Der Hüter des Waldes
36 Jahre lang war Joachim Drost als Förster im Landkreis aktiv. Viel hat sich in der Zeit geändert. Schwere Stürme wüteten. Doch das, sagt er, war auch eine Chance
Medlingen Lässig lehnt Joachim Drost im kühlen Schatten des Baums am Stamm. Der Ahorn, der im Waldgebiet Medlinger Hart steht, hat mittlerweile eine stattliche Größe erreicht. Der 63-Jährige kennt ihn noch, da war er ein zartes, kleines Pflänzchen. 36 Jahre lang war Joachim Drost Förster im Landkreis Dillingen. Begonnen hat er im Staatswaldrevier, ab 2005 war er dann für die Gemeindewälder im westlichen Teil des Landkreises zuständig – vom Bachtal bis nach Dillingen und Lauingen. Zwölf Kommunen mit insgesamt rund 1200 Hektar Wald. Dazu noch die Privatwaldberatung.
Und natürlich die Waldpädagogik. Unzähligen Kindern hat der Revierleiter über die Jahre gezeigt, wie man den Wald vor lauter Bäumen sehen kann. „Die Vorschulund Kindergartenkinder sind die dankbarsten. Die kann man schon mit einer Schnecke begeistern“, sagt er. Bei den Grundschülern sei es über die Jahre immer schwieriger geworden. Da merke man immer mehr, dass der Wald nicht mehr der Abenteuerspielplatz ist, der er früher einmal war.
Er selbst, sagt Joachim Drost, war als Kind mit seinen Eltern eigentlich jedes Wochenende im Wald unterwegs, der Spaziergang war ein Ritual. Als es dann an die Berufswahl ging, schwankte Drost zwischen Vermessung und Forsten. Und fällte die Entscheidung schließlich aufgrund falscher Informationen. „Man hat mir gesagt, wenn ich bei der Bundeswehr zu den Pionieren gehe, dann kann ich mir das als Praktikum bei den Forsten anrechnen lassen.“Drost wählte diesen Weg, stellte erst später fest, dass man ihn falsch informiert hatte. Im Nachhinein aber ist er froh, dass die Entscheidung für den Beruf damals so gefallen ist. „Ich möchte nichts anderes gemacht haben. Nur im Büro am Schreibtisch zu sitzen, das wäre nichts für mich gewesen.“
70 Prozent seiner Zeit, schätzt Drost, habe er im Außendienst verbracht. Draußen im Wald bei den Bäumen. Ein Baum aber, sagt der 63-Jährige, das sei für ihn nicht einfach nur ein Baum. Das ist eine Esche, eine Eiche, eine Buche. Doch als er vor 36 Jahren in Medlingen das Forsthaus bezog, weil das dortige Revier frei war, da dominierte im Medlinger Hart vor allem eine Art: die Fichte. Hätte das Revier nicht noch ein Stückchen Auwald bei Echenbrunn beinhaltet, „dann wäre ich verrückt geworden“. Denn so ein Fichtenwald, das sei eben ein plantagenartiger Holzacker. „Ein Laubwald dagegen, der ist locker und luftig, bietet waldbaulich ganz andere Möglichkeiten.“Eine Erkenntnis, die gerade begann sich durchzusetzen, als Joachim Drost vor beinahe vier Jahrzehnten im Landkreis seine Arbeit begann. „Vorher hat man oft alles rausgehauen, was ein Blatt hatte.“Und so habe er sich die ganzen Jahre darum bemüht, die Wälder in seinem Verantwortungsbereich langsam umzubauen.
Klein-klein habe man begonnen. Und dann kamen die großen Stürme. Vivian, Wiebke, Lothar, Kyrill. Joa- chim Drost wird nie vergessen, wie er am Abend nach Wiebke von einer Fortbildung kam, am Viehhof stand und in Richtung Medlingen blickte. „Es hat leicht geschneit. Und der Wald war weg. Mir kam da das kalte Grausen.“Im Nachhinein betrachtet seien Stürme wie Wiebke oder die anderen aber Chancen gewesen. Chancen, den Wald im großen Stil umzubauen, in einen Mischwald zu verwandeln, der auch dem Klimawandel standhalten kann. In Medlingen geschah das mit einer Gruppe von Freiwilligen, die zuerst jeden Samstag half und das seitdem immer noch jährlich bei einer Pflanzaktion tun. Und zwar nach Joachim Drosts Vorplanung. Das, sagt Gerhard Steger vom Amt für Landwirtschaft und Forsten in Dillingen, sei das besondere am Wirken des Revierleiters. Dass er 36 Jahre lang kontinuierlich in den Wäldern des Landkreises gewirkt hat. „Das tut dem Wald gut. Denn jeder Förster hat eine etwas andere Handschrift, und wenn es zu rasche Wechsel gibt, dann tut das dem Wald nicht gut“, sagt auch Drost.
Nun steht mit seinem Ruhestand allerdings ein Wechsel an. Das Revier soll ab Oktober neu besetzt werden, so die Hoffnung. Der 63-Jährige, der in Medlingen immer noch Kirchenpfleger ist und aus dem Forsthaus in Medlingen bereits im vergangenen Jahr nach Bachhagel zog, wird sich nun verstärkt seinen Hobbys widmen.
Aber natürlich auch im Wald unterwegs sein. „Momentan halte ich mich aber bewusst aus den mir bisher anvertrauten Wäldern fern und bin eher in Baden-Württemberg unterwegs.“