Schrill, schräg, fränkisch und ausverkauft
Volker Heissmann und Martin Rassau begeistern in Dillingen nicht nur als „Waltraud und Mariechen“
Dillingen Nach der Pause kannte der Jubel im ausverkauften Dillinger Stadtsaal keine Grenzen. Denn jetzt sangen sich „die schönen Frauen von Fