Wenn der Kopf schmerzt
Dr. Wolfgang Geisser erklärt, wann man zum Arzt gehen sollte
Herr Dr. Geisser, es gibt da diese Werbung, in der es heißt, es gibt 37 Arten von Kopfschmerzen, die man selbst behandeln kann. Wie viele gibt es denn insgesamt?
Dr. Wolfgang Geisser: Das lässt sich schwer sagen. Aber man spricht von mehr als 200. Hauptsächlich unterscheidet man aber Spannungskopfschmerz auf der einen und Migräne auf der anderen Seite. Kopfschmerzen sind ein unglaublich komplexes Thema. Und sie müssen ab einer gewissen Grenze auch ärztlich abgeklärt werden. Erste Anlaufstelle ist da der Hausarzt, der dann die weitere Behandlung steuert.
Wo muss man diese Grenze ziehen? Geisser: Man kann viele Dinge selbst behandeln. Problematisch wird es immer dann, wenn es zu einem chronischen Schmerzmittelgebrauch kommt, weil der Schmerz einfach nicht nachlässt – also täglich oder mehrfach die Woche. Das muss dann abgeklärt werden. Warnzeichen sind daneben auch, wenn jemand weitere Symptome hat wie Bewusstseinsstörungen, einen Kollaps erleidet oder abwesend ist. Dann muss man im allerschlimmsten Fall an eine Hirnblutung denken.
Sollte ich mich, wenn ich zeitweise unter Kopfschmerzen leide, selbst medikamentieren?
Geisser: Das ist schwer zu sagen. Was viele nicht wissen, ist, dass es auch schmerzmittelinduzierten Kopfschmerz gibt. Der wird dann sogar von den Schmerzmitteln verursacht, wenn man sie zu oft und zu lange nimmt. Da hilft dann oft nur ein Entzug bei einem Schmerztherapeuten. Insbesondere wenn man Begleiterkrankungen hat oder andere Medikamente nimmt, sollte man nicht einfach in die Apotheke gehen und Thomapyrin oder Aspirin kaufen und sich selbst medikamentieren.
Zum Beispiel empfiehlt sich Aspirin unter Umständen nicht für Menschen, die blutverdünnende Medikamente wie Marcumar einnehmen. Junge Menschen, die ansonsten gesund sind, müssen jetzt aber nicht wegen jeder Tablette, die sie einnehmen wollen, zum Hausarzt.
Viele Menschen haben ja auch mit Migräne zu kämpfen. Wie äußert sich das?
Geisser: Eine klassische Migräneattacke hat oft Vorzeichen. MigränePatienten haben oft ein Flackern vor Augen, plötzliche Übelkeit oder die sogenannte Aura, eine veränderte Wahrnehmung.
Wenn man das frühzeitig bemerkt, kann man oft noch gut mit den entsprechenden Medikamenten gegensteuern. Welche das sind, das ist bei jedem Patienten individuell unterschiedlich. Ganz wenige Menschen haben auch chronische Migräne, die dann dauerhaft Medikamente zur Prophylaxe einnehmen. Dafür braucht es dann aber die Begleitung von Spezialisten, und wir sind sehr dankbar, dass es dafür die Schmerzoder sogar Kopfschmerzambulanzen gibt.
Was halten Sie von alternativen Heilverfahren wie der Akupunktur? Geisser: Es gibt sicher Entspannungsverfahren wie die Akupunktur, die da helfen können.
Dr. Wolfgang Geisser ist Anästhesist, Schmerztherapeut und ärztlicher Direktor am Dillinger Kreiskrankenhaus.