Zu viele Menschen im Landkreis lassen es krachen
Bürgermeistertreffen Landratsamt und Polizei schlagen Alarm: Die Zahl legaler wie illegaler Feuerwerke in der Region nimmt dramatisch zu
Landkreis Bei der Bürgermeisterdienstbesprechung hat die Geschäftsführerin der renommierten Schule der Dorf- und Landentwicklung die ungeheure Vielfalt des ländlichen Raumes gelobt. Neben dem regen Vereinsleben mit Leuten von anpackendem Wesen würdigte Gerlinde Augustin vor allem die Tradition, Märkte, Feste und Brauchtumspflege. Die eher den Ballungsräumen zugerechnete illegale nächtliche Knallerei erwähnte die Frau nicht. Das übernahm Landrat Leo Schrell höchstselbst und schlug wegen des überhandnehmenden Abbrennens von Feuerwerkskörpern unterm Jahr Alarm.
Mit den anwesenden Rathauschefs lag Schrells leidenschaftlicher Appell bei den richtigen Adressaten. Laut Landrat musste jedoch die Polizei in den vergangenen Monaten eine erhebliche Zunahme der Zwischenfälle und Klagen von betroffenen Bürgern registrieren. Zwischen Syrgenstein und Buttenwiesen wird anscheinend geballert und gezündelt, was das Zeug hält: bestandene Führerscheinprüfung der Enkelin, 70. Geburtstag des lieben Onkels, des langjährigen Vorstandes oder sonstige runde Anlässe. Dumm nur, dass dies alles ungesetzlich ist und sogar einen Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz darstellt.
Das kann Andreas Foldenauer, Leiter der Abteilung Kommunales, Sicherheit und Ordnung beim Landratsamt, schwarz auf weiß nachweisen in einer einschlägigen Verordnung. Dort wird unter anderem der Umgang mit „pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie zwei“geregelt. Damit gemeint ist ein „Kleinfeuerwerk“für „Vergnügungszwecke“, es wird volkstümlich auch gern als Silvesterfeuerwerk bezeichnet. Knaller, Frösche, Raketen und Vulkane: Was auf der Einkaufsliste für den Jahreswechsel kaum fehlen dürfte, birgt im übrigen Jahr reichlich Sprengstoff im rechtlichen Sinne. Ihr Einsatz ist strikt verboten. Allerdings keine Regel ohne Ausnahme. Wer es ganz legal krachen lassen möchte, etwa wegen des Ehejubiläums oder der mittäglichen Hochzeit italienischer Art, kann in begründeten Fällen eine behördliche Genehmigung zum fröhlichen Ballern erhalten. Jedoch nur bis 22 Uhr.
Dass sich zunehmend viele Feiernde weder an die Sperrstunde halten noch die Freigabe durchs Rathaus abwarten, macht nicht nur den unter den lautstarken Jubelrunden leidenden Nachbarn zu schaffen. „Es werden immer mehr solche Fälle“, beklagt der Leiter der Hauptverwaltung in Wertingen, Günther Weiser. Da gebe es immer wieder böse Überraschungen. „Wir machen stets auf das richtige Prozedere öffentlich aufmerksam, aber anscheinend wissen einige noch nicht, dass es angemeldet werden muss“, vermutet der Mann im Rathaus.
Unwissenheit schützt aber vor Strafe nicht. Wer die Regeln kennt, ist mit Sicherheit Kreisbrandrat Frank Schmidt. Der Brandschutzexperte selbst wurde vor zwei Wochen aus seinem Schlaf herausgerissen, als es nachts unterm Galgenberg in Dillingen explodierte: „Hier oben bekomme ich halt alles mit“, erklärt er und weist darauf hin, dass es Einsätze seiner Kollegen zu Bränden – verursacht durch illegale FeuVerabschiedung erwerke – seines Wissens noch nicht gegeben habe. Auch beim „Regelfeuerwerk“am Jahresende würde es zu keinem verstärkten Ausrücken der Floriansjünger kommen: „Aber die Gefahr des unsachgemäßen Abbrennens durch Alkoholisierte ist schon da.“Spätestens da kommt die Polizei ins Spiel.
Aber bei den verstärkt angesetzten illegalen Festen mit Knalleffekt sehen die Ordnungshüter alles andere als einen Grund zum Feiern. „Auch wenn es um angemeldete Veranstaltungen geht – die lärmbetroffenen Leute rufen nicht bei der Genehmigungsstelle an, sondern bei uns“, weiß Sprecherin Katharina von Rönn von der Polizeiinspektion Dillingen. Denn auch bei den gestatteten Anlässen würden sich die Menschen über nächtliche Ruhestörung beschweren, was man bei den Kommunen doch berücksichtigen sollte.
Der Anteil der sicht- wie vor allem gut hörbaren Knallspektakel scheint raketengleich aufzusteigen: Waren es 2016 noch 15 zugelassene Feuerwerke im Landkreis, liege deren Zahl schon jetzt bei über 20. Und weitere richtig laue Sommernächte kommen hoffentlich noch.
Einkaufsliste für den Jahreswechsel