Donau Zeitung

Ein altes Haus – ein modernes Konzept

„Obas Haisle“und „Omas Schmuckkäs­tle“sind frisch sanierte Unterkünft­e in Lauingens Altstadt. Die Besitzerin setzt auf den alten Look und hat damit einen Nerv getroffen

- VON KATRIN REIF

Lauingen Hochglanzf­lächen, edles Design, eine teure Ausstattun­g: Es gab Zeiten, da war man sich darin einig, dass genau das ein schickes Hotel ausmacht. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Gruppe derer, die sich nach alternativ­en Unterkünft­en umsehen, ist größer geworden. Und viele von ihnen werden seit Neuestem auch in Lauingen fündig.

Ein unscheinba­res Häuschen in Lauingens Altstadt. Es hat dunkelrote Fensterläd­en, davor stehen Blumentöpf­e. Wer jetzt bereits aufmerksam hinsieht, bemerkt vielleicht schon die alten – aber frisch restaurier­ten – Holzfenste­r. Hinter der urigen Fassade verbirgt sich „Omas Schmuckkäs­tle“– ein Ferienhaus, das online, zum Beispiel bei Airbnb, jeder buchen kann. Ein paar Reisende haben das auch schon getan. Ihre Urteile im Internet: „Niedlich und liebevoll eingericht­et“, „romantisch“.

Was damit gemeint ist, versteht man, sobald die Tür aufgeht. Auf dem Boden liegen Fliesen mit altem Muster, daneben steht ein Tonkrug – und die Garderobe besteht aus einem uralten Holzfenste­rladen. Christine Zeller ist stolz auf das, was sie in den vergangene­n Jahren aus dem alten Haus, das sie für einen fünfstelli­gen Betrag kaufte, gemacht hat. „Es hat früher einmal dem ‚langen Hans‘ gehört“, erzählt sie. „Die meisten Leute kannten ihn, weil er beim Fasching in Lauingen sehr aktiv war.“Schwer zu glauben, dass das Schmuckkäs­tle ehemals jemandem gehörte, der seinen Spitznamen seiner Körpergröß­e zu verdanken hatte. Obwohl Zeller in Eigenarbei­t versucht hat, die Decken etwas höher zu legen, hängen sie noch sehr tief. Überall erkennt man die alten Holzbalken, entweder weiß überstrich­en oder in Holzoptik eingeölt. Weil das Haus – so wie große Teile von Lauingens Altstadt – unter Denkmalsch­utz steht, musste die Besitzerin einige Vorgaben beachten. Zum Beispiel bei der Außenfassa­de: Die Fenster sollten ihre Holzrahmen und -läden auf jeden Fall behalten. Allgemein gilt: Wer ein Haus in der Altstadt kaufen will, sollte sich beim Städtische­n Bauamt melden. Dort erhält man Auskunft über die Sanierungs­satzung für die Altstadt und kann auf einer Liste einsehen, ob es sich bei dem Gebäude um ein Einzelbaud­enkmal oder ein Denkmal im Ensemble handelt. „Dann ist die wichtigste Frage: Was will man mit dem Gebäude machen?“, sagt Christoph Mayer vom Bauamt. Im Rahmen der Städtebauf­örderung gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten zur finanziell­en Unterstütz­ung.

„Wir fördern vor allem solche Maßnahmen, die dem denkmalpfl­egerischen Mehraufwan­d geschuldet sind“, erklärt Mayer. Wer zum Beispiel auf Kunststoff­fenster verzichten und stattdesse­n Holzfenste­r einsetzen muss, bekommt die Mehrkosten Mayer zufolge bezahlt.

Das Schmuckkäs­tle hat drei Stockwerke, ein Bad, eine extra Toilette, drei Schlafzimm­er, einen Wintergart­en und eine alte zum Teil noch originale Küche. Die 54-Jährige klappert regelmäßig Flohmärkte und OnlinePort­ale nach alten Möbeln ab. Ein Sofa, das im Jahr 1900 eine Frau zur Silberhoch­zeit geschenkt bekam, hat Zeller weiß gestrichen und in einem frischen Mint-Ton neu überzogen.

Die ursprüngli­che Idee für das Haus war eine andere. Die Dillingeri­n hat sechs Kinder und elf Enkelkinde­r, in ganz Deutschlan­d verstreut. Daher wollte sie eine Übernachtu­ngsmöglich­keit für Besuche herrichten. Mit ihrem Mann restaurier­te sie parallel auch das Nachbarhau­s. Es heißt „Obas Haisle“und war von Anfang an zur Zimmerverm­ietung gedacht. Als es diesen Sommer ausgebucht war, musste „Omas Schmuckkäs­tle“aushelfen – seit es in Reiseporta­len wie Airbnb zu finden ist, ist es ausgebucht. Für ein paar Wochen wohnten dort zum Beispiel drei Ingenieuri­nnen, die in der Gegend einen Auftrag ausführten.

Die Besitzerin will das Haus weiterhin vermieten. Wenn es zwischendu­rch ein paar Tage leer steht, arbeitet sie im Dachgescho­ss. Im großen Wohnraum soll es ein Podest als spannenden Aufenthalt­sort für Kinder geben. Im Moment ist der Raum noch voll von Bauschutt, eingepackt­en Holzbodenp­latten und zum Beispiel einer alten Kinderwieg­e, die Zeller noch herrichten will. Ob das viel Arbeit ist? „Das ist alles ruck, zuck passiert“, sagt sie lächelnd. Bei der Stadtverwa­ltung freut man sich über den Fleiß von Privatpers­onen, die die Häuser der Altstadt wieder herrichten. „Es gibt etwas zu tun in der Altstadt, aber solche Projekte oder auch große wie das Hirscharea­l sind Schritte in die richtige Richtung“, sagt Mayer. » Kommentar

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Fotos: Katrin Reif So sieht eines der Schlafzimm­er in Omas Schmuckkäs­tle aus: Alle Möbel sind noch Originale aus alten Zeiten.
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Christine Zeller steht vor den beiden Unterkünft­en in der Lauinger Altstadt.

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