Knapp an Bahnkatastrophe vorbei
Noch ermitteln die Behörden, warum in Utting zwei Züge auf dem gleichen Gleis einfuhren. Die Störung ruft Erinnerungen an ein anderes Unglück hervor
Utting Was ist am Donnerstagmorgen am Bahnhof von Utting am Ammersee passiert? Dort war es wie berichtet beinahe zu einer Kollision gekommen, als zwei Züge kurz vor 8 Uhr morgens auf dem gleichen Gleis eingefahren waren. Eltern von Schüler, die in den Zügen saßen, aber auch die anderen Fahrgäste stellen sich diese Frage.
„Ich hab’ mich automatisch zur Seite gedreht“, erzählt ein 13-jähriger Schüler aus Utting, der an diesem Morgen am Bahnhof auf die Verbindung nach Dießen wartete. Der Zug aus dem Süden stand schon auf einem der beiden Gleise, als der Zug aus Augsburg einfuhr. Dessen Triebfahrzeugführer erkannte die Situation, bremste und der Zug kam 40 bis 50 Meter nördlich zum Stehen. Reagiert hat wohl auch der Fahrzeugführer des zweiten Zuges, der zur Warnung ein Hornsignal gab, wie ein Passagier berichtete.
Gab es an dem mechanischen Stellwerk in Utting ein technisches Problem oder war ein menschlicher Fehler schuld an dem Vorfall? Der Fahrdienstleiter soll dem Vernehmen nach freigestellt worden sein. Die für die Gleise und Stellwerke zuständige Deutsche Bahn bestätigte dies aber nicht. „Wir untersuchen den Vorgang intern und unterstützen die Behörde“, sagte ein Bahnsprecher. Den Untersuchungen der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung solle nicht vorgegriffen werde.
„Wir sind noch ganz am Anfang unserer Untersuchungen“, sagte am Freitag der Sprecher der Bundesstelle, Gerd Münnich. Diagnosegeräte würden ausgelesen, Stellwerke und die Strecke überprüft. Die Untersuchungen dauern voraussichtlich vier bis sechs Wochen. Dann werde entschieden, ob eine Unfalluntersuchung eingeleitet wird, erklärt Münnich. Denn da niemand zu Schaden gekommen ist, werde das Ereignis zunächst als Störung behandelt. Es geschieht nach Einschätzung von Münnich selten, dass Züge an Bahnhöfen auf einem Gleis auf Kollisionskurs gerieten. In den meisten Fällen gehe das glimpflich aus. „Es darf nicht passieren – aber es passiert ab und zu“, so Münnich.
„Wir sind mit dem Schrecken davongekommen“, sagte der Sprecher der Bayerischen Regiobahn (BRB), Christopher Raab. Die BRB bedient mit ihren Fahrzeugen die Ammerseebahn. Beide Triebfahrzeugführer seien direkt danach aus Fürsorgepflicht abgelöst worden, berichtet Raabe. Ihnen solle Zeit gegeben werden, den Vorfall zu verarbeiten. „Es ist schon ein sehr bedrückendes und gefährliches Ereignis.“Schüler wurden in Bussen zu ihren Schulen gebracht. Die Strecke zwischen Schondorf und Utting war für zwei Stunden komplett gesperrt.
Die Beinahe-Kollision in Utting ruft Erinnerungen an eine Tragödie hervor: an das Zugunglück in Bad Aibling. Dort waren vor zwei Jahren zwölf Menschen gestorben. Damals waren auf einer eingleisigen Strecke zwei Züge zusammengestoßen. Der Fahrdienstleister hatte auf seinem Handy gespielt und Signale falsch gestellt. Er wurde wegen fahrlässizuständige ger Tötung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Auch die Ammerseebahn ist eingleisig, es gibt mehrere Kreuzungsbahnhöfe mit zwei Gleisen, wie beispielsweise in Utting. Dort begegnen sich der über Weilheim nach Schongau fahrende Zug und der Zug, der Augsburg ansteuert.
In Bad Aibling hatten sich die beiden Züge, die offensichtlich sehr schnell fuhren, auf offener Strecke getroffen, auf der eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern gegolten hat. Auch auf der Ammerseebahn gibt es je nach Streckenabschnitt eine Höchstgeschwindigkeit von 110 Stundenkilometern. Im Unterschied zu Bad Aibling stand jedoch einer der Züge und der andere fuhr in einen Bahnhof ein. Nach Angaben eines Bahnsprechers darf er dies mit maximal 60 Stundenkilometern.
In die falsche Richtung, nämlich nach Augsburg statt nach Buchloe, ist vor einem Jahr auch ein Zug vom Stellwerk in Geltendorf gelotst worden. Hier hatte aber nach Angaben der Bahn keine Gefahr für die Fahrgäste bestanden.
„Wir sind mit dem Schrecken davongekommen“