Der mysteriöse Tod von Meridith Kercher
Viele hielten Amanda Knox für die Täterin. Diese drängt nun in die Öffentlichkeit
Perugia/Seattle Das Haus im Grünen in der italienischen Universitätsstadt Perugia ist immer noch Anziehungspunkt für Sensationslustige: Hier wohnten die britische Austauschstudentin Meredith Kercher und die US-Studentin Amanda Knox. Kercher wurde in der Nacht vom 1. auf den 2. November vor zehn Jahren vergewaltigt und halb nackt mit durchschnittener Kehle gefunden. Knox wurde für den Mord vier Jahre in ein italienisches Gefängnis gesperrt. Nach einem acht Jahre langen Justizdrama wurde Knox 2015 endgültig freigesprochen. Bis heute ist nicht geklärt, wer Kercher umgebracht hat. Der Einzige, der in dem Fall noch in Haft sitzt, weist die Anschuldigungen von sich.
Knox war auch wegen ihres attraktiven Äußeren von Anfang an im Zentrum des Interesses. Zehn Jahre später sucht die heute 30-Jährige die größtmögliche Öffentlichkeit. Sie engagiert sich für Opfer von Justizirrtümern und hat ein Buch und eine Doku über ihr Schicksal veröffentlicht. In sozialen Netzwerken postet sie massenhaft private Fotos von sich und ihrem Freund Christopher Robinson. Man sieht Knox als Rotkäppchen verkleidet im Schwarzwald, Knox im Zoo und Knox beim Essen und Lesen. Wie passt das zusammen, wenn jemand jahrelang die Sensationsgier der Öffentlichkeit angeprangert hat? Sie wolle endlich wieder ein Leben wie jeder andere Mensch auch leben, sagt sie. Mit ihrem Freund, einem Schriftsteller, wohnt Knox in Seattle und arbeitet als Journalistin. Der Fall Kercher ist nach wie vor unübersichtlich. An der Geschichte sind viele Personen beteiligt. Raffaele Sollecito, der damalige Freund von Knox, war zusammen mit ihr verurteilt und freigesprochen worden. Und dann ist da Rudy Guede, der Einzige, der wegen Beihilfe zum Mord noch in Haft sitzt. Beihilfe bedeutet aber, dass noch jemand anderes beteiligt gewesen sein musste – aber wer? Am Tatort wurden Guedes DNA-Spuren gefunden, später wurde der Ivorer in Deutschland festgenommen und sitzt mittlerweile eine 16 Jahre lange Gefängnisstrafe ab. Er hält sich für den Sündenbock. In Perugia wurde das Haus, in dem der Mord passierte, mittlerweile verkauft. Die Menschen sind froh, dass ihre Stadt aus den Schlagzeilen verschwunden ist. Und der zuletzt von Knox geäußerte Wunsch, eines Tages in die Stadt zurückzukehren, um das Kapitel endgültig zu schließen, kommt in Italien gar nicht gut an.