Wetzel will Oblaten in ganz Europa verkaufen
2017 ist für das Dillinger Unternehmen nach dem Tod des Geschäftsführers kein einfaches Jahr. Die Firma setzt aber auf Fortschritt – und eine Aktion für die Kartei der Not
Dillingen Für die Dillinger Firma Wetzel Oblaten- und Waffelfabrik ist 2017 kein einfaches Jahr. Ende Juli hatte die Nachricht vom Tod des Geschäftsführers Hans Hackspacher Trauer und Bestürzung in Dillingen hervorgerufen. Jetzt präsentierte Hackspachers Frau Karolina Ernst zusammen mit dem neuen Geschäftsführer Christian Deisenhofer das Unternehmen bei der Bürgerversammlung im Dillinger Stadtsaal.
Die Firma Wetzel gibt es seit 1948 in Dillingen. Ehrenbürgerin Marlene Wetzel-Hackspacher hatte einst das Schicksal der Vertreibung erlitten, sie war mit einem Waffeleisen aus dem Sudetenland in den Landkreis Dillingen gekommen. Heute beschäftigt die Firma etwa 50 Mitarbeiter in der Kreisstadt. Wetzel ist für seine süßen Köstlichkeiten wie den Waffelbruch oder die Dillinger Busserl bekannt – und insbesondere für die Karlsbader Oblaten.
Darum drehte sich allerdings ein jahrelanger Rechtsstreit bei der Europäischen Union in Brüssel. Der Firma Wetzel sollte verboten werden, Karlsbader Oblaten zu verkaufen, weil diese ja nicht im heutigen Tschechien produziert werden. Dagegen zog Hans Hackspacher juristisch zu Felde. Politiker schalteten sich ein, von einer „zweiten Vertreibung“war die Rede, wenn Wetzel keine Karlsbader Oblaten mehr verkaufen dürfe. Seit dem vergangenen Jahr ist der Rechtsstreit beendet, wie Deisenhofer am Rande der Bürgerversammlung unserer Zeitung erläuterte. „Wir dürfen als einziger Hersteller in Deutschland Karlsbader Oblaten backen und sie unter dieser Bezeichnung verkaufen“, informierte Deisenhofer, der zusammen mit Karolina Ernst die Geschäfte führt. Im europäischen Ausland wird das Dillinger Unterneh- men die Waffeln als Wetzel Oblaten anbieten. „Das ist ein einzigartiger Kompromiss“, sagte Deisenhofer.
Vor Weihnachten hat die Firma jetzt zusammen mit der Stadt eine Sonderedition mit Dillinger Oblaten auf den Markt gebracht. In der Packung mit den Original Wetzel Traditionsoblaten wird auch die Stadt Dillingen präsentiert. Erhältlich ist sie für fünf Euro im Werksverkauf in der Austraße in Dillingen und im Bürgerbüro der Stadt. Käufer unterstützen dabei auch die Kartei der
Not, denn ein Euro pro Packung geht an das Leserhilfswerk unserer Zeitung. Oberbürgermeister Frank Kunz warb ebenfalls für die Aktion, die auf Betreiben der Stadt zustande gekommen war. Dies sei eine gute Möglichkeit, zu Weihnachten etwas aus der Heimat zu schenken – und zugleich über die Kartei etwas für Menschen zu tun, die in Not geraten sind.
Die Geschäftsführer Ernst und Deisenhofer betonten, dass Wetzel die Firmentradition fortführen werde. Zutaten wie Mehl werden vor Ort bei der Vogt-Hofmühle in Steinheim eingekauft. Und Zucker entstehe ja ebenfalls auch auf den Feldern im Landkreis, wo Zuckerrüben angebaut werden. Die Packung fertige die Firma Neidlinger in Holzheim.
„Wir werden die Tradition weiterführen und den Fortschritt nicht vergessen“, kündigte Deisenhofer an. Dazu gehört die Absicht, dass die Firma Wetzel ihre Süßigkeiten verstärkt in ganz Europa verkaufen will. Dort sei das Unternehmen, wie der Geschäftsführer informierte, bisher nur wenig präsent.