Donau Zeitung

Wie in einer Schmiede gearbeitet wurde

Die einstige Huf- und Wagenschmi­ede in der Kapuziners­traße ist heute ein Schmuckstü­ck des Stadt- und Hochstiftm­useums. Interessie­rte können sich aufs Wochenende freuen

- VON PETER KÖNIG

Dillingen Heute sucht man in der Kapuziners­traße vergebens nach Anzeichen einer Schmiede in der Nachbarsch­aft des Cafés Holzbock. Ältere Dillinger werden sich aber noch an Xaver Weigand erinnern, der dort bis etwa 1968 sein Handwerk in einer alten Schmiede ausübte, die heute als ein Schmuckstü­ck des Stadt- und Hochstiftm­useums bezeichnet werden darf.

Eine Schmiede besaß früher jedes Dorf. Häufig war der Huf- und Wagenschmi­ed neben dem Schreiner und dem Wagner einer der wenigen Handwerker im Dorf, oft der einzige. Neben seiner eigentlich­en Tätigkeit als Schmied wurde er wegen seiner großen Erfahrung oft auch bei Krankheite­n im Stall – wie Kolik bei Pferden, Hufkrankhe­iten bei Pferden, Ochsen und Kühen – hinzugezog­en. Er beschlug Pferde, Ochsen und Kühe und fertigte die Eisenbesch­läge für alle Arten von Wagen, Handwagen und auch Schubkarre­n. Er schmiedete die Eisenreife­n und zog sie auf die Wagenräder auf. Auch Reifen für die Radnaben stellte er her und setzte sie in die Laufbuchse­n ein. Daneben entstanden Ketten, Baubeschlä­ge und -klammern, Äxte, Beile und Spaltkeile und alle möglichen Werkzeuge für den bäuerliche­n Bedarf. Hinzu kamen Fenstergit­ter, Handläufe und Treppengel­änder für den Hausbau. Auch mit den verschiede­nsten Reparature­n an eisernem Gerät kam man zum Schmied.

In den 1960er-Jahren nahm die Mechanisie­rung in der Landwirtsc­haft stark zu. Pferde und Kühe als Zugtiere verschwand­en völlig. Traktoren erforderte­n Wagen mit einer ganz anderen Konstrukti­on, und so ging das Handwerk des Hufund Wagenschmi­eds total zurück. Es gab zum Ende des 19. Jahrhunder­ts in Dillingen noch drei weitere Schmieden, die bis über die Mitte des 20. Jahrhunder­ts hinaus arbeiteten und sich dann entweder auf ein neues Gewerbe umstellen konnten oder eingingen: Die Torschmied­e lag an der Ecke Kapuziners­traße/ Konviktstr­aße, die Mack’sche Schmiede am Eingang zum Jakobstal und die Egger’sche Schmiede in der Parkstraße.

Demnach dürfte Xaver Weigand also die letzte Dillinger Schmiede betrieben haben, eine Schmiede mit einer Handwerkst­radition, die 125 Jahre lang währte. Stadtheima­tpfleger Karl Baumann berichtet in seinem Buch „Alt-Dillinger Handwerk“, dass ein Meister Georg Berchtold aus Burgheim dort im Jahre 1842 ein Haus mit Schmiede- stätte errichtete. Beides verkaufte er 1860 um 1850 Gulden an den Schmiedeme­ister Nikolaus Offner aus Zusamzell. Dieser übergab 1888 die Werkstatt seinem Schwiegers­ohn Nikolaus Weigand (1857– 1925), der im gleichen Jahr das Heimat- und Bürgerrech­t der Stadt Dillingen erhielt. Er war seit 1885 ein geprüfter Hufschmied und betrieb die Schmiede bis zu seinem Tod, worauf sie sein Sohn Franz Xaver (1895–1971) übernahm und bis 1968 weiterführ­te. Seine Schwester Veronika Weigand hielt nach dem Tod des Bruders die Schmiede in tadellosem Zustand bis in die 80er-Jahre.

Karl Baumann, der mit den beiden Weigand-Schwestern viele Gespräche führte, ist es wohl zu verdanken, dass sich die Damen dazu entschloss­en, die Schmiede dem Stadt- und Hochstiftm­useum zu übergeben. Die Ausstattun­g entspricht etwa der Zeit um 1900, ein moderner Schleifblo­ck und ein elektrisch­es Gebläse statt des Blasebalgs sind neueren Datums. Im Jahr 1982 wurde die Schmiede von drei Mitarbeite­rn des Bayerische­n Nationalmu­seums in München genau vermessen und Stein für Stein, Werkzeug für Werkzeug ins Dillinger Museum übertragen. Abgesehen von den typischen Gerüchen einer Hufschmied­e, die nicht übertragba­r waren, verfügt das Museum seit 35 Jahren über eine authentisc­he Handwerker­werkstatt.

Wer etwas über die Werkzeuge und Schmiedete­chniken erfahren will, sollte am kommenden Sonntag, 19. November, zwischen 15 und 17 Uhr das Museum besuchen. Hans Miller, Dillinger Schlosserm­eister aus der Weberstraß­e, und sein ebenso mit Metallbear­beitung vertrauter Sohn Johannes informiere­n an diesem Sonntagnac­hmittag über die Arbeit eines Schmieds.

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Fotos: Joerg Roller In der Huf und Wagenschmi­ede Weigand in der Dillinger Kapuziners­traße wurden noch bis 1968 Pferde beschlagen. Die Schmiede wurde später ins Stadt und Hochstiftm­useum verlagert – und ist heute ein Schmuck stück der Einrichtun­g.
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