Donau Zeitung

Die zwei Herren vom Hospizdien­st

Vor allem Frauen engagieren sich für Sterbende. Weitere Freiwillig­e werden gesucht – gerne auch mehr Männer

- VON CORDULA HOMANN

Dillingen Es waren einmal 18 Menschen, die nahmen am Kurs zur Vorbereitu­ng für ehrenamtli­che Hospizbegl­eiter teil. Darunter war genau ein Mann.

Richard Orb ist 52 Jahre alt, hat zwei Töchter und ist Ingenieur. Während andere in ihrer Freizeit vielleicht Sport treiben oder ein Instrument spielen, fährt er in Altenund Pflegeheim­e und besucht Menschen, die bald sterben werden. Georg Steinmetz, 56 Jahre alt, Diakon im Aschberg, will jetzt ebenfalls den Kurs der Caritas besuchen, in dem Orb 2014 war. Dann gibt es zwei männliche Hospizbegl­eiter im ganzen Landkreis Dillingen.

Orb versteht sich mit den anderen Hospizbegl­eiterinnen bei den regelmäßig­en Treffen sehr gut. Da sieht er dann auch, wie sie an Themen rangehen und bemerkt Unterschie­de. „Ich denke, Frauen bringen sich mehr ein“, sagt er vorsichtig. Denn da bestünde auch immer die Gefahr, sich in dem aktuellen Fall zu verlieren. Er dagegen versuche sich immer zurückzune­hmen. Schließlic­h steht der Patient im Vordergrun­d. Auch trotz der Distanz nehme man etwas mit. „Ich kann bestimmte Dinge einfach stehenlass­en. Manchen Frauen fällt das schwer, sie würden gerne auch mal etwas ändern“, formuliert der 52-Jährige.

In der Presse hatte er vom Kurs für Hospizbegl­eiter in Dillingen gelesen – und fühlte sich direkt angesproch­en.

Birgit Hofmeister, leitende Koordinato­rin des Ambulanten Hospizund Palliativb­eratungsdi­enstes des Dillinger Caritasver­bandes, leitet die Kurse. Sie ist auch diejenige, die und Betreuer zusammenbr­ingt. Orb ist selbststän­dig tätig, wohnt aber nicht im Kreis Dillingen. Hofmeister berücksich­tigt das in ihrer Planung.

Sein Ehrenamt sieht er ganz nüchtern als Beitrag für die Gesellscha­ft und für sich selbst – weil er so viel zurückbeko­mme. „Der Mensch kann sein, wie er will, ich will mich da nicht aufdrängen. Aber was ich jedes Mal mitnehme, empfinde ich als wertvoll“, sagt Orb. Und das wiederum, mache etwas mit einem. Die Kraft, die ein Schwerkran­ker teils aussende, die nehme man eben auch mit heim, versucht Birgit Hofmeister zu erklären. Der Begleiter müsse dafür vor allem da sein können – und es aushalten können, dass er sonst nicht viel mehr tun kann.

Auch für die eigene Familie daheim sei diese Erfahrung wertvoll. Leben, Sterben, und der Weg dahin, als diese Themen werden nun auch zuhause bei Familie Orb besprochen. „Ich führe inzwischen auch richtig gute Gespräche mit meinen Töchtern. Das war am Anfang bei solchen Themen nicht so. Es hat sich entwickelt und funktionie­rt gut – auch wenn ich da auch als Mann auf lauter Frauen treffe“, sagt der Ingenieur und lacht. Das Gleiche gelte auch für seinen Kurs – denn alle Teilnehmer treffen sich regelmäßig zum Austausch. Der Kurs umfasst eine umfangreic­he Vorbereitu­ng (Theorie ist jeweils mittwochs von 19 bis 21.30 Uhr und samstags von 9 bis 16 Uhr) und ein Praktikum, danach werden die Hospizbegl­eiter offiziell ausgesende­t. Hofmeister wirbt, es wäre so viel Potenzial bei den Männern, wenn sich doch nur mehr in den Kurs trauen würden. („Und in der Kirche wären mehr Frauen wünschensw­ert“, fällt Steinmetz spontan dazu ein.)

Der Diakon ist bereits in der Trauerbegl­eitung tätig. Birgit Hofmeister und er kennen sich, seit sie eines Nachts einen Pfarrer brauchte, weil eine Frau, die sie begleitet hatPatient­en te, starb. Steinmetz gab den Sterbesege­n. Für den Diakon sind Hospizarbe­it und Trauerbegl­eitung eins. „Das gehört für mich dazu. Ich hoffe, im Kurs bekomme ich noch ein Rüstzeug, um die Dinge vielleicht mal anders anzugehen. Einige ehemalige Kursteilne­hmer von Birgit Hofmeister haben auch die Weiterbild­ung zum Trauerbegl­eiter gemacht. „Die Angehörige­n eines Begleitete­n trauern ja auch.“

Sie und der Diakon wissen, nicht die Gesundheit ist den Menschen am wichtigste­n, wenn sie schwer krank im Bett liegen und es keine Hoffnung mehr gibt. „Solche Patienten sagen oft, dass sie zufrieden sind. Das ist es, was auch mich aufbaut“, erklärt Steinmetz. Daran erkenne man, wie wichtig es sei, mit sich selbst ins Lot zu kommen. „Umso zufriedene­r man durch die Welt geht, desto zufriedene­r geht man auch von der Welt“, fasst Hofmeister zusammen. „Und wir können die Hoffnung geben“, fügt Steinmetz an. Benefizkon­zert Der Hospizdien­st Dil lingen feiert heuer sein 20 jähriges Be stehen. Dazu findet am Sonntag, 8. Okto ber, ein Benefizkon­zert mit den Picca dillys und Concestro Latino unter der Lei tung von Klaus Nürnberger statt. Kar ten gibt es beim Caritasver­band und im Bürgerbüro der Stadt. Das Konzert be ginnt um 18 Uhr im Stadtsaal. Restkarten gibt es auch an der Abendkasse. An meldungen für den nächsten Hospizbe gleiter Kurs werden bis 22. Dezember unter Telefon 09071/70579 14 oder per Mail an hospiz@caritas dillingen.de angenommen. Am 9. Oktober findet ein Infoabend statt (19 Uhr, Caritasver band Dillingen, Regens Wagner Straße 2, 1. Stock).

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Foto: dpa Das Symbolfoto zeigt eine ehrenamtli­che Hospizhelf­erin, die sich mit einer Seniorin beschäftig­t. Vor allem Frauen begleiten Menschen auf ihrem letzten Weg. Männer sind aber gesucht und gefragt.
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Foto: Homann Richard Orb (links) und Diakon Georg Steinmetz. Der eine hat den Kurs der Caritas schon besucht, der andere will den nächsten besuchen.

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