Kommt die Zeitung, kommen die Kälbchen
Trotz Regens wird bei der Tour durch Roggden viel gelacht. Die Bürger sind stolz auf ihre Heimat. Dafür gibt es viele Gründe
Roggden Zwei Schulen gab es einst in Roggden, eine Schmiede, eine Bank, einen Bäcker und ein Fenster, das war die Post. Das ist alles Geschichte. Trotzdem sind die Roggdener stolz auf ihren Heimatort und dafür gibt es viele Gründe. Auf einem Rundgang durch die rund 400 Einwohner große Gemeinde wurden sie aufgezählt. Kein einziger Verein in Bayern hat zwei Mal den Landeschützenmeister gestellt, doch den Tellschützen ist es gelungen. Mit nur einem einzigen Schuss hat Bettina Kaim 2016 (nach Walter Brandmeier 2002) auf dem Oktoberfest den Titel geholt.
Auch die Fußballer sind stolz: 100 aktive Kinder trainieren dort mit, laut Jugendleiter Georg Fürbaß sind darunter viele große Talente. Weder Fußballplatz noch das neue Jugendhaus sind versperrt. Das würden auch Wertinger Fußballspieler schätzen und immer mal zum Trainieren kommen. Der beste Mann des Sportvereins, das betonen alle, ist Hans Sauler, der Platzwart, der sich rund um die Uhr um alles kümmert.
Während sich ein paar Bürger im neuen Jugendheim unterstellen, genießen die Kühe von Josef und Stefanie Endres das Leben auf der Weide. „Das ist doch wie im Allgäu“, sagt der Landwirt. Seine 28 Jungrinder toben sich auf der großen Wiese aus. Endres’ Weidetiere würden auch einige Stammkäufer bei der regelmäßigen Zuchtviehauktion in Wertingen schätzen. Landwirte gibt es mehrere im Ort. Auch Bettina und Max Kirner haben damit jetzt angefangen, sagt die junge Frau und lacht. „Man muss antizyklisch vorgehen.“Neben der Landwirtschaft baut die Familie noch ein neues, großes Wohnhaus. „Wir machen alles daran selbst“, sagt sie.
Die Feuerwehr öffnet ihr Tor auch mit Stolz geschwellter Brust. Schließlich steht dahinter ein neues Feuerwehrfahrzeug, das TSFW mit Atemschutz, erklärt Kommandant Mayrböck. Unter den 43 Aktiven sind sieben Frauen. Die Mannschaft ist auf HochwasserEinsätze spezialisiert. 1985 stand Roggden unter Wasser, zuletzt überschwemmte im vergangenen Jahr eine Regenflut den Ort. Ganz so schlimm war es am Donnerstag zum Glück nicht. Doch die Kameraden wären vorbereitet gewesen: Am vergangenen Wochenende haben sie den neuen mobilen Hochwasserschutz zum Test aufgebaut. „Vier Mann schaffen das in fünf Minuten“, erklärt Josef Mayr. Nur wer das Kommando zum Aufbauen gibt, muss laut Kommandant Mayrböck noch geklärt werden.
Was bei keinem Rundgang durch diesen Ort fehlen kann: der größte Arbeitgeber. Johann Saule arbeitet seit 1995 bei Creaton. Er hat etwa 45 Kollegen und weiß: Rund 85 000 Biber werden täglich in Roggden hergestellt. Um das Dach eines zehn auf 14 Meter großen Hauses zu decken, bräuchte es 8000 bis 10000 Dachziegel.
Johann Kaim, der den Regenschirm-Tross durch Roggden anführt, erklärt, dass es daneben viele Selbstständige in völlig unterschiedlichen Branchen wie Betonbohren, CNC-Fräsen, Baggern, Getränke, Schneiderei oder Schreinerei gibt. Und dann erst die Vereine. Neben dem Sportverein mit Fußball- und Tennisabteilung, sind da der BauChristian wagen-, der Gartenbau- und der Gesangverein, der unter der Leitung von Margaretha Liepert in der ehemaligen Schule probt. Chormitglied Barbara Förg und ihr Mann wurden 1961 eingeschult. Lehrer Josef Burghard unterrichtete damals acht Klassen in einem Zimmer. Wenige Monate später, im Januar 1962, wurde die neue Schule bezogen. Da gab es zwei Unterrichtsräume für alle Klassen. Seit 2007 ist das vorbei. Stattdessen haben Chor und Wertinger Krippenfreunde die Räume bezogen.
Finale des Rundgangs ist ein Kaffeekränzchen im Schützenheim. Gefühlt hat jeder, der mitgelaufen ist, einen leckeren Kuchen gebacken. Hannelore Saule zieht ein Backbuch heraus. Das wurde 1990 für den Kauf einer Orgel zusammengestellt und verkauft. Wer noch ein Kochbuch möchte, kann bei ihr anrufen. Franz Mengele zeigt derweil Fotos von der alten und neuen Kriegergedächtniskapelle, die einst versetzt wurde. Mengele arbeitet zurzeit zusammen mit der Stadt Wertingen an einem historischen Häuserverzeichnis. Nur die jüngsten Besucher lockt es vom Kuchen weg nach draußen: Bei Landwirt Otto Kanefzky nebenan liegt ein kleines Kalb im Stroh. Es kam gerade zur Welt. „Und das ist schon das Zweite heute“, sagt der Landwirt. „Sonst hätte ich doch den Rundgang mitgemacht.“