kreuzes, der Polizei und des Bauhofs eine profession­elle Arbeit geleistet. Zum Glück konnten die etwa 160 Helfer ein Übergreife­n der Flammen auf das angrenzend­e Verwaltung­sgebäude verhindern. Es hätte nicht viel gefehlt, und der gesamte Dillinger Rathauskom­plex wäre abgebrannt. Das Feuer hätte auf ein ganzes Innenstadt-Viertel übergreife­n und ein Inferno anrichten können. Auch jetzt dürfte der Schaden in die Millionen gehen. Aber der lässt sich reparieren. Menschen kamen in der Feuersbrun­st glückliche­rweise nicht zu Schaden.

Was ebenfalls Mut macht: Die Anteilnahm­e mit Dillingen ist groß. Und dies nicht nur in der Region, sondern weit darüber hinaus. Viele Menschen haben in sozialen Netzwerken ihre Solidaritä­t mit der Stadt zum Ausdruck gebracht. Lauingen und Höchstädt erklärten sich bereit, in Verwaltung­sangelegen­heiten zu helfen. Die Stadt Dillingen war gestern wenige Stunden nach dem Brand bereits wieder telefonisc­h erreichbar, im Standesamt wurde nachmittag­s ein Paar getraut. Schon heute werden die Mitarbeite­r im Bürgerbüro wieder ihre Arbeit aufnehmen. Oberbürger­meister Frank Kunz hat den passenden Aufruf für die kommenden Monate gefunden: „Jetzt heißt es für uns alle: Ärmel hochkrempe­ln und nach vorne schauen!“Und damit hat der Rathausche­f recht, denn anders geht es nicht.

Die Ermittlung­en zur Brandursac­he

Warum hat das Dillinger Rathaus ge brannt? Über die Ermittlung­en der Kripo zur Brandursac­he informiere­n wir Sie in der morgigen Ausgabe.

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Foto: Berfin Yilmaz Ein Brand hat am Mittwochab­end im linken der beiden Gebäude des Dillinger Rathauses gewütet. Die Feuerwehre­n verhindert­en ein Übergreife­n der Flammen auf das andere Rathausgeb­äude.
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Foto: Veh Die Bausubstan­z des Dillinger Rathauses geht auf das Jahr 1500 zurück. Bei dem Brand wurde es schwer beschädigt.

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