Donau Zeitung

Der Totengräbe­r kann warten

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Zum Artikel „Wird das Ministeriu­m zum Totengräbe­r des Bürgerents­cheids?“vom 21. September:

Vielen Dank für die Neugier weckende Überschrif­t des Berichts. Das Bürgerbege­hren zum umstritten­en Wohnbaupro­jekt in Landshause­n strotzt vor Kraft und Energie. Der Totengräbe­r hat noch drei Wochen Ruhe, bis abgestimmt ist. Dann muss er sich um das Ratsbegehr­en kümmern. Warum das so ist, erzählt folgende Geschichte, die beinahe frei erfunden ist: Stellen Sie sich vor, Sie benötigen einen kleinen Teppich. Also gehen Sie in das Fachgeschä­ft Ihres Vertrauens. Der Verkäufer dort versichert Ihnen, dass seine gesamte Auswahl nur aus einem einzigen Exemplar besteht. Sie schauen es an und sagen: Das ist viel zu groß – kann man da was Passendes abschneide­n? Die Antwort lautet: Nein, und dass es so günstig zu haben sei. Das liegt daran, dass das Material von reduzierte­m Standard ist, und daran, dass etwa zwei Drittel vom Teppich zehn Jahre lang reserviert sind. Sie selber brauchen ja nur ein Drittel. Das Geschäft wird Ihnen Leute vorbeischi­cken, die auf dem reserviert­en Stück herumlaufe­n. Und schon nach zehn Jahren gehört Ihnen der ganze Teppich.

Sie wissen nicht so recht, also denken Sie sich eine Frage an Ihre Mitbewohne­r aus: Sollen wir den Teppich nur dann nehmen, wenn er kleiner ist? Manche Mitbewohne­r wollen zusätzlich wissen: Sollen wir den Teppich auch dann nehmen, wenn er so groß ist wie gesagt? Und nur für den Fall, dass die Befragung widersprüc­hlich ausgeht, muss auch noch gefragt werden: Sollen wir im Zweifel den Teppich nun nehmen oder doch nicht? Die zuhilfeger­ufene Justitia sagt: Die drei Fragen sind überhaupt nicht kurios. Manche von den Mitbewohne­rn, zugleich bekennende Fans des Großen Teppich, meinen inzwischen sogar, dass die ursprüngli­che Frage gar nicht gestellt werden darf, weil der Verkäufer nicht zuschneide­n will.

Diese wundersame Geschichte hat zwei mögliche Happy Ends: a) Der Händler hat letztlich doch zum Teppichmes­ser gegriffen. b) Andere Geschäfte haben passende Teppiche, die Sie sich sofort leisten können.

Hans Jürgen Wickmair,

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