Müde in Kopf und Fuß
Gedenken an Felix und Felka Nussbaum
Wochen quälender Ungewissheit sind vorüber, als der Maler Felix Nussbaum nach langer Internierung völlig unerwartet zu seiner Frau Felka heimkehrt. Ein Wiedersehen in zwei Sätzen: „Felka öffnet die Wohnungstür. Felix und Felka umarmen einander und weinen.“Wie viele andere Autoren hätten bei dieser Szene ins Überbordende, Breitgewalzte, Gefühlsverstärkte gegriffen! Nicht so Hans Joachim Schädlich („Versuchte Nähe“, „Tallhover“). Karger geht’s nicht. Der 82-jährige Berliner Autor schüttet den Leser nicht mit Einzelheiten, Ausschmückungen und Nebensätzen zu, sondern will gerade durch das Ungesagte zum Denken und Empfinden ermutigen. Geht das gut?
In „Felix und Felka“setzt sich Schädlich auf die Spuren des jüdischen Malerpaares Felix Nussbaum (1904 – 1944) und Felka Platek-Nussbaum (1899– 1944): Jahre der Verfolgung („müde im Kopf, müde in den Füssen“), Jahre des Exils und der Angst, unverhoffte Hilfe, Spannungen, Träume (von Ausstellungserfolgen), am Ende Verhaftung und Transport ins Vernichtungslager Auschwitz. Der Autor mischt Briefdokumente, historische Fakten, Augenzeugenberichte, erfundene Dialoge und Szenen (umfängliche Quellen im Anhang). Und doch zerfällt das Buch eher in schattenhafte Bruchstücke, als dass dieses tragische Exempel einer Lebens- und Kunstvernichtung literarische Abgründigkeit gewönne.
Rowohlt, 208 S., 19,95 ¤