Mit Flaschendeckeln die Kinderlähmung ausrotten
Wie der Rotary-Club Dillingen gegen die Krankheit Polio kämpft, die es weltweit nur noch in drei Ländern gibt. Und was Initiator Rainer Späth alles in den Sammelkisten findet
Wertingen/Landkreis Rainer Späth hat inzwischen Übung. Der Rotarier öffnet im Eingangsbereich des Wertinger Lidl-Markts eine Kiste, taucht mit einer kleinen Schaufel in den Haufen der Flaschendeckel ein und befördert sie so in einen gelben Sack. Späth, der am Montag seinen 69. Geburtstag feierte, hat nicht etwa im Ruhestand zu den Müllentsorgern gewechselt. Nein, der Wertinger treibt ein Projekt des RotaryClubs Dillingen voran. Die Rotarier sammeln auch in der Region die Deckel von Kunststoff-Flaschen, Trinkpackungen und Tuben, für die es beim Recycling gute Preise gibt. Denn im Verschluss steckt mehr Öl als in der ganzen restlichen Flasche. Und mit dem Erlös kämpft der Rotary-Club gegen die Kinderlähmung, die in Europa inzwischen als ausgerottet gilt. Weltweit tritt die Infektionskrankheit Poliomyelitis, kurz Polio, aber noch in den Ländern Afghanistan, Pakistan und Nigeria auf. Eine Impfung kann vor der Kinderlähmung schützen.
Rainer Späth und sein Team sind mit dem Erfolg bei der Flaschendeckel-Sammlung bisher zufrieden. „Im Zeitraum von Mitte November bis zum 1. Januar haben wir in Wertingen etwa 23000 Käpsele gesammelt“, berichtet der Past-DistrictGovernor. Späth hatte die Kisten bei Aldi, Lidl, Edeka und den Getränkemärkten Moraw und Sobi anfangs ohne Verschluss aufgestellt. Mit dem Ergebnis, dass dort auch mal zehn leere Wodkaflaschen landeten, berichtet Späth. Seit Deckel auf den Kisten sind, sei das Ganze besser geworden. Papiertaschentücher, Kassenbelege und Plastiktüten landen aber immer noch in den Kisten.
Das gute Sammelergebnis stimmt Späth jedoch milde. 34 Säcke mit einem Gewicht von 214 Kilogramm hat der Wertinger jüngst zu einem Kunststoffverwerter gefahren, der das Geld auf das Konto des Vereins Deckel drauf überwiesen hat. „Wir haben damit 100 Impfungen gegen Polio finanziert“, sagt Späth stolz. Der Wertinger hat die Aktion inzwischen auf den ganzen Landkreis ausgeweitet. Nach einem Bericht in unserer Zeitung hatte Norma die Rotarier angeschrieben. Jetzt wer- den auch in den Filialen in Lauingen und Dillingen Kunststoff-Deckel von Flaschen, Trinkpackungen und Tuben gesammelt. Und auch in der Grund- und Mittelschule, der Berufsschule und im Hallenbad in Höchstädt werden Kisten aufgestellt, teilt Späth mit. Acht Jugendliche von Rotaract, der Nachwuchsorganisation der Rotarier in den Landkreisen Dillingen und Günzburg, werden am 24. März Kunden in Einkaufsmärkten über die Aktion informieren und vielleicht den ein oder anderen Einkäufer dazu bewegen, die Kunststoffdeckel von den Flaschen zu schrauben. An den Getränkeautomaten gebe es das Pfand ja auch ohne Flaschendeckel zurück, erläutert Späth. „Es muss also niemand auf das Pfand verzichten.“
Die Aktion läuft vorerst mindestens bis zur Jahresmitte, kündigt Späth an. Der 69-Jährige ist froh darüber, dass schon mindestens 100 Impfungen gegen Polio finanziert werden konnten. Seit 1979 machen die weltweit etwa 34 000 RotaryClubs gegen die Kinderlähmung mobil. „Nur durch konsequentes Impfen aller Kinder kann Polio vollständig ausgerottet werden“, sagt Dr. Uta-Maria Kastner, die beim Rotary-Club Dillingen für soziale Projekte zuständig ist. In einigen ärmeren Ländern stehe aber das Geld dafür nicht zur Verfügung.