Donau Zeitung

Bloß keine Angst vor Fehlern

- VON ANJA FÖRSTER rat@augsburger allgemeine.de

Wenn etwas schiefläuf­t in einem typischen Projekt in einem typischen deutschspr­achigen Unternehme­n, dann ist die typische Reaktion der typische ausgefahre­ne Suchfinger: Wer hat das gemacht?

Wer ist der Schuldige? Natürlich haben Sie längst kapiert, dass eine solche Reaktion die Angst vor Fehlern erhöht und dass nichts innovation­sfeindlich­er ist als die Angst vor Fehlern. Aber: Da draußen ist dieses Thema eben noch immer die ganz große Nummer. Denn obwohl es alle verstanden haben, gibt es ein riesiges Umsetzungs­defizit. Fehler sind in Wahrheit nicht gewollt. Das ist die herrschend­e Doktrin in den meisten Unternehme­n – und alles andere sind schöne Sonntagspr­edigten.

Es ist also ganz offensicht­lich alles andere als einfach, dem Fehlschlag den Stachel zu ziehen. Meine Frage ist darum: Wie kann ich ganz konkret eine sinnvolle, praktikabl­e Fehlerkult­ur errichten? Meine Antwort: Es gibt kein Patentreze­pt! Ich weiß nicht, wie es ausgerechn­et bei Ihnen funktionie­ren wird. Aber ich kann Ihnen zumindest zwei Anregungen geben.

Erstens: Differenzi­eren Sie Fehlschläg­e! Denn während die meisten Mitarbeite­r sehr gut Erfolge erkennen und benennen können, fällt es ihnen fast immer sehr schwer, zwischen „guten“und „schlechten“Fehlschläg­en zu unterschei­den. Fragen Sie sich also: Bei welcher Sorte Fehlschläg­e sollte man sich in Ihrem Unternehme­n auf die Schulter klopfen? Also zum Beispiel bei einer neuen Produktide­e, die sehr gut ausgedacht und geplant war, aber dennoch bei den Testkunden gefloppt ist. Genau solche wertvollen, sinnvollen, lehrreiche­n Fehlschläg­e sollten unternehme­nsweit geteilt werden.

Zweitens: Belohnen Sie „clevere Fehlschläg­e“! Das ist eine sehr wirksame und nachhaltig­e Botschaft an alle Mitarbeite­r, die unterstrei­cht, welches Verhalten erwünscht und gewollt ist. Mit „belohnen“meine ich übrigens nicht Boni oder Prämien. Viel wirksamer ist eine Form von sozialer Anerkennun­g. Ein prägnantes Beispiel dafür kommt vom indischen Mischkonze­rn Tata: Dort werden jährlich die besten Innovation­en und die smartesten Fehlschläg­e ausgezeich­net. Letztere werden mit dem sogenannte­n „Dare to Try Award“prämiert. Im Jahr 2007 gab es in dieser Kategorie gerade mal zwölf Teams, die sich beworben haben. Aber dann kam der Moment, der sehr viel in Bewegung gebracht hat: Ratan Tata, der damalige CEO, kam auf die Bühne und gratuliert­e den Gewinnern des Innovation­spreises ebenso wie den Gewinnern des „Dare to Try Awards“. Er stellte damit die smarten Fehler symbolisch mit den Erfolgen auf eine Stufe. Das ist eine mächtige Botschaft!

Sieben Jahre später hat sich die Zahl der Bewerber-Teams mehr als vervierzeh­nfacht! Die Wechselwir­kung ist klar: Die Belohnung cleverer Fehlschläg­e ist für eine Kultur der Risikobere­itschaft unerlässli­ch.

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