Wer wird neuer Pfarrgemeinderat?
Nicht nur Höchstädter, sondern alle Katholiken können am Wochenende wählen. Doch die Abstimmung ist nicht überall eine echte Wahl. In Lauingen und Bissingen gibt es einen Neuanfang
Alle Katholiken können am Wochenende wählen. Sie entscheiden, wer es in den Pfarrgemeinderat schafft.
Landkreis Maneth oder Letzing, heißt es am Sonntag in Höchstädt. Doch am 25. Februar gibt es nicht nur in der Donaustadt eine Wahl. Jeder Katholik in der Region kann seine Stimme abgeben. Denn am Wochenende werden auch die Pfarrgemeinderäte für die nächsten vier Jahre gewählt. Nun heißt es vor politischen Wahlen immer: Wählen gehen! Schließlich ist es für den Bürger in der repräsentativen Demokratie eine wichtige Möglichkeit der Mitbestimmung. Mit der gleichen Argumentation kann man nun auch für eine Teilnahme an den Pfarrgemeinderatswahlen werben.
Doch es gibt einen Haken: In vielen Pfarreien stehen gerade so viele Kandidaten zur Wahl, wie es Plätze im Pfarrgemeinderat gibt. Wie viele Mitglieder das sind, unterscheidet sich. Es gibt Empfehlungen des Bistums, je nach Größe der Pfarrei. Die genaue Mitgliederzahl kann aber der Rat selbst für die folgende Amtsperiode selbst festlegen.
In der Gundelfinger Pfarrei Sankt Martin etwa soll das Gremium 14 Mitglieder haben – 14 Menschen stehen auch zur Wahl. Das Beispiel aus der Gärtnerstadt zeigt aber auch, dass das nicht automatisch dieselben sind, die das Amt schon vorher ausgefüllt haben. Bei Sankt Martin ist etwa ein Drittel der Be- neu dabei, und es sind Kandidaten jeder Altersklasse. Der Rat kann von der Zusammensetzung her also durchaus einem Abbild der Gemeinde nahe kommen. Eine Wahl ist dort trotzdem nicht möglich.
Auch die Pfarreien der Pfarreiengemeinschaft in Wertingen haben keine Auswahl. In Gottmannshofen werden acht Bewerber die acht verfügbaren Plätze bekommen, in Binswangen ist der Rat zwölf Mitglieder stark, und das Bewerberfeld ist ebenso groß. Genauso in einer weiteren Pfarrei Sankt Martin, dieses Mal ist die Kirche in Wertingen gemeint.
In Bissingen gibt es eine besondere Situation. Sieben der zehn Kandidaten, die sich für die zehn Plätze bewerben, kommen neu dazu. So viel Wechsel bringt dort die Möglichkeit für einen Neubeginn, heißt es aus dem Umfeld des Pfarrgemeinderates. In der vergangenen Amtsperiode hatte es dort Probleme gegeben, die nun mit einem neu aufgestellten Rat endgültig der Vergangenheit angehören sollen.
Auch in Lauingen, wiederum in einer Pfarrei Sankt Martin, gibt es mit der Wahl einen Neubeginn. Im Herbst war ein Teil der Ratsmitglieder zurückgetreten, andere treten nicht wieder an. Hintergrund war ein Streit zwischen Räten und Pfarrer Raffaele De Blasi. Der Konflikt war eskaliert, als die damalige Ge- meindereferentin ihre Arbeit niederlegte. Pfarrer De Blasi spricht offen davon, dass sich Leute „an meiner Person gestoßen haben“, was er sehr bedauere. Dass es in einer Pfarrei auch einmal zwischenmenschliche Probleme gebe, sei zwar unschön, aber normal. „Ein Pfarrer ist auch nur ein Mensch“, erinnert De Blasi. Es sei aber auch nicht so, dass sich keiner mehr in der Kirche engagieren wolle. 13 Menschen, die aktuell für den Pfarrgemeinderat kandidieren, seien schließlich keine schlechte Zahl. Der bisherige Rat hatte die Größe des neuen Gremiums allerdings auf 15 Mitglieder festgesetzt. Ein wirkliches Problem ist das für die Pfarrei aber auch nicht, denn sie kann nach der Wahl zusätzliche Mitglieder berufen. Ein Amt als Pfarrgemeinderat ist ein Ehrenamt, das viel Zeit und Engagement verlangt. Das macht es den Kirchen offenbar schwer, Freiwillige zu finden. Doch es gibt auch in der Region Pfarreien, bei denen die Wähler eine Wahl haben.
16 Plätze gibt es im Pfarrgemeinderat von St. Peter in Dillingen – und 19 Kandidaten. „Je mehr mitarbeiten, desto leistungsfähiger ist das Gremium“, sagt Mesner und Wahlwerber vorstand Klaus Probst. Deshalb hatte der bisherige Rat entschieden, dass mit 16 die höchstmögliche Mitgliederanzahl für den Rat einer Pfarrei dieser Größe gewählt werden sollte. Warum gibt es hier mehr Bewerber als Stellen? Das seien nur seine Einschätzungen, warnt Mesner Probst, aber: „Es gibt einen offenen Pfarrer, bei dem die Leute merken: Hier wird das Gremium sehr ernst genommen.“Außerdem zögen die aktiven Ratsmitglieder andere mit. Wer aus dem Rat ausscheide, kümmere sich nicht selten um einen möglichen Nachfolger. Und die Gemeindemitglieder sprächen mögliche Kandidaten auch direkt darauf an, ob das Amt nicht etwas für sie wäre. In der Pfarreiengemeinschaft Dillingen gibt es auch in St. Ulrich eine echte Wahl: Dort treten zehn Bewerber für neun Stellen an. In anderen Pfarreien der Gemeinschaft sind es hingegen genau so viele Bewerber wie Plätze.
16 Plätze für 19 Kandidaten
Wahlberechtigt sind alle Mitglieder der Pfarrgemeinde, die am Wahltag das 14. Lebensjahr vollendet haben. Die Wahlunterlagen sollten per Post zuge stellt werden. Damit lässt sich auch eine Briefwahl beantragen. Wer keine Un terlagen hat, aber abstimmen möchte, sollte sich an sein Pfarrbüro wenden. Jeder Wähler hat so viele Stimmen, wie Plätze im Rat besetzt werden. Er kann jedem Kandidat nur eine Stimme geben.
Landkreis „Zukunft gestalten. Weil ich Christ bin“– so lautet das Motto der Pfarrgemeinderatswahl, die nun am Sonntag stattfindet. Wir haben im Vorfeld der Wahlen einige Kandidaten aus verschiedenen Pfarrgemeinden im Landkreis gefragt, warum sie sich zur Wahl stellen, was ihrer Meinung nach Kirche ausmacht und was ihnen als Pfarrgemeinderat besonders am Herzen liegt. Gerhard Ruf (68) ist beispielsweise bereits seit 30 Jahren Mitglied im Pfarrgemeinderat der Gemeinden St. Wolfgang in Syrgenstein und St. Martin in Staufen. Die vergangenen 20 Jahre war er zudem sogar Erster Vorsitzender. Ruf will seine
„Mir ist die Vermittlung christlicher Werte sehr wichtig, und im jungen Alter ist es leichter, den Menschen die Dinge weiterzugeben.“Renate Müller
Gemeinde mitgestalten. Er hilft beispielsweise bei der Liturgie oder organisiert die Veranstaltungen in der Kirche mit. „Das mache ich aus Überzeugung. Ich glaube, ehrenamtliche Helfer werden überall benötigt, so auch in der Kirche“, erzählt er. In seiner Tätigkeit als Pfarrgemeinderatsvorsitzender fokussiere er sich auf die Erwachsenenbildung. „Dazu bieten wir verschiedene Veranstaltungen an, die sich mit Glaubens-, aber auch mit Alltagsfragen beschäftigen.“
Für Renate Müller (40) wäre die Arbeit im Pfarrgemeinderat etwas Neues. Sie kandidiert zum ersten Mal in Wertingen. „Ich lasse mich erst mal überraschen, was da auf mich zukommt, und werde versuchen, mich viel einzubringen“, sagt Müller. Seit Längerem hilft sie bei der Gestaltung der Gottesdienste und betreut Kinder im Alter von vier bis acht Jahren. Die Arbeit mit den Kleinen mache ihr viel Spaß, sagt sie. „Mir ist die Vermittlung christlicher Werte sehr wichtig, und im jungen Alter ist es leichter, den Menschen die Dinge weiterzugeben. Die gehen da noch ganz unbedarft ran.“Falls sie in das Gremium gewählt würde, möchte Renate Müller junge Familien erreichen. „Da ich selbst eine Tochter habe, möchte ich jungen Familien ein Ansprechpartner im Gremium sein.“
Nicole Sailer Probst (45) ist es wichtig, dass die Kirche allen Generationen etwas bieten kann. Sie ist seit acht Jahren im Pfarrgemeinderat in Eppisburg/Holzheim, tätig – davon drei Jahre als Vorsitzende. „Wir organisieren zum Beispiel Jugendkreuzwege, und für die etwas Jüngeren lassen wir biblische Geschichten mit Erzählpuppen darstellen oder singen Lieder, bei denen auch Kinder den Text verstehen“, sagt Sailer-Probst. Dadurch würden sie früh eine lebendige Kirche erfahren. Auch ihre beiden Kinder engagieren sich für die Gemeinde. „Als Ministranten haben sie beim Seniorennachmittag einen Sketch aufgeführt. Da kamen dann alle Generationen zusammen.“
Für Christoph Balzer (39) steht die Arbeit mit Menschen im Mittelpunkt. Seit 2006 ist er im Dillinger Pfarrgemeinderat als Vorsitzender aktiv: „Man hat mit vielen Menschen aus allen Bereichen des Lebens Kontakt. Mit alten und jungen Menschen, Trauernden, Ehepaaren mit Neugeborenen oder auch Sterbenden.“Balzer macht unter ande- Besuche im Krankenhaus oder hilft Bedürftigen. Zu seinen Aufgaben neben der Organisation und Delegation zählt auch die Betreuung der Arbeitskreise innerhalb der Pfarrgemeinde. Das Fundament seiner Arbeit sei der Glaube. „Ich glaube, dass jeder irgendwann mal an den Punkt kommt, an dem er sein Leben nach einer tieferen Bedeutung hinterfragt.“Er verweist auf ein Kirchenlied, wo es heißt, dass man jedem ein Freund sein soll. Das möchte er in seinem Alltag umsetzen. „Egal, wie es einem geht, man muss für andere eine Person sein, auf die man sich jederzeit verlassen kann“, sagt Balzer.
Auch Andrea Rieblinger (42), Dekanatsrätin in der Pfarrgemeinde Gremheim, engagiert sich, weil ihr christliche Werte viel bedeuten. Dabei sei es ihr besonders wichtig, den christlichen Glauben an andere weiterzugeben und Optimismus zu vermitteln. „Ich bin bereits seit 16 Jahren im Pfarrgemeinderat tätig und bin noch begeisterter als am Anfang.“Zu Beginn frage man sich noch: Bin ich wirklich die Richtige für diese Aufgabe? Aber das kläre sich schnell und man sei sofort mit Selbstbewusstsein und Freude dabei, sagt Rieblinger. „Ich besuche Geburtstagskinder, die über 80 Jahre alt sind, sammle für die Caritas, helfe bei der Gestaltung des Pfarrfests, beim Basteln von Osterkerzen und vieles mehr“, beschreibt sie ihre Aufgaben. Konkret sei es ihr wichtig, dass zum einen die ältere Generation nicht aufs falsche Gleis gerät, und zum anderen, dass die Jugend in der Gemeinde am Ball bleibt. Kinrem der und Jugendliche für die Kirche zu begeistern, ist auch ein großes Anliegen für Birgit Spengler (40). „Ich finde, Kirche muss mehr sein als nur Gottesdienst. Sie ist auch gelebte Gemeinde. Und daran sollen alle teilhaben können.“Spengler ist Erste Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Gundelfingen und seit vier Jahren im Gremium aktiv. Davor war sie bereits Jugendvertretung. Sie erklärt: „Ich engagiere mich, um die Gemeinde mitgestalten zu können. Wir organisieren Veranstaltungen wie das Pfarrfest oder den Sektempfang bei Firmungen.“Das mache ihr großen Spaß, weil sie gerne mit Menschen zusammenarbeitet. Heuer haben sie das Pfarrfest als Picknick ausgerichtet. Denn für Familien mit Kindern sei es oft zu teuer, wenn sie fünfmal für Essen und Getränke zahlen müssten. „So konnte jeder seine Verpflegung selbst mitbringen und wir hatten ein gemütliches Fest in großer Runde“, sagt Spengler.
„Ich bin bereits seit 16 Jahren im Pfarrgemeinderat tätig und bin noch begeisterter als am Anfang.“
Andrea Rieblinger