Das Triptychon ist gerettet, das Café geflutet
Brand Erminio Pennacchia und Karl Baumann waren beim Ausbruch des Feuers im Gebäude. Was sie erlebten
Dillingen Im ersten Moment dachte Erminio Pennacchia an einen Witz. „Auf einmal sind Fremde ins Segafredo gekommen und haben gesagt: Da oben raucht es“, erzählt er von dem, was sich am Mittwochabend in dem Café im Erdgeschoss des Dillinger Rathauses abgespielt hat. „Dann sind wir rausgestürmt und haben uns selbst überzeugt, und es hat schon richtig geraucht.“In Windeseile verließen Pennacchia, die Mitarbeiter und Gäste das Café und mussten draußen hilflos mitansehen, wie sich der dichte Rauch in lodernde Flammen verwandelte. „Das war dann das ganz Schlimme.“
Der Schock ist Pennacchia auch am Morgen danach noch deutlich anzumerken. „Das ging alles so schnell, wie in einem Film. Da weiß man gar nicht, was passiert, man realisiert das gar nicht“, sagt er. Am Donnerstagmorgen durfte er kurz in die Räume des Segafredo. Und dort bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. „Es steht durch die Löscharbeiten alles unter Wasser und alles ist rußig. Wenn man drinnensteht, dann ist es, als würde es regnen, weil noch immer Wasser durch die Decke kommt. Die Luft ist stickig und rauchig. Und das ganze Eis in der Theke ist wie ein Bach geschmolzen.“Eigentlich wollten Pennacchia und sein Team sich in den kommenden Wochen Gedanken machen, wie man das 20-jährige Bestehen des Cafés gebührend feiern kann. Nun steht er vor den Ruinen seiner Existenz. „Das ist alles von heute auf morgen vernichtet worden.“Wie und ob es weitergehen kann, das könne er im Moment noch nicht sagen. Dazu müssten erst einmal die Sachverständigen und Gutachter die Lage einschätzen. „Und die Stadtverwaltung, deren Mieter wir sind, muss ja auch entscheiden, wie es mit dem Gebäude weitergeht“, sagt der Cafébetreiber. Bei aller Traurigkeit sei das Wichtigste aber, dass bei dem Brand niemand verletzt wurde. „Man muss der Feuerwehr und dem THW ein großes Lob aussprechen. Die waren wirklich unglaublich schnell da und haben sich um alles gekümmert.“
So sieht es auch Stadtheimatpfleger Karl Baumann, der, als der Brand ausbrach, bei der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses im Rathaus war. „Es hat am Anfang ja alles noch ganz harmlos ausgeschaut und nur geraucht. Ich kann es noch immer gar nicht fassen, dass aus so einem kleinen Feuer so etwas entstanden ist. Ich bin richtiggehend geschockt und mir geht es da ähnlich wie dem Oberbürgermeister. Das Rathaus ist für mich auch eine Heimstatt.“Immerhin, sagt Baumann, habe man noch das von Lothar Schätzl geschaffene Triptychon aus dem Jahr 1981 in Sicherheit bringen können. Das, sagt Stadtbaumeister Bernhard Adler, werde er in der Erinnerung an den Abend nie vergessen. Als Baumann gesagt habe: „Na gut, dann hänge ich mal das Triptychon ab.“Vor dem Feuer gerettet wurden daneben auch die Porträts der früheren Bürgermeister. Das von dem Brand betroffene Gebäude geht laut Baumann in seiner Bausubstanz auf das Jahr 1500 zurück. 1872 erwarb die Stadt das Gebäude rechts davon und stattete es 1875 mit einer Neurenaissancefassade aus. Der ältere Rathausteil bekam seine jetzige, dazu passende Fassade im Jahr 1877.
Der Schock sitzt tief. Teile des Dillinger Rathauses sind am Mittwochabend ausgebrannt. Eine dicke Rauchsäule stand mitten über der Stadt. Es ist verständlich, dass viele Menschen zum Brandort eilten. Das gut 500 Jahre alte Dillinger Rathaus mit seiner Neurennaisance-Fassade ist ja nicht irgendein Gebäude. Es gehört neben dem Schloss, der Studienkirche, der ehemaligen Universität, dem Mitteltorturm und der Basilika zu den Wahrzeichen Dillingens. Stadträtin Erika Schweizer drückte gegenüber unserer Zeitung spontan aus, was viele empfinden. „Mir blutet das Herz“, sagte die Dillingerin.
Die Brandursache war gestern noch ungeklärt. Es bleibt Spekulation, ob sie etwas mit den Arbeiten bei der Dachstuhlsanierung zu tun hat, die durch das Feuer hinfällig wurde. Der Rathausbrand ist ein schwerer Schlag für Dillingen. Dennoch gibt es in diesen düsteren Stunden einige Lichtblicke. Die Feuerwehren haben mit weiteren Helfern des Technischen Hilfswerks, des Roten Kreuzes, der Polizei und des Bauhofs eine professionelle Arbeit geleistet. Zum Glück konnten die etwa 160 Helfer ein Übergreifen der Flammen auf das angrenzende Verwaltungsgebäude verhindern. Es hätte nicht viel gefehlt, und der gesamte Dillinger Rathauskomplex wäre abgebrannt. Das Feuer hätte auf ein ganzes Innenstadt-Viertel übergreifen und ein Inferno anrichten können. Auch jetzt dürfte der Schaden in die Millionen gehen. Aber der lässt sich reparieren. Menschen kamen in der Feuersbrunst glücklicherweise nicht zu Schaden.
Was ebenfalls Mut macht: Die Anteilnahme mit Dillingen ist groß. Und dies nicht nur in der Region, sondern weit darüber hinaus. Viele Menschen haben in sozialen Netzwerken ihre Solidarität mit der Stadt zum Ausdruck gebracht. Lauingen und Höchstädt erklärten sich bereit, in Verwaltungsangelegenheiten zu helfen. Die Stadt Dillingen war gestern wenige Stunden nach dem Brand bereits wieder telefonisch erreichbar, im Standesamt wurde nachmittags ein Paar getraut. Schon heute werden die Mitarbeiter im Bürgerbüro wieder ihre Arbeit aufnehmen. Oberbürgermeister Frank Kunz hat den passenden Aufruf für die kommenden Monate gefunden: „Jetzt heißt es für uns alle: Ärmel hochkrempeln und nach vorne schauen!“Und damit hat der Rathauschef recht, denn anders geht es nicht.
Die Ermittlungen zur Brandursache
Warum hat das Dillinger Rathaus ge brannt? Über die Ermittlungen der Kripo zur Brandursache informieren wir Sie in der morgigen Ausgabe.