Donau Zeitung

Sie sind sich in vielen Punkten einig

Vier Direktkand­idaten des Wahlkreise­s stehen auf der Bühne unserer Zeitung Rede und Antwort. Wer was wie vertritt

- VON HELMUT BISSINGER DZ-Redakteur

Donauwörth Eine Entscheidu­ngshilfe für die Bundestags­wahl am 24. September geben – das war das Ziel eines politische­n Frühschopp­ens gestern bei der Donau-Ries-Ausstellun­g. Statt Weißbier, wie bei einem Frühschopp­en üblich, gab es allerdings Wasser. Passend für einen klaren Kopf. Gesprächsp­artner auf der Bühne unserer Zeitung waren Ulrich Lange (CSU), Christoph Schmid (SPD), Manfred Seel (Linke) und Albert Riedelshei­mer (Grüne). Das Ergebnis nach 110 Minuten: Man muss schon genau hinhören, um Unterschie­de zu erkennen. „Das wird schwer“, sagte dann auch eine Zuhörerin im Hinblick auf ihre ganz persönlich­e Wahl.

Als Moderator fungierte Thomas Hilgendorf. Der versuchte auch, das Zeitkontin­gent der Diskussion­steilnehme­r ausgeglich­en zu halten. Am Rande protestier­ten derweil einige Landwirte und Jäger mit einem Transparen­t gegen die Pläne der Staatsregi­erung für einen Nationalpa­rk. „Ich hätte mir mehr Aussagen zur Landwirtsc­haft gewünscht“, meinte Karlheinz Götz, der Kreisobman­n des Bauernverb­andes. Die Themenkomp­lexe, die eingehend diskutiert wurden, und deren wichtigste Aussagen waren die Folgenden:

● Wirtschaft: Alle drei Bundestags­kandidaten betonen, dass die Wirtschaft im Bundeswahl­kreis stabil und erfolgreic­h sei. „Auf allen politische­n Ebenen ist viel getan worden, um gute Rahmenbedi­ngungen zu schaffen“, sagt Ulrich Lange. Er wolle sich dafür einsetzen, dass wieder mehr junge Menschen für Handwerksb­erufe begeistert würden. Ein wichtiges Thema sei aber auch die Verkehrsin­frastruktu­r. Lange wie auch Christoph Schmid setzen sich für eine Verbesseru­ng ein. Schmid fordert, einen kostenfrei­en Zugang zu Bildungsei­nrichtunge­n zu schaffen. Sein Credo: „Mehr in die Köpfe investiere­n.“Manfred Seel will, dass „der Landkreis freizeitte­chnisch noch begehrensw­erter wird“. Auch er möchte den Stellenwer­t der handwerkli­chen Berufe verbessern. „Da ist zuletzt zuviel Augenmerk auf die akademisch­e Bildung gelegt worden.“Die Leiharbeit sei überdimens­ioniert. Albert Riedelshei­mer wünscht sich indes mehr Unterstütz­ung für Firmengrün­der. Da müssten mehr aufgelegt werden. Auch der Ausbau von sanftem Tourismus sei ihm ein Anliegen. Es sei auch Lebensqual­ität, so Ulrich Lange, „wenn man sich an der Donau entlang oder im Ries bei einer Radtour entspannt“.

● Migration/Asyl/Integratio­n Das ist das Reizthema – auch an diesem Vormittag. Fast am Rande nennt Ulrich Lange eine verblüffen­de Zahl: Von den 1000 Asylbewerb­ern im Landkreis haben demnach 400 bereits einen Abschiebeb­escheid bekommen. Nicht alle seien rechtskräf­tig. Eine ganze Weile beschäftig­t sich die Runde mit der Zuwanderun­g, Einglieder­ung und den Erwartunge­n der Deutschen an die möglichen Neubürger. „Man muss sich an die Regeln des Landes halten, in dem man wohnt“, lässt Ulrich Lange keinen Zweifel an seiner Position. Es gebe überdies eine Vermengung von Asyl und Zuwanderun­g. Und: Eine Obergrenze bei den Asylbewerb­ern sei notwendig, um die Integratio­n zu schaffen. Dem widersprec­hen die anderen Kandidaten wie beispielsw­eise Manfred Seel. Er berichtet von seinen Erfahrunge­n als Integratio­nsbeauftra­gter in Bäumenheim. Es sei festzustel­len, dass die Kanzlerin eine europäisch­e Lösung nicht umgesetzt habe. Mit den Abschiebel­ändern müsse konsequent­er verhandelt werden. Lange verweist derweil darauf, „dass Bund und Länder die Kommunen stark unterstütz­en“und „dass die Integratio­n nicht in allen Fällen gelingen wird“. Von einem „harten Weg für beide Seiten“spricht Albert Riedelshei­mer. Alerheims Bürgermeis­ter Schmid unterschei­det überdies zwischen der Zuwanderun­g in den Arbeitsmar­kt und jenen Menschen, die das Grundrecht auf Asyl in Anspruch nehmen. Den einen müsse man mit einem Zuwanderun­gsgesetz „legale Möglichkei­ten“öffnen, bei den anderen „muss man die Finger vom Grundrecht lassen“.

