Wie in einer Schmiede gearbeitet wurde
Die einstige Huf- und Wagenschmiede in der Kapuzinerstraße ist heute ein Schmuckstück des Stadt- und Hochstiftmuseums. Interessierte können sich aufs Wochenende freuen
Dillingen Heute sucht man in der Kapuzinerstraße vergebens nach Anzeichen einer Schmiede in der Nachbarschaft des Cafés Holzbock. Ältere Dillinger werden sich aber noch an Xaver Weigand erinnern, der dort bis etwa 1968 sein Handwerk in einer alten Schmiede ausübte, die heute als ein Schmuckstück des Stadt- und Hochstiftmuseums bezeichnet werden darf.
Eine Schmiede besaß früher jedes Dorf. Häufig war der Huf- und Wagenschmied neben dem Schreiner und dem Wagner einer der wenigen Handwerker im Dorf, oft der einzige. Neben seiner eigentlichen Tätigkeit als Schmied wurde er wegen seiner großen Erfahrung oft auch bei Krankheiten im Stall – wie Kolik bei Pferden, Hufkrankheiten bei Pferden, Ochsen und Kühen – hinzugezogen. Er beschlug Pferde, Ochsen und Kühe und fertigte die Eisenbeschläge für alle Arten von Wagen, Handwagen und auch Schubkarren. Er schmiedete die Eisenreifen und zog sie auf die Wagenräder auf. Auch Reifen für die Radnaben stellte er her und setzte sie in die Laufbuchsen ein. Daneben entstanden Ketten, Baubeschläge und -klammern, Äxte, Beile und Spaltkeile und alle möglichen Werkzeuge für den bäuerlichen Bedarf. Hinzu kamen Fenstergitter, Handläufe und Treppengeländer für den Hausbau. Auch mit den verschiedensten Reparaturen an eisernem Gerät kam man zum Schmied.
In den 1960er-Jahren nahm die Mechanisierung in der Landwirtschaft stark zu. Pferde und Kühe als Zugtiere verschwanden völlig. Traktoren erforderten Wagen mit einer ganz anderen Konstruktion, und so ging das Handwerk des Hufund Wagenschmieds total zurück. Es gab zum Ende des 19. Jahrhunderts in Dillingen noch drei weitere Schmieden, die bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus arbeiteten und sich dann entweder auf ein neues Gewerbe umstellen konnten oder eingingen: Die Torschmiede lag an der Ecke Kapuzinerstraße/ Konviktstraße, die Mack’sche Schmiede am Eingang zum Jakobstal und die Egger’sche Schmiede in der Parkstraße.
Demnach dürfte Xaver Weigand also die letzte Dillinger Schmiede betrieben haben, eine Schmiede mit einer Handwerkstradition, die 125 Jahre lang währte. Stadtheimatpfleger Karl Baumann berichtet in seinem Buch „Alt-Dillinger Handwerk“, dass ein Meister Georg Berchtold aus Burgheim dort im Jahre 1842 ein Haus mit Schmiede- stätte errichtete. Beides verkaufte er 1860 um 1850 Gulden an den Schmiedemeister Nikolaus Offner aus Zusamzell. Dieser übergab 1888 die Werkstatt seinem Schwiegersohn Nikolaus Weigand (1857– 1925), der im gleichen Jahr das Heimat- und Bürgerrecht der Stadt Dillingen erhielt. Er war seit 1885 ein geprüfter Hufschmied und betrieb die Schmiede bis zu seinem Tod, worauf sie sein Sohn Franz Xaver (1895–1971) übernahm und bis 1968 weiterführte. Seine Schwester Veronika Weigand hielt nach dem Tod des Bruders die Schmiede in tadellosem Zustand bis in die 80er-Jahre.
Karl Baumann, der mit den beiden Weigand-Schwestern viele Gespräche führte, ist es wohl zu verdanken, dass sich die Damen dazu entschlossen, die Schmiede dem Stadt- und Hochstiftmuseum zu übergeben. Die Ausstattung entspricht etwa der Zeit um 1900, ein moderner Schleifblock und ein elektrisches Gebläse statt des Blasebalgs sind neueren Datums. Im Jahr 1982 wurde die Schmiede von drei Mitarbeitern des Bayerischen Nationalmuseums in München genau vermessen und Stein für Stein, Werkzeug für Werkzeug ins Dillinger Museum übertragen. Abgesehen von den typischen Gerüchen einer Hufschmiede, die nicht übertragbar waren, verfügt das Museum seit 35 Jahren über eine authentische Handwerkerwerkstatt.
Wer etwas über die Werkzeuge und Schmiedetechniken erfahren will, sollte am kommenden Sonntag, 19. November, zwischen 15 und 17 Uhr das Museum besuchen. Hans Miller, Dillinger Schlossermeister aus der Weberstraße, und sein ebenso mit Metallbearbeitung vertrauter Sohn Johannes informieren an diesem Sonntagnachmittag über die Arbeit eines Schmieds.