Lego Bauen für Erwachsene
Holzkeller sind schnell errichtet, ökologisch und sofort bewohnbar
Um sieben Uhr morgens ist die Welt noch in Ordnung, die Baustelle ruht. Eine Baugrube ist mit weißen Planen abgedeckt. Als die Handwerker anrücken, lüftet sich das Geheimnis. Unter der Folie kommt eine Bodenplatte zum Vorschein, das Fundament. Aber nicht aus Beton. Zwei Tage zuvor wurden große Holzelemente ausgelegt und aneinandergeschraubt. Heute werden die Wände gestellt und das Bauwerk bekommt einen Deckel, auch aus Holz. Das ist schon der zweite Holzkeller in diesem Jahr, der von der Staudenschreiner Holzbau GmbH aus Schwabmünchen bei Augsburg erbaut wird.
Auf die Frage, wie man denn darauf kommt, einen Keller aus Holz zu bauen, hat Geschäftsführer Günther Wolff eine eher flapsige Antwort: „Ich bin ein Holzwurm durch und durch, ich würde am liebsten alles in Holz bauen.“Er grinst, denn er weiß natürlich, dass das Grenzen hat. Aber er probiert neue Dinge: Vor einigen Jahren hat er einen Schwimmteich aus Holz gebaut. Von außen war der mit einer Synthese-Kautschukbahn abgedichtet, Wasser kann nicht abfließen. „Was so rum funktioniert, funktioniert auch anders herum“, dachte sich Günther Wolff. Die Idee für einen Holzkeller war geboren. „Holz darf nicht dauerhaft nass werden oder feucht sein“, sagt Wolff. Die Abdichtung muss also stimmen, dann lässt sich alles in Holz bauen, so seine Überzeugung.
Wegen der schlechten Energiebilanz von Beton waren konventionell gebaute Keller Günther Wolff schon immer ein Dorn im Auge. Fünf Jahre dauerte es von der Idee zur Umsetzung, im Frühjahr war es dann soweit. Seine Tochter ließ sich vom Vater ein Holzhaus an einem Hanggrundstück bauen, mit Holzkeller und 85 Quadratmeter Grundfläche.
Kaum ist die Plane auf der Baustelle entfernt, hängt auch schon das erste Element am Haken. Das Material ist aus sogenanntem Brettsperrholz. Fünf Bretterlagen werden dabei in industrieller Vorfertigung kreuzlagig miteinander verleimt. Inzwischen gibt es eine große Vielfalt und ganz unterschiedliche Dimensionen. Acht Meter Länge sind keine Seltenheit, die Dicke kann bis zu 30 Zentimeter betragen. Das Material ist statisch hoch belastbar und kommt unter anderem für den Bau von großen, mehrstöckigen Holzgebäuden zum Einsatz. Bei diesem Keller sind die Wände zwölf Zentimeter stark, da, wo es keine Druckbelastung gibt, nur zehn Zentimeter. Wand- und Türöffnungen sind schon ausgefräst und auch Fräsungen für die Elektroinstallation sind möglich. „Die Vorferti- gung solcher großen Holzelemente hat es uns erst möglich gemacht, an den Bau eines Kellers zu denken“, sagt Günther Wolff. Dabei ist ein Kellerentwurf auch nichts anderes als der Entwurf eines Holzhauses. Während das erste Holzelement mit einer Strebe fixiert wird, schwebt schon das zweite am Kranhaken ein und wird in einen zwei Zentimeter tiefen Falz quer zum ersten gesetzt. Zimmermann Uli Angele setzt im Abstand von 40 Zentimeter große Schrauben, die die Holzelemente schließlich aneinanderziehen und so fest miteinander verbinden. Dann werden die Seitenteile noch mit der Grundplatte verschraubt und die Schrauben versenkt, fertig – alles passt. „Das ist wie Lego-Bauen für Erwachsene“, sagt Wolff und schmunzelt wie ein kleiner Junge. Seit knapp 30 Jahren baut er ökologische Holzhäuser, inzwischen ist sein Betrieb so aufgestellt, dass er sämtliche Arbeiten anbieten kann. Vom Ausheben der Baugrube über die Verlegung von Sole-Leitungen für die spätere Heizungsanlage, bis hin zur Elektrik und dem Innenausbau. Auch die Außenanlage übernimmt der Betrieb.
Innerhalb von vier Stunden stehen an diesem Tag die Seitenwände. Bis zum Abend werden auch die Deckenelemente auf dem Keller sitzen und die Baustelle kann regensicher gemacht werden. In den nächsten Tagen kommen dann noch die wichtigen Abdichtungsarbeiten. Unter dem Keller liegt großflächig eine EPDM-Abdichtungsbahn, ein Synthesekautschuk, also Gummi. Das Material wird gewöhnlich für Dachabdichtungen verwendet, aber auch für Schwimmteiche. Eine hohe Alterungsbeständigkeit und eine sehr hohe Reißfestigkeit zeichnen es aus. „Das ist quasi unzerstörbar“, meint Wolff und unterstreicht seine Aussage mit einem kräftigen Zug an der elastischen, schwarzen Bahn. Das 1,5 Millimeter dicke Material zeigt sich unbeeindruckt. „An den Hangseiten wird die Bahn im nächsten Schritt von außen mit einem Kontaktkleber an die Holzwände geklebt. Dann kommt noch mal eine druckfeste Perimeterdämmung für die erdberührten Bereiche und danach kann aufgeschüttet werden“, erklärt Wolff.
Holz hat die Eigenschaft, Feuchtigkeit aufzunehmen und wieder abzugeben, muffiger Kellergeruch ist also ausgeschlossen, das Raumklima entsprechend gut, die Wände müssen auch nicht behandelt werden. Der Keller ist zudem in wenigen Tagen fertiggestellt und auch sofort bezugsfertig. Für Günther Wolff einer der größten Vorteile. „Betonkeller brauchen lange, bis sie vollends trocken sind.“Experten sprechen von bis zu neun Monaten.
Könnte ein Holzkeller also zukünftig Standard werden für das Bauen? Für Günther Wolff schon, für ihn passt der Werkstoff optimal in seine Philosophie, nur mit nachwachsenden Rohstoffen zu bauen. „Der Keller hat die CO2-Bilanz meiner Häuser immer verschlechtert“, sagt Wolff, der sich gelebte Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt. „Wir setzen hier nur etwa die Hälfte der Masse im Vergleich zu einem Betonkeller ein und das Material ist nachwachsend“, erklärt er.
Gibt es auch Nachteile für den Bau eines Holzkellers? Nicht für den „Holzwurm“Günther Wolff, der findet, dass auch der Preis von 97 000 Euro für einen 170 Quadratmeter großen Keller gegenüber einem Betonkeller den Vergleich nicht scheuen muss. Eine Einschränkung muss er allerdings machen. „Wir können nur dort einen Holzkeller bauen, wo wir nicht mit aufsteigendem Grundwasser rechnen müssen. Ein Holzhaus mit Holzkeller würde schon bei einem Meter erhöhtem Grundwasserstand Auftrieb bekommen und aufschwimmen.“In allen anderen Fällen baut Günther Wolff aber auf Holz.
Video im Internet https://www.youtube.com/ watch?v=0J3GUK1lhU0&t=5s