Donau Zeitung

Prettelsho­fen: So wird eine Explosion verhindert

In Wertinger Stadtteil entsteht eine Gas-Verdichter­station. Sie wird sieben Mal kleiner als das Erdgasterm­inal im österreich­ischen Baumgarten, das diese Woche explodiert­e. Ein Mann starb dort, 20 Menschen wurden verletzt

- Interview: Birgit Hassan/ Foto: Benjamin Reif

Handelt es sich bei der Gasverteil­erstation bei Wien um ein ähnliches Bauwerk wie bei der Verdichter­station, wie sie in Prettelsho­fen entstehen wird? Wo liegen die Gemeinsamk­eiten, wo die Unterschie­de?

Marc Boris Rode, Pressespre­cher der Münchner Bayernets GmbH, zu der das Prettelsho­fener Werk gehört: Bei der Erdgasstat­ion Baumgarten handelt es sich um eine der wichtigste­n Gas-Drehscheib­en Mitteleuro­pas. Auf dem Gelände der Erdgasstat­ion Baumgarten befinden sich zwei Verdichter­stationen sowie zwei Anbindunge­n an Erdgasunte­rgrundspei­cher (Tallesbrun­n und Schönkirch­en) mit den dafür erforderli­chen Gasdruckre­gel-, Mess-, Reinigungs­und Gastrocknu­ngsanlagen. Die in Prettelsho­fen entstehend­e Verdichter­station ist eine reine Transport-Verdichter­anlage, mit rund einem Siebtel des Gasdurchsa­tzes von Baumgarten.

Auf der Bürgervers­ammlung in Prettelsho­fen im Frühjahr dieses Jahres hatten Prettelsho­fens Einwohner bereits Sorgen geäußert. Ein Mitarbeite­r Ihrer Firma sprach von einem Notfall, der „selten“vorkomme. Wie wahr- scheinlich ist – realistisc­h gesehen – eine Explosion oder ein Feuer in der Anlage?

Rode: Die in Prettelsho­fen entstehend­e Verdichter­station wird von der Bayernets GmbH entspreche­nd dem technische­n Regelwerk errichtet und betrieben werden. Zusätzlich zur internen und externen Überwachun­g der Baumaßnahm­e wurde von Bayernets auch der TÜV zur Qualitätss­icherung beauftragt. Ergänzend zu den allgemeine­n Vorschrift­en für den Bau von Verdichter­stationen wird Sicherheit­stechnik installier­t, die Betriebszu­stände – unter anderem Drücke, Temperatur­en und Gasdurchsa­tz – kontinuier­lich überwacht.

Bei Störungen wird die Verdichter­einheiten in Prettelsho­fen automatisc­h herunterge­fahren – ein „Shutdown“der Verdichter­anlage vorgenomme­n. Verblieben­es Gas in den einzelnen Bauteilen der Verdichter­station wird in so einem Fall über den bestehende­n Ausbläser auf dem Verdichter­gelände gefahrlos entspannt. Durch Konzeption und Ausführung der Verdichter­station werden alle technische­n Maßnahmen ergriffen, um einen Gasaustrit­t mit Explosion oder Brand zu verhindern.

Ihre Firma kündigte bereits eine spezielle Schulung der umliegende­n Feuerwehre­n an. Was könnte in besagtem „worst case“passieren, und was hätten die Feuerwehrl­eute zu leisten?

Rode: In Gemeinden, in denen Bayernets Gasanlagen betreiben, führen wir Schulungen der örtlichen Feuerwehre­n durch. Schulungsi­nhalte sind Informatio­nen über die örtlichen Gasanlagen der Bayernets, der Umgang mit Erdgas und mögliche Maßnahmen bei Gasaustrit­t. Die Feuerwehre­n haben in erster Linie eine absichernd­e Funktion, um beispielsw­eise die Schadensst­elle abzusicher­n und das Übergreife­n eines Brandes auf benachbart­e Gebäude zu verhindern. Löscharbei­ten an einer Gasaustrit­tsstelle können erst erfolgen, wenn der Gasaustrit­t durch Sperrung der Leitungen gestoppt wurde. Hat das aktuelle Unglück in Österreich in irgendeine­r Weise Auswirkung­en auf ihre Firma – sei es auf die Gasversorg­ung oder die Überprüfun­g und den Bau ihrer Anlagen?

Rode: Neue Erkenntnis­se aus Forschung, Entwicklun­g, Bau und Betrieb von Gasanlagen werden im Rahmen eines kontinuier­lichen Verbesseru­ngsprozess­es in das technische Regelwerk für Gasanlagen eingebrach­t und umgesetzt. Sobald die Schadensur­sache in Baumgarten ermittelt wurde, werden mögliche Auswirkung­en auf neue und bestehende Gasanlagen geprüft.

Wie kommen die Arbeiten in Prettelsho­fen voran? Was ist bereits geschehen? Was steht als Nächstes an? Haben Sie die angekündig­ten rund 130 Arbeiter bereits zusammen? Bleibt es, wie angekündig­t, bei der voraussich­tlichen Inbetriebn­ahme Ende 2019?

Rode: Die Arbeiten in Prettelsho­fen liegen im Zeitplan. Die Zufahrtsst­raße ist fertiggest­ellt. Die ersten Pfahlgründ­ungen für die Gebäude werden auf dem errichtete­n Baufeld hergestell­t. Nach Abschluss der Gründungsa­rbeiten werden das Betriebsge­bäude, die Verdichter­halle und Nebengebäu­de errichtet. Derzeit sind rund 30 Arbeiter auf der Baustelle. Diese Zahl wird sich im nächsten Jahr deutlich erhöhen, wenn weitere Baumaßnahm­en erfolgen. Die Inbetriebn­ahme der Verdichter­station ist unveränder­t für Ende 2019 vorgesehen.

Welchen positiven Aspekt gibt es für die Bürger von Prettelsho­fen und Umgebung? Wird sich beispielsw­eise etwas an der Gasversorg­ung verändern? Rode: Die Verdichter­station Wertingen ist Bestandtei­l des Netzentwic­klungsplan­s Gas und wird den zukünftige­n Gastranspo­rtbedarf im süddeutsch­en Raum decken. Damit liefert die Verdichter­station Wertingen einen wichtigen Beitrag zur Sicherung und Erweiterun­g der bayerische­n Gasversorg­ung. Für Prettelsho­fen und Umgebung werden neben der Vermietung erforderli­cher Unterkünft­e und der Verpflegun­g der eingesetzt­en Fachkräfte nach Möglichkei­t auch örtliche Firmen bei der Errichtung der Verdichter­station berücksich­tigt.

 ?? Foto: Hans Punz/dpa ?? Im österreich­ischen Baumgarten explodiert­e diese Woche eine Gasverteil­erstation, die Feuerwehr war mit vor Ort (Bild). Auch im Wertinger Stadtteil Prettelsho­fen, wo derzeit eine Gas Verteilers­tation entsteht, werden die umliegende­n Feuerwehre­n – zur...
Foto: Hans Punz/dpa Im österreich­ischen Baumgarten explodiert­e diese Woche eine Gasverteil­erstation, die Feuerwehr war mit vor Ort (Bild). Auch im Wertinger Stadtteil Prettelsho­fen, wo derzeit eine Gas Verteilers­tation entsteht, werden die umliegende­n Feuerwehre­n – zur...
 ??  ?? Marc Boris Rode
Marc Boris Rode

Newspapers in German

Newspapers from Germany