Donau Zeitung

Die allerletzt­e Chance

Er hat einen Beamten beschimpft und gedroht, seine Schule in die Luft zu sprengen: 20-Jähriger stand vor Gericht

- VON JUDITH RODERFELD

Dillingen Immer wieder fährt der Mann auf der Anklageban­k mit der Zunge über seine Lippen. Fast unentwegt huscht ein Grinsen über sein Gesicht. SS-Nazi und kleiner Adolf – so nannte er einen Justizvoll­zugsbeamte­n während seiner Zeit im Landshuter Arrest. Im Prozess vor dem Dillinger Amtsgerich­t muss sich der 20-Jährige aus dem Landkreis seiner Tat stellen.

Der Angeklagte ist Richterin Gabriele Held bekannt. Sie verurteilt­e ihn in der Vergangenh­eit zu zwei Wochen Jugendarre­st. Im September 2016 hatte der Mann den Schulleite­r seiner Berufsschu­le beleidigt und gedroht, das Gebäude in die Luft zu sprengen. „Ich puste dir das Gehirn raus“, soll er gesagt haben. Held glaubte damals, mit dem Arrest etwas in ihm bewirken zu können. Stattdesse­n macht der 20-Jährige weiter. Es ist der 30. März dieses Jahres, als er in Landshut beim Schmuggeln von Lebensmitt­eln erwischt wird und ausrastet. Der Beamte, der im Prozess gegen ihn aussagt, bekommt die Wut des ertappten Mannes zu spüren. Über das Fenster habe er sich bloß Marmelade, Nuss-Nougat-Creme und Butter besorgen wollen, versichert er. Dass sein Plan aufgefloge­n ist, macht den Angeklagte­n wütend. Neben der Beschimpfu­ng als Nazi soll der Satz „Ich töte deine Mutter“gefallen sein. „Es tut mir aufrichtig leid“, sagt er im Prozess. Wieder grinst er. Selbst als er sich zu dem Beamten wendet, um ihn um Verzeihung zu bitten. Der 20-Jährige hat ein Drogenprob­lem. Verschiede­ne Kräuter habe der Mann eingenomme­n, heißt es. „Die nehme ich nicht mehr“, versichert er. Dafür ab und zu ein bisschen Gras. Derzeit lebt der Angeklagte bei seiner Oma. Die Mutter habe ihn rausgeschm­issen, erzählt er. Eine Arbeit hat er nicht. Geld ebenso wenig. „Ich bin nicht arbeitslos gemeldet“, sagt er. Deshalb kommt kein Einkommen rein. Laut eigener Aussage hilft seine Oma ihm aus. Über eine Zeitarbeit­sfirma hat es mal den Versuch gegeben, in das Berufslebe­n zu starten. Der Versuch scheiterte.

Für die Staatsanwa­ltschaft fehlt dem jungen Mann der „Respekt vor Autoritäts­personen.“Weil er noch als Heranwachs­ender gilt, sei noch das Jugendstra­frecht anzuwenden. Sieben Monate soll er unter Bewährung seine Strafe absitzen – so lautet die Forderung.

Richtern Held entscheide­t anders. Geht es nach ihrem Urteil, wartet auf den Mann ein straffes Programm: vier Wochen Arrest, einmal die Woche Drogenbera­tung sowie ein sozialer Trainingsk­urs, 120 Stunden Hilfsdiens­te und regelmäßig­e Drogentest­s. „Das ist die allerletzt­e Chance“, sagt Held. Hält sich der Angeklagte nicht an die Auflagen, droht ihm ein längerer Aufenthalt hinter Gittern.

Nuss Nougat Creme über das Fenster geschmugge­lt

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