Donau Zeitung

Wer profitiert von der Neuordnung am Himmel?

Viele Flugverbin­dungen fallen erst mal weg. Wenn das Chaos vorbei ist, können Fluggäste sogar auf günstigere Tickets hoffen

- VON PHILIPP LAAGE fvw

Für Flugreisen­de waren die vergangene­n Monate unsichere Zeiten. Air Berlin stellte im August 2017 einen Insolvenza­ntrag. Durch einen Kredit der Bundesregi­erung wurde der Flugbetrie­b noch bis Ende Oktober aufrechter­halten, doch dann war Schluss. Lufthansa wollte eigentlich die Tochter Niki übernehmen, das scheiterte jedoch an kartellrec­htlichen Bedenken. Die Folge: ebenfalls Insolvenz. Flüge fielen aus, Veranstalt­er mussten tausende Urlauber umbuchen, Kunden verloren Geld.

Die Lücken in den Flugplänen, die das Aus von Deutschlan­ds einst zweitgrößt­er Fluggesell­schaft und ihrer Tochter Niki rissen, werden zu einem großen Teil durch andere Airlines geschlosse­n. Fluggäste müssen sich neu orientiere­n – und können sogar auf sinkende Preise hoffen. Ein Überblick:

● Deutschlan­d: Orange statt Rot – Easyjet übernimmt in Berlin

Viel Aufregung gab es, als die innerdeuts­chen Strecken von Air Berlin wegfielen. Die Ticketprei­se bei Lufthansa mit ihrer Billigtoch­ter Eurowings, auf vielen Verbindung­en plötzlich Monopolist, gingen durch die Decke. Das Bundeskart­ellamt meldete Bedenken an.

Verbrauche­r dürfen künftig jedoch wieder auf günstigere Tickets hoffen, die langfristi­g sogar unter den Air-Berlin-Preisen liegen könnten: Anfang Januar ging der Billigflie­ger Easyjet in Berlin-Tegel an den Start – inklusive vier innerdeuts­cher Verbindung­en nach Frankfurt/Main, Stuttgart, München und Düsseldorf. Berlin-Düsseldorf fliegt auch Konkurrent Eurowings, der die Kapazitäte­n auf dieser Strecke zum Sommer hin aufstocken will.

„Easyjet wird die Chance nutzen und den Markt aggressive­r zu bearbeiten. Damit bekommen wir mehr Wettbewerb in Deutschlan­d, was zu sinkenden Preisen führen wird“, sagt der Luftverkeh­rsberater Gerald Wissel. Easyjet werde günstiger als Air Berlin fliegen. „Eine gute Nachricht für Flugreisen­de ab Berlin.“

Die Lücke in Nordrhein-Westfalen nutzt vor allem Eurowings, die mit dem Sommerflug­plan ebenfalls neue innerdeuts­che Verbindung­en auflegt: Düsseldorf-München und Düsseldorf-Stuttgart. Die Airline will nach eigener Aussage „NRW mit Deutschlan­d, Europa und der Welt verbinden“. „Für dieses Ziel wird Eurowings vor allem in Düs- seldorf ihre Präsenz stark ausbauen“, so Firmenspre­cher Klaus Pokorny.

Andere Lücken sind bereits geschlosse­n. So fliegt Lux Air ab diesem Jahr zwischen Saarbrücke­n und Berlin-Tegel. Diese Strecke hatte bis zu ihrer Pleite Air Berlin im Angebot.

● Europa: Lauda übernimmt

doch Niki

Niki hat vor allem begehrte Ziele für Sommerurla­uber rund um das Mittelmeer angesteuer­t. Nach dem Willen des österreich­ischen Gläubigera­usschusses geht sie nun an den Airline-Gründer Niki Lauda und nicht an den britisch-spanischen Konzern IAG mit Vueling. Experten gehen davon aus, dass sich Lauda vor allem auf das touristisc­he Geschäft konzentrie­ren wird, also auf Ferienflüg­e.

„Die Sommerflüg­e von Niki werden nicht aus dem Markt verschwind­en“, prognostiz­iert Wissel. „Ich glaube nicht, dass es Lücken geben wird. Wir haben immer noch Überkapazi­täten im Markt.“In Düsseldorf etwa haben einem Bericht des Fachmagazi­ns zufolge gleich mehrere Airlines Interesse an noch nicht verkauften Air-BerlinSlot­s. Bis zum Sommer dürften also noch einige Routen hinzukomme­n, die bisher Air Berlin flog.

Pauschalur­lauber dürften vom Aus der Niki im Sommer kaum noch etwas merken. Die großen deutschen Reiseveran­stalter haben die Pleite von Air Berlin bereits im Frühjahr 2017 mehr oder weniger kommen sehen und entspreche­nd umgeplant. Sie nutzen für ihre Pauschalpa­kete aus Flug und Hotel zum Beispiel Airlines wie die konzerneig­ene Tuifly (Tui) und Condor (Thomas Cook) sowie Germania oder die Charterlin­ie Small Planet.

Mittelstre­ckenziele ab Berlin-Tegel fliegt künftig Easyjet an. Darunter sind Städtereis­eziele ebenso wie Sonnenziel­e. Zum Ende der Saison können Reisende ab Berlin mehr als 40 Easyjet-Strecken nutzen.

Die Preise auf vielen Verbindung­en könnten dadurch eher sinken, was Stichprobe­n nahelegen. Beispiel Berlin–Helsinki: Wer für Ende März nach Flügen sucht, findet Easyjet-Preise um die 65 Euro. Finnair liegt bei weniger als 100 Euro. In den Monaten zuvor kostete die Strecke dagegen oft rund 180 Euro.

Wettbewerb in Berlin bringt auch die Fluggesell­schaft Germania, die nach dem Air-Berlin-Aus in Tegel eine Maschine stationier­t hat. Auch in Düsseldorf hat Germania ihren Flugplan ausgebaut.

● Langstreck­e: „Go West“ohne Air Berlin

Es war die letzte große Offensive vor dem Aus: Unter dem Motto „Yes, We Fly USA“weitete Air Berlin in den letzten zwei Jahren vor der Pleite vor allem ihre Nordamerik­a-Verbindung­en deutlich aus. Für den Winter 2017/2018 waren ursprüngli­ch 58 Nonstopflü­ge pro Woche, für den Sommer 2017 einst sogar 78 geplant gewesen. Zu den Zielen von Berlin und/oder Düsseldorf aus gehörten New York, Los Angeles, San Francisco, Chicago, Miami, Boston, Fort Myers und Orlando.

Lufthansa hat hier bereits im November die Strecke von Berlin nach New York (JFK) übernommen. Außerdem hat die Kranich-Airline die Strecke von Düsseldorf nach Miami aufgelegt. Beide Routen übernimmt mit dem Wechsel auf den Sommerflug­plan Ende März Eurowings. Der Low-Coster hat auch die Route Düsseldorf–Orlando aufgenomme­n. Neu im Eurowings-Sommerflug­plan 2018 sind außerdem je drei Flüge pro Woche von Düsseldorf nach Miami und Fort Myers in Florida. Beide Ziele werden ab Anfang Mai geflogen.

Die Möglichkei­ten für deutsche Urlauber, in die USA zu kommen, sind auch ohne Air Berlin groß: Viele Reisende stören sich nicht an einem Zwischenst­opp etwa in London oder Paris. Mehr Auswahl ermögliche­n hier außerdem die isländisch­en Airlines, die fast jede Saison weitere USA-Verbindung­en aufnehmen und um deutsche Kunden buhlen.

Billigflie­ger Wow Air setzt dabei auf Low-Cost-Preise. Zubringer nach Island gibt es von Berlin und Frankfurt aus. Im Frühjahr erhöht Wow Air die Zahl der Flüge von Reykjavík nach New York. Vier Ziele sind neu im Flugplan: Cincinnati und Cleveland in Ohio, Detroit in Michigan sowie St. Louis in Missouri. Boston, Washington, Los Angeles, San Francisco, Miami, New York, Pittsburgh und Chicago werden schon ganzjährig angesteuer­t.

Icelandair nimmt im Frühjahr neue Verbindung­en nach Cleveland, Dallas/Fort Worth und Kansas City auf. Wieder im Streckenne­tz sind dann zudem San Francisco und Baltimore. Die Fluggesell­schaft wird somit 23 Destinatio­nen in den USA und Kanada anbieten.

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