Donau Zeitung

Angenehmer Abend mit Ulrich Wickert

Etwa 300 Besucher wollen den „Mister Tagestheme­n“bei seinem Vortrag über die Medien im Stadtsaal hören. Was dem Journalist­en in Dillingen auffällt

- VON BERTHOLD VEH

Dillingen Die Medizineri­n Claudia Morin ist sichtlich überrascht, als sie Ulrich Wickert im Foyer des Dillinger Stadtsaals sieht. Bisher kennt die Dillingeri­n den einstigen „Mister Tagestheme­n“ja nur aus dem Fernsehen. „Ich habe ihn sehr gerne im Ersten gesehen und bin nun gespannt, was er uns erzählen wird“, sagt Claudia Morin. Sie zählt zu etwa 300 Hörern, die am Montagaben­d zum Vortrag des Katholisch­en Akademiker­kreises gekommen sind. Und sie wartet natürlich insgeheim auch auf das Ende, mit dem Wickert einst die Nachrichte­nsendungen beschloss. Denn der TVJournali­st wünschte den Zuschauern fast immer einen angenehmen Abend, eine geruhsame Nacht – und verwies dann auf den „letzten Stand der Dinge“in späteren Sendungen. Dass gerade dies zur Marke Wickert beigetrage­n hat, wundert den TV-Journalist­en selbst. „Ich dachte immer, ich hätte kluge Interviews gemacht.“Ein Teil des Rituals hat der Buchautor nun bei seinen Vorträgen übernommen. „Den angenehmen Abend und die geruhsame Nacht werde ich auch heute den Hörern in Dillingen wünschen, versproche­n“, sagt Wickert vor dem Beginn seines Auftritts unserer Zeitung.

Der 75-Jährige spricht über sein Buch „Medien: Macht & Verantwort­ung“. Zuvor hat er sich aber in Dillingen umgesehen und im Tagungshau­s der Franziskan­erinnen zu Abend gegessen. René Brugger vom Akademiker­kreis hatte den Besuch eingefädel­t, er hatte den Fernsehjou­rnalisten einst bei einer Ringvorles­ung an der Universitä­t in Eichstätt kennengele­rnt. Wickert, der von Hamburg angereist ist und schon in vielen Teilen der Welt unterwegs war, zeigt sich von Dillingen beeindruck­t. „Das ist ein sehr fürstliche­r Ort mit tollen Gebäuden. Man sieht Dillingen an, dass es keine arme Stadt gewesen sein kann.“Schwester Michaela Speckner informiert den beeindruck­ten Gast über das Regens-Wagner-Werk.

Der Vorsitzend­e des Akademiker­kreises, Walter Ansbacher, präsentier­t Wickert im Stadtsaal als „ei- nen der prominente­sten und beliebtest­en Vertreter der deutschen Fernsehkul­tur“. Wickert betritt die Bühne, lässt dort bereitwill­ig von sich ein Foto machen und erklärt gleich an diesem Beispiel, wie Journalism­us funktionie­rt. Das Credo des Autors lautet: „Journalism­us ist Handwerk, er hat die Aufgabe der Aufklärung.“Und wer gleich zu Beginn in Zeiten von alternativ­en Fakten und Fake News eine Mediensche­lte erwartet hat, wird überrascht. „In Deutschlan­d arbeiten zahlreiche Journalist­en, die sich zu den qualifizie­rtesten der Welt zählen dürfen“, sagt Wickert. Und es gebe auch kein anderes Land der Welt, das über so viele hervorrage­nde Lokal- und Regionalze­itungen verfüge.

Dennoch sieht Ulrich Wickert den Qualitäts-Journalism­us immer wieder bedroht. Er erinnert an die Berichters­tattung über den Kopiloten bei Germanwing­s, der vor drei Jahren ein Flugzeug in den französisc­hen Alpen abstürzen ließ. 80 Prozent der Meldungen über den 27-Jährigen seien nachweisli­ch falsch gewesen. Mit Gerüchten zur Unterhaltu­ng beizutrage­n, habe nichts mit dem Auftrag der Presse zu tun, warnt Wickert. Angesichts der Schnellleb­igkeit nähmen sich viele Medien in einem harten Wettbewerb oft nicht mehr die Zeit, den Wahrheitsg­ehalt der Nachrichte­n zu überprüfen. An erster Stelle müsse aber die Glaubwürdi­gkeit stehen – vor der Geschwindi­gkeit, mit der die Nachricht zum Empfänger kommt. Über den „letzten Stand der Dinge“bei Wickerts Vortrag lesen Sie in unserer morgigen Ausgabe.

 ?? Foto: Berthold Veh ?? Der einstige „Mister Tagestheme­n“Ulrich Wickert sprach gestern Abend bei einem Vortrag des Katholisch­en Akademiker­kreises in Dillingen. Etwa 300 Besucher wollten den populären Journalist­en hören.
Foto: Berthold Veh Der einstige „Mister Tagestheme­n“Ulrich Wickert sprach gestern Abend bei einem Vortrag des Katholisch­en Akademiker­kreises in Dillingen. Etwa 300 Besucher wollten den populären Journalist­en hören.

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