So entsteht eine neue Schrift
Soll das A Schnörkel haben – oder lieber nicht? Anita Jürgeleit denkt sich neue Schriftarten aus. Für diesen Beruf braucht sie gute Ideen und viel Geduld
Manchmal zeichnet Anita Jürgeleit morgens im Büro erst einmal eine halbe Stunde Kringel auf ein Blatt Papier. Das macht sie aber nicht aus Langeweile! Es gehört zu ihrem Beruf.
Anita Jürgeleit arbeitet bei einem Unternehmen in Hamburg und erfindet Schriftarten. „Dafür brauche ich eine lockere Hand“, sagt Anita Jürgeleit. Sie ist Grafikdesignerin und überlegt sich, wie die Buchstaben und Zeichen einer neuen Schrift aussehen sollen: etwa schlicht und einfach oder mit vielen Kringeln und Bögen. Wie mit der Hand geschrieben oder wie am Computer getippt. Auf jeden Fall muss alles gut lesbar sein.
Den Auftrag für eine neue Schriftart erteilen zum Beispiel Firmen, die die neue Schrift für ihr Firmenschild nutzen wollen. „Wenn die Firma zum Beispiel jung und modern wirken will, sollte die Schrift dazu passen“, sagt Anita Jürgeleit. Sie entwirft aber auch neue Schriftarten für Werbung, Flugblätter oder auch Programmhefte. Der Anfang ihrer Arbeit gefällt Anita Jürgeleit meist am besten: Da entwickelt sie die Ideen für das Aussehen neuer Buchstaben.
„Ich fange meist mit dem kleinen n an. Denn daraus lassen sich viele weitere Buchstaben wie das m, h oder i gut ableiten“, sagt sie. Das kleine n bringt sie zunächst in verschiedenen Varianten auf Papier. „Ich versuche dabei zum Beispiel auch, die Handschriften von anderen Menschen nachzumachen“, sagt sie. „Denn ich selbst habe leider keine schöne Handschrift.“Meist probiert sie mit Bleistift, Pinsel oder anderen Schreibgeräten auf Papier aus, wie das neue n aussehen könnte. Oder sie entwirft es an einem Whiteboard.
Neue Ideen für die Form von Buchstaben kommen ihr andauernd, sobald sie draußen unterwegs ist. „Wenn ich einkaufen gehe, achte ich zum Beispiel automatisch ständig auf die Schriftarten, die ich sehe, etwa auf der Butter- oder der Milchpackung“, erzählt sie. Schließlich entscheidet Anita Jürgeleit zusammen mit Kollegen und Auftraggebern, wie die neue Schriftart aussehen soll.
Dann zeichnet sie in dieser Form sämtliche Buchstaben, Zahlen und sonstige Zeichen. Anita Jürgeleit findet: Die Mühe lohnt sich! „Manchmal schicken mir Kollegen Fotos aus anderen Ländern, in denen sie meine Schriftart gesehen haben, zum Beispiel in einem Schaufenster in Norwegen“, erzählt sie. „Darüber freue ich mich immer sehr, und es macht mich auch stolz. Ein Werbeschild verschwindet meist schnell wieder, aber eine Schriftart bleibt oft sehr lange erhalten.“(dpa)