Es läuft gut bei der Wirtschaft in Nordschwaben
75 Prozent der Firmen rechnen damit, dass auch 2018 die Lage stabil bleibt. Beim Empfang der Industrie- und Handelskammer werden aber auch Sorgen und Kritik geäußert
Landkreis Die Firmen in der Region können zufrieden sein: Die Auftragsbücher sind voll, auch dank der gestiegenen Nachfrage aus dem Ausland. Das Exportgeschäft ist für viele Unternehmen sehr wichtig. „Es ist schon unfassbar, dass wir seit zehn Jahren einen Aufschwung erleben und dass sich weder die Isolationsbestrebungen der aktuellen USRegierung noch der beschlossene Brexit negativ ausgewirkt haben“, sagt Franz Leinfelder, Vorsitzender der Regionalversammlung DonauRies der Industrie- und Handelskammer Schwaben (IHK) beim Empfang der Nordschwäbischen Wirtschaft in Rain. Laut einer Umfrage der IHK erwarten 75 Prozent der Firmen, dass die Lage auch 2018 stabil bleibt.
Positiv werde sich auch der geplante Ausbau der B16 von Ulm über Dillingen und Rain bis Regensburg auswirken, der dieses Jahr beschlossen wurde, ist Leinfelder sicher. „Jetzt sind die Fachbehörden gefordert, möglichst schnell geeignete Trassen für den Ausbau zu finden und Umweltbelange zeitnah abzuarbeiten.“Eher kritisch gesehen werden bei der IHK die Planungen zum Nationalpark Donauauen. Die Meinung der Mitglieder solle ge- bündelt werden und dann eine Positionierung erfolgen, kündigt er an. „Ja, Naturschutz ist wichtig, aber die Firmen leisten schon heute einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz. Dieser enorme Aufwand sollte in den Überlegungen berücksichtigt werden“, so Leinfelder.
Dringender Handlungsbedarf besteht aus Sicht der Kammer auch beim Thema schnelles Internet. Das sei nötig, um in der zunehmend digitalisierten Welt bestehen zu können, so IHK-Präsident Andreas Kopton. „Und kommen Sie mir jetzt nicht mit Geschwindigkeiten von 30 oder
100 Megabyte je Sekunde. Wir brauchen 1000“, sagte er in Richtung der anwesenden Politiker.
Das zentrale Thema, das die Firmen in der Region umtreibt, ist aber die Rekrutierung von Personal. Leinfelder sprach von einem „limitierenden Faktor“für die Unternehmen, und Kopton kritisierte, dass zu viele aufs Gymnasium und anschließend an die Hochschulen wollten. Das sei dem jahrelangen Ruf nach mehr Akademikern geschuldet, dabei sei das deutsche Ausbildungssys- tem einzigartig und weltweit geschätzt. Das deutsche Bildungssystem sei durchlässig, ein Studium nach der Lehre sei jederzeit möglich, betont er.
Oliver Haller, Geschäftsführer bei Dehner, verwies in seinem Grußwort darauf, dass die Firmen längst mehr seien als Ausbilder. „Viele Eltern umsorgen ihre Kinder derart, dass wir die Jugendlichen motivieren müssen, auch mal einen Stein selber aus dem Weg zu räumen.“Zudem sei der Generation Freizeit wichtiger als Karriere. Die Firmen seien gefordert, Angebote zu entwickeln, die die Mitarbeiter überzeugen und halten, so Haller.
Hart ins Gericht ging Kopton mit der Politik auch beim Thema Flüchtlinge. Bayerns Innenminister Joachim Hermann und Ministerpräsident Seehofer stellten „ihre eigenen Regeln“auf beim Bleiberecht und ignorierten die Absprachen, was für Frust und Unsicherheit bei den Firmen sorge. Festgelegt ist, dass Flüchtlinge, die eine Lehre beginnen, eine Bleibegarantie für die Ausbildung plus zwei Berufsjahre erhalten (3+2-Regel). Für neue Lösungsansätze sprach sich in diesem Bereich auch Festredner Ralf Holtzwart, Chef der bayerischen Arbeitsagenturen, aus. „Es sollten alle arbeiten und die deutsche Sprache lernen dürfen. Und wer entsprechenden Einsatz verweigert, wird nach zwölf Monaten wieder abgeschoben“, schlug er vor. Zudem sollte die 3+2-Regel auf die Berufsintegrationsklassen ausgedehnt werden, forderte Holtzwart. Diese Jugendlichen würden sonst auf das Berufsleben vorbereitet, und wenn es dann so weit sei, würden sie abgeschoben.
Er empfahl zudem zwei weitere Maßnahmen. Die erste ist, Teilzeitkräfte mit mehr Stunden auszustatten, um dem Personalengpass zu begegnen. In dem Bereich wurden in den vergangenen Jahren besonders viele neue Jobs geschaffen. Die zweite ist, Qualifizierungsmaßnahmen bei Geringqualifizierten durchzuführen. „Wir haben bei der Arbeitsagentur entsprechende Projekte, um sie zu unterstützen. Sie machen damit auch den Weg frei für Unqualifizierte, die diese Stellen dann einnehmen können.“
Holtzwart mahnte die Firmen zudem, die Chancen der Digitalisierung zu erkennen und zu nutzen, um die Zukunft der heimischen Wirtschaft zu sichern.