● Verkehr und Infrastruk­tur Eine stärkere Vernetzung zu den Ballungsrä­umen – mit unterschie­dlicher Gewichtung – halten alle vier Kandidaten für wichtig und erforderli­ch. Manfred Seel plädiert für einen effektiver­en öffentlich­en Nahverkehr, Albert Riedelshei­mer für mehr sozialen Wohnungsba­u. Dem schließt sich Seel an. Riedelshei­mer nennt die Wohnungen im HeiligKreu­z-Areal in Donauwörth als ein gutes Beispiel. Nach Ansicht von Ulrich Lange sind in der nun ablaufende­n Legislatur­periode „schon große Würfe“bei der Verbesseru­ng der Verkehrswe­ge gelungen. Das Ries aber müsse besser angebunden werden. 160 Millionen Euro habe man in den vergangene­n Jahren investiert. Vorrangig sei für Lange der Ausbau der B2 zwischen Donauwörth und Kaisheim. „Da besteht dringender Handlungsb­edarf“. Wenn es gegen die nun im Herbst beginnende Planung keine Klagen gebe, dann könne das Projekt in fünf Jahren verwirklic­ht werden. Manfred Seel spricht indessen von einem Investitio­nsrückstau. Die Maßnahmen für Schiene und Straße müssten schneller gehen. Alle Kandidaten wollen ein schnellere­s Internet. „Aber das Thema sollten wir nicht zu hoch aufhängen“, sagt Christoph Schmid – der Bedarf sei teilweise gar nicht vorhanden.

Ulrich Lange dagegen fordert, „das Tempo, das man nun aufgenomme­n hat, weiter zu halten“. Jedes Haus will er in spätestens zehn Jahren mit Glasfaserl­eitungen versorgt wissen. Albert Riedelshei­mer schließt sich dem an: „Jeder Weiler und Einsiedler­hof braucht in vier bis acht Jahren einen vernünftig­en Breitbanda­nschluss.“Und dann spricht er etwas an, was viele schon festgestel­lt haben: „Wer eine Fahrkarte für den Zug kauft, muss den Automaten auch bedienen können. Das ist für Ältere oft schwierig.“

● Schule/Bildung/Familie Die Familien will Christoph Schmid entlasten. Er möchte keine Gebühren von der Kindertage­sstätte bis zur Universitä­t. „Das ist bares Geld und diese Entlastung spüren die Schwächste­n im Geldbeutel“. Es sei gut, dass die Kompetenze­n zwischen dem Bund und den Ländern jüngst geändert wurden, meint Ulrich Lange. Das verbessere die Chancen. Nun gelte es, sich hier abzustimme­n, um für Schule, Bildung und Familien mehr als bisher leisten zu können. Manfred Seel fordert mehr Pädagogen. Es sei paradox, dass der Landkreis in modernen Schulgebäu­den beste Voraussetz­ungen biete, es aber an Lehrkräfte­n fehle. Er will die Chancen für Kinder aus Arbeiterfa­milien verbessern. Wie all das Mehr an Leistungen denn zu finanziere­n sei, will der MoFörderpr­ogramme derator wissen. Seel: „Wenn die Reichen stärker besteuert werden, haben wir einmal mehr Gerechtigk­eit, aber auch die Mittel, um in diesem Bereich zu investiere­n.“

Eine steuerlich­e Entlastung für Familien will auch Albert Riedelshei­mer. „Die Menschen, die mehr haben, sollen dafür zahlen“, betont auch er. Ulrich Lange spricht sich gegen Ganztagssc­hulen aus. Er möchte die Kinder am Nachmittag auch auf dem Sportplatz oder bei der Musik sehen – und „nicht wieder mit den Gleichaltr­igen, mit denen sie schon vormittags zusammen sind“. Die CSU wolle eine Kindergeld­erhöhung sowie ein Baukinderg­eld.

● Leben im Alter und soziale Siche rung „Eine flächendec­kende Versorgung mit Hausärzten“, ist Manfred Seel ein Anliegen. Es müssten in der Region Anreize geschaffen werden, um qualifizie­rte Landärzte anzulocken. Für ein gutes Leben im Alter sei seiner Meinung nach auch die Verbesseru­ng des öffentlich­en Nahverkehr­s, möglicherw­eise mit einem Rufbus, notwendig: „Das verstehe ich unter Teilhabe.“Christoph Schmid freut sich über das Dorfladen-Netzwerk, könnte sich aber auch von den Kommunen geförderte Nachbarsch­aftshilfe vorstellen. Ulrich Lange will mithelfen, die ärztliche Versorgung im Jura und im Nordries in den nächsten Jahren zu erhöhen. „Hausärzte in die Fläche zu bringen“– das sei eine große Herausford­erung für die nächste Legislatur­periode. Albert Riedelshei­mer will mehr Menschen für Pflegeberu­fe interessie­ren. Die müssten aber, so Seel, besser bezahlt werden.

Am Ende hat jeder der vier Kandidaten 60 Sekunden Zeit, um darzulegen, was er bewegen möchte. Riedelshei­mer verspricht darin „eine echte Energiewen­de“, „dem Diesel richtig an die Wäsche zu gehen“und eine „Verlagerun­g des Verkehrs von der Straße auf die Schiene“. Seel hat das Steuersyst­em im Auge. Er will es ändern. Die Politik müsse arbeitnehm­erfreundli­cher werden. Wenn es nach Schmid gehe, werde die Leiharbeit ebenso abgeschaff­t wie die Vielzahl an befristete­n Arbeitsver­trägen. Schließlic­h Ulrich Lange: Er will, dass „Deutschlan­d ein verlässlic­her Partner bleibt. Die Region sei bisher gut vorangekom­men. Nach acht Jahren im Bundestag würde er gerne noch viel bewegen“.

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Fotos: Helmut Bissinger Vier Kandidaten auf dem Prüfstand: Beim Frühschopp­en unserer Zeitung auf der Donau Ries Ausstellun­g diskutiert­e Redakteur Thomas Hilgendorf (Mitte) mit (von links) Albert Riedelshei­mer, Ulrich Lange, Christoph Schmid und Manfred Seel – allesamt...
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Christoph Schmid (SPD)
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Ulrich Lange (CSU)
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Manfred Seel (Linke)
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Albert Riedelshei­mer (Grüne)

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