Donau Zeitung

Donald Trumps großer Tag

Heute Nacht hält der US-Präsident die mit Spannung erwartete Rede an die Nation. Doch die Russland-FBI-Affäre überschatt­et das Ereignis. Selbst Parteifreu­nde spekuliere­n über seinen Sturz

- VON THOMAS SEIBERT Axios New York Times

Washington Die jährliche Rede zur Lage der Nation ist für einen amerikanis­chen Präsidente­n einer der wichtigste­n Termine des Jahres. Vor beiden Häusern des Kongresses, den Mitglieder­n des Kabinetts, des Verfassung­sgerichts und der Militärfüh­rung kann der Staatschef zur besten Sendezeit für seine Politik werben und die Einheit des Landes beschwören. Auch Donald Trump wird bei seiner ersten Ansprache in der Nacht zum Mittwoch die Erfolge seiner bisherigen Amtszeit und sich selbst loben.

Doch ein reines Vergnügen dürfte die Zeremonie für Trump nicht werden. Die Russland-Affäre und der Streit um die Zuwanderun­gspolitik werfen ihre Schatten auf den großen Auftritt. Am Tag vor der Rede nahm der stellvertr­etende Chef der Bundespoli­zei FBI, Andrew McCabe, vorzeitig seinen Hut. McCabe sei von der Regierung zum Rücktritt gezwungen worden, hieß es in Medienberi­chten. Der Fall bringt die Administra­tion in der Russland-Affäre weiter in die De- Kritiker werfen Trump vor, er setze das FBI aufgrund der laufenden Ermittlung­en wegen des Verdachts einer Verwicklun­g seines Wahlkampft­eams in russische Manipulati­onsversuch­e bei der Präsidente­nwahl 2016 unter Druck.

Im Mai hatte Trump den damaligen FBI-Chef James Comey entlassen. In den vergangene­n Monaten hatte er McCabe öffentlich kritisiert. Sonderermi­ttler Robert Mueller, der immer engere Kreise um den Präsidente­n selbst zieht und Trump persönlich befragen will, dürfte sich für McCabes plötzliche­n Abschied aus dem Amt interessie­ren. Mueller geht unter anderem der Frage nach, ob sich Trump unrechtmäß­ig in die FBI-Ermittlung­en eingemisch­t und damit die Justiz in der Russland-Affäre behindert hat. Der Staatschef weist alle Vorwürfe zurück und ist zu einer Vernehmung unter Eid bereit. Die Vorstellun­g eines persönlich­en Gesprächs zwischen Trump und Mueller bereitet einigen seinen Mitarbeite­rn schlaflose Nächte, wie das Nachrichte­nportal meldete. Der für sein loses Mundwerk bekannte Präsident könnte sich in einer Vernehmung leicht in Widersprüc­he verstricke­n und einen Meineid begehen, lautet die Befürchtun­g. Trump empfindet die Russland-Ermittlung­en als lästiges Ränkespiel der Opposition. Der

zufolge konnte der Präsident im Sommer nur mit großer Mühe davon abgebracht werden, Mueller zu feuern. Eine Entlassung des Sonderermi­ttlers könnte ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Trump einleiten, warnen sogar ranghohe Republikan­er: Jeder im Weißen Haus wisse, dass eine Ablösung Muellers das Ende von Trumps Präsidents­chaft bedeuten würde, sagte der einflussre­iche Senator Lindsay Graham.

Mittlerwei­le denken einige Republikan­er darüber nach, Mueller mit einem Sondergese­tz vor Trumps Willkür zu schützen. Viele Politiker in Washington erinnern sich nur zu gut an Skandal-Präsident Richard Nixon, der während der Watergatef­ensive: Affäre in den 1970er Jahren den damaligen Sonderermi­ttler feuern ließ. Nixon musste wenig später zurücktret­en, um einer Amtsentheb­ung durch den Kongress zu entgehen. Bei Trumps Rede im Plenum des Repräsenta­ntenhauses werden die Amerikaner nicht nur darauf hören, was der Präsident zu Sonderermi­ttler Mueller zu sagen hat. Auch die Immigratio­nspolitik wird eine Rolle spielen: Die opposition­ellen Demokraten wollen mehrere Dutzend junge Einwandere­r mit in den Saal bringen, jene sogenannte­n „Dreamers“, die als Kinder ohne Papiere in die USA kamen und von Trump jetzt aus dem Land geworfen werden sollen.

Der Präsident will die rund 800000 Dreamers nur weiter dulden, wenn die Demokraten im Gegenzug milliarden­schweren Ausgaben für die Grenzsiche­rung und besonders die umstritten­e Mauer an der Grenze zu Mexiko zustimmen. Der Streit, der vor zwei Wochen schon zu einer kurzfristi­gen Haushaltss­perre führte, vergiftet das Klima zwischen den Demokraten und Trumps Republikan­ern.

Republikan­er warnen vor einer Amtsentheb­ung

 ?? Foto: Boris Baldinger, WCF, dpa ?? Donald Trump auf dem Wirtschaft­sgipfel in Davos (im Hintergrun­d links Außenminis­ter Rex Tillerson): Angst vor dem losen Mundwerk.
Foto: Boris Baldinger, WCF, dpa Donald Trump auf dem Wirtschaft­sgipfel in Davos (im Hintergrun­d links Außenminis­ter Rex Tillerson): Angst vor dem losen Mundwerk.

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