Jetzt ruft Wien
Jakob Nistler kommt seinem Ziel, als Tenor auf der Opernbühne zu stehen, einen wichtigen Schritt näher: Der Günzburger hat die Aufnahmeprüfung für die renommierte Hochschule geschafft
Günzburg Vier Jahre lang war das hier sein wichtigster Arbeitsraum: An der Wand das Klavier, neben der Türe der riesige Spiegel, dahinter der schwarze Flügel. Und daneben Gesangslehrerin Danuta Debski. All dies lässt Jakob Nistler jetzt hinter sich – der 20-Jährige studiert seit Oktober in Wien. Der Tenor hat als einer von zehn Studenten die Aufnahmeprüfung an der renommierten Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien geschafft.
Hinter der bestandenen Prüfung unter mehr als 100 Bewerbern steckt eine Menge Arbeit, vier Jahre Gesangsunterricht, davon zwei Jahre gezielt als Vorbereitung auf das Studium, liegen hinter dem Studenten. Dass in dem Gymnasiasten aus Denzingen großes Potenzial schlummert, hat seine Lehrerin an der Städtischen Musikschule schnell erkannt – und mit den Erfolgen ihres Schützlings bei „Jugend musiziert“auch recht behalten. „Dabei ist er zweimal genau vor dem Wettbewerb krank geworden“, erzählt sie. In kurzer Zeit haben die beiden damals die Stimme des Jungtenors wieder „gebügelt“– und damit erste Preise gewonnen.
Der Übergang zur neuen Gesangslehrerin in Wien, Professorin Regine Köbler, hat schon begonnen. „Ich war dieses Jahr schon mehrere Male in Wien, um bei ihr Unterricht zu nehmen“, sagt Jakob Nistler. Auch am Tag nach seinem Auftritt beim Konzert Guntia XL hatte sich der Sänger statt zum Feiern am Guntiafest zum Stimm-Training nach Österreich aufgemacht. Das hat sich gelohnt: Regine Köbler habe sich sehr angetan gezeigt von Jakob Nistlers Gesang bei der Aufnahmeprüfung, freut sich Danuta Debski. Die beiden erfahrenen Sängerinnen stehen in Kontakt, seit sie sich über ihren gemeinsamen Schüler kennengelernt haben, und wer- den sich auch künftig über seine Fortschritte austauschen. Doch mit Singen allein ist es beim Bachelor Gesang nicht getan – das durften die Studienbewerber schon bei der Aufnahmeprüfung feststellen. Schriftliche und mündliche Theorieprüfung, Schauspiel-Aufgaben in der Gruppe und auch Tanzen stand auf dem Programm. „Außerdem hatte ich auch noch das Vergnügen, einen Deutschtest machen zu dürfen. Warum, ist mir schleierhaft“, sagt Jakob Nistler lachend. Den Test bestand er natürlich genauso mit Bravour wie alle anderen. Nur der motorische Test hat Spuren hinterlassen: Kraft- und Koordinationsübungen mit dem Pezziball und minutenlanges Seilspringen haben die Beinmuskulatur etwas in Mitleidenschaft gezogen. Körperliche Fitness ist für die modernen Sänger ein wichtiger Faktor geworden. Für den begeisterten Mountainbiker Jakob Nistler ist das nicht weiter schlimm, zwei Fahrräder sollen mit in die Studentenbude nach Wien, Ausfahrten in den Wienerwald sind schon fest eingeplant.
Dem Sänger ist klar: Die bestandene Prüfung ist nur ein Etappensieg, die Arbeit geht jetzt richtig los. Dass er Opernsänger werden will, hatte er bereits als 17-Jähriger im Interview mit unserer Zeitung gesagt. Diesem Ziel ist er nun ein gutes Stück näher gekommen. „Wien ist eine großartige Stadt“, sagt Jakob Nistler, der sich sehr auf seinen Studienort freut. Nicht zuletzt auch, weil dort mit den ansässigen Agenturen beste Voraussetzungen vorhanden sind.
Letzte Tipps von der Gesangslehrerin gab es dazu auch schon: Kontakte knüpfen, möglichst bald einen guten Manager finden, und immer bereit sein, aufzutreten – das wird neben Fächern wie Italienisch, Klavier, Musikgeschichte und Tanz seine Aufgabe sein.
Das Publikum in der Region wird dafür (zumindest vorerst) auf einen großen Solisten verzichten müssen. Letzte Gelegenheit, Jakob Nistler noch im Landkreis zu hören, hatten zuletzt Gäste einer privaten Hochzeitsfeier – und an Kirchweih die Zuhörer der Missa Guntia. Jetzt geht der Tenor endgültig den nächsten Schritt auf seinem Weg auf die großen Bühnen – man wird noch viel von ihm hören.