Wie erwischt man den Biber?
Das Tier unterhöhlt Feldwege und Wiesen – und lässt Landwirte und Bürgermeister im Kreis Donau-Ries auf die Barrikaden gehen. Zwei Biber werden zuletzt sogar abgeschoben
Donauwörth Für den Städter in Augsburg oder München mag sich das Katz- und Mausspiel an Donau, Lech und Wörnitz wie eine Provinzposse anhören, über die er beim Latte macchiato gerne mal schmunzelt. Für den hiesigen Bauern, der unweit der Flussufer in Tapfheim, Ebermergen und sonst wo im Landkreis seine Böden bearbeitet, ist die Sache zum Gesundheitsrisiko geworden.
Biber bauen nicht nur beschauliche Burgen, sie unterhöhlen auch Feldwege und Ufergebiete. Da kann es durchaus vorkommen, dass Schlepper einbrechen oder – wie jüngst berichtet – ein Spaziergänger unweit des Naturschutzgebiets „Priel“zwischen Ebermergen und Marbach in einen Hohlraum im Boden rutscht. Nicht zuletzt wegen jener Vorfälle und des damit verbundenen Klärungsbedarfs bei den Rathauschefs stand der Biber am Freitag auf der Agenda der Bürgermeisterdienstbesprechung im Landratsamt in Donauwörth.
Das Tier lässt kaum einen Kompromiss zu: Man liebt oder hasst es, so scheint’s. Die einen wollen den Biber zum Abschuss freigeben, die anderen befreien ihn klammheimlich aus den mühsam herangekarrten Lebendfallen, wie beispielsweise in Fremdingen geschehen. Der Bi- ber indes hat schon allein aufgrund seines recht putzigen Äußeren eine große Lobby, vor allem wohl bei jenen, auf deren Grund er nicht haust, gräbt, nagt.
Die Landwirte und Gartenbesitzer an Donau, Wörnitz, Lech und anderen Flüssen im Landkreis dagegen fühlten sich zunehmend im Stich gelassen, wie Tapfheims Bürgermeister Karl Malz erklärt: „Seit Jahren weise ich vehement auf dieses Thema hin – aber es passiert zu wenig.“
Das würde Volker Geiß als Naturschutzbeauftragter des Landratsamtes Donau-Ries nicht unterschreiben, im Gegenteil: Landwirte könnten sich beispielsweise Elektrozäune ausleihen, die Behörde stehe den Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite. Zuletzt wurde mit Vertretern der Landwirtschaft, Jägern, Waldbesitzern und Umweltverbänden eigens ein „Biberfallen-Schulungstermin“abgehalten. Und: Landwirte dürften bei Maschinenschäden sogar auf Entschädigungen vom Freistaat hoffen, sofern sie sich vorher auf fünf Jahre verpflichtet hätten, einen bestimmten Bereich am Ufer unberührt zu lassen. Private außerhalb von Landwirtschaft und Forstwesen bekommen bei Schäden in der Regel nichts.
20 Gemeinden im Landkreis Donau-Ries verfügen derweil bereits über eine befristete „Genehmigung zum Abfang“. Malz reicht das nicht: „Wir fangen den Biber nicht mehr, weil das doch eigentlich keine kommunale Aufgabe ist. Parallel haben wir Probleme, und zwar massive.“Dämme befestigen, um Schäden für die Landwirtschaft zu vermeiden, das koste nicht nur wenige Stunden Arbeit, es erfordere konstant hohen personellen und finanziellen Aufwand. Frank-Markus Merkt, Bürgermeister in Fremdingen, steht Malz zur Seite.
Er müsste, wollte die Gemeinde dem Biber nachhaltig nachstellen, „tagtäglich zwei Leute aus dem Bauhof abstellen, die nichts mehr anderes machen“. Zuletzt habe seine Gemeinde 20000 Euro ausgegeben, um die örtliche Kläranlage wirksam zu schützen. Weil es nun „reicht“, fordert Karl Malz nicht zum ersten Mal den Abschuss. Der sei ihm bis dato nicht erteilt worden. In Ausnahmefällen wäre dies möglich, das Landratsamt gewähre den Abschuss auch vereinzelt – allerdings, so Geiß von der Unteren Naturschutzbehörde, sei das in Siedlungsnähe nicht möglich.
Ob er nun gefangen oder geschossen wird, das spielt für den Biber letztlich keine Rolle. Auch der Biber aus der Lebendfalle erhält nach dem Transport ins Landratsamt den finalen Schuss. „Ich habe eigentlich Besseres zu tun, als dafür mit dem Biber im eigenen Auto durch den Landkreis zu kutschieren und ihn vorher noch durchzufüttern, weil er nur zwischen 10 und 12 Uhr angenommen wird“, meint Alerheims Bürgermeister Christoph Schmid.
Während Naturschutzbeauftragter Geiß legitimerweise erklärt, dass nicht er es sei, der die Gesetze mache, sondern die zuständigen politischen Organe in Brüssel und München, gesteht Landrat Stefan Rößle ein, dass „die Population des Bibers im Landkreis zu hoch ist“.
Er habe aus München eine Absage kassiert, nachdem er Entschädigungen für die Kommunen angefragt hatte. Die Problemfrage wie man dem Biber künftig begegnen sollte, sie blieb am Freitag ungeklärt. Das Gesetz schützt das Tier grundsätzlich. In Brüssel scheint der Biber ohnehin weit weg, in München mag man ihm nicht so wirklich ans Fell gehen. Die Fangquoten im Landkreis sind übrigens recht übersichtlich – in den vergangenen drei Jahren gingen zwischen 17 und 31 Tiere in die Falle. Einem Lösungsansatz schienen am Freitag in Donauwörth sämtliche Bürgermeister zuzustimmen: Zwei jüngst gefangene Tierchen – eines aus Rain, das andere ein waschechter Oberndorfer – wurden in Großbritannien angefordert. Sie sollen dort, wie Volker Geiß erklärte, beim Hochwasserschutz helfen – kein Witz, aber durchaus zum Schmunzeln.