Airbus Chef Enders geht
Der Deutsche hört 2019 auf. Ein Franzose, der ihm folgen wollte, muss früher hinwerfen
München/Paris Der europäische Luftfahrt-Konzern Airbus wird von einem heftigen Korruptionsskandal erschüttert. Es geht um den Verdacht, dass in Ländern rund um die Welt Aufträge mithilfe von Beratern erkämpft wurden, die ihre Geschäfte mit Schmiergeldzahlungen befördert haben. Demnach hätte es schwarze Kassen gegeben, um den Verkauf von Airbus-Flugzeugen in Staaten anzukurbeln, deren Potentaten ohne Geschenke schwer in Konsumlaune geraten. Schon ist von einem „Siemens 2“die Rede. Der Münchner Konzern war durch einen Schmiergeldskandal an den Rand des Abgrunds gedrängt worden. Zahlreiche Top-Manager wie Heinrich von Pierer mussten gehen.
Auch bei Airbus fallen die Personal-Dominosteine nun um, schließlich droht dem Unternehmen eine Milliardenstrafe. Prominentestes Opfer ist seit Freitag ein karriereorientierter Franzose: Fabrice Brégier, 56, wollte den deutschen KonzernChef Tom Enders, der am 21. Dezember 59 Jahre alt wird, an der Spitze des Konzerns ablösen.
So funktionierte das bisher in dem von Deutschen und Franzosen dominierten Konzern, an dem die Regierungen beider Länder indirekt je rund elf Prozent halten: Auf einen Deutschen folgt ein Franzose und umgekehrt. Der Korruptionsskandal könnte diese Macht-Arithmetik aber durcheinanderbringen.
Brégier, bisher Chef der zivilen Flugzeugsparte und damit eine Etage unter Enders, räumt das Feld und verlässt den Konzern. Nach dem Pressetext sucht er nach 25 Jahren bei Airbus außerhalb seines geliebten Konzerns neue Chancen. Offiziell wird die Korruptionsaffäre als mögliche Ursache für das Ausscheiden Brégiers nicht erwähnt. Hinter den Kulissen ist zu erfahren, das mit unabhängigen Unternehmer-Persönlichkeiten besetzte AirbusBoard of Directors habe Brégier signalisiert, sein Lebenstraum, Enders Anfang April 2019 zu beerben, werde nicht in Erfüllung gehen. Es wurde ihm durch die Blume gesagt, es wäre besser, eine vom Korruptionsskandal unbelastete Persönlichkeit würde ab 2019 den Flugzeugbauer auf sauberen Kurs bringen.
Für Beobachter käme es einem Wunder gleich, wenn Brégier von den dubiosen Zahlungen gar nichts gewusst hätte. Gleiches gelte auch für Enders, hat nicht nur das Magazin unter der Überschrift „Meister Proper mit Problemen“gemutmaßt. Doch der Deutsche – Fallschirmspringer, Major der Reserve und Hubschrauber-Pilot – ist ein zäher Bursche. Er hat sich im Konzern an die Spitze der Korruptionsaufklärung gestellt, dadurch jede Menge neue französische Feinde gewonnen, aber wohl Mitglieder des mächtigen Board of Directors auf seine Seite gezogen.
Ende März 2019 ist aber der Aufklärungsflug des Deutschen beendet. Der durchtrainierte Sohn eines Schäfers aus dem Westerwald verfügt dann sicher über mehr Zeit für die Familie, das Leben am Tegernsee und seine tollkühnen Hobbys. Dabei hätte es die französische Regierung gerne gesehen, wenn Enders mit Brégier schon im Februar 2018 einen Abflug gemacht hätte, lässt sich in Paris recherchieren. Aber das haben die Airbus-Direktoren verhindert. Im schwierigen Jahr 2018 brauchen sie zumindest einen erfahrenen Mann an der Spitze.
Für Enders birgt das Weitermachen enorme Risiken: Er könnte selbst intensiver in den Korruptionsstrudel abgleiten. Im war spekuliert worden, der Manager müsste wohl über seltsame Zahlungen rund um den Verkauf von Eurofighter-Kampffliegern an Österreich Bescheid gewusst haben. Das hatte Airbus indes stets dementiert.
Auf alle Fälle ist noch unklar, wer Enders 2019 an der Spitze des Konzerns ablöst. Auf die Entscheidung dürften auch viele Airbus-Beschäftigte in Bayern gespannt warten, schließlich sind sie mit Enders insgesamt gut gefahren. So arbeiten allein am Hubschrauber-Standort Donauwörth rund 7000 Frauen und Männer für Airbus. In Manching bei Ingolstadt sind es etwa 4500 und in Augsburg beim Tochter-Unternehmen Premium Aerotec noch einmal 4000. Zählt man Beschäftigte hinzu, die in früheren Airbus-Werken (Hensoldt in Ulm), Beteiligungsfirmen (MBDA in Schrobenhausen) und bei Zulieferern arbeiten, sind in der Region mehr als 20000 Luftfahrt-Mitarbeiter von der AirbusKonzern-Politik abhängig.
Zumindest steht eine Personalie fest: Der bisherige Airbus-Hubschrauber-Chef Guillaume Faury, 49, wird seinem Landsmann Brégier als Boss der zivilen Luftfahrtsparte nachfolgen. Der Franzose hat auch schon in der Autoindustrie für Peugeot gearbeitet. Ob er aber, was sich seine Landsleute sicher wünschen, 2019 Enders beerben wird, sei völlig offen, heißt es in Industriekreisen. Denn es gibt auch Überlegungen, in der Krise einen Manager, der weder Deutscher noch Franzose sein muss, an die Spitze zu hieven.
Das wäre das bewährte SiemensModell. Hier wurde bekanntlich der Österreicher Peter Löscher in größter Not von außen geholt. Doch diese Personalfrage ist ebenso offen wie jene, wer jetzt neuer Airbus-Hubschrauber-Chef wird. Eine heiße Spekulation der vergangenen Tage scheint sich jedenfalls schon zerschlagen zu haben. Der unter Airbus-Mitarbeitern nicht sonderlich beliebte Personal-Manager Thierry Baril sei aus dem Rennen. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass nun ein Deutscher Helikopter-Boss wird. Insider tippen auf einen Franzosen. Im Nachbarland ist Airbus schließlich der wichtigste Konzern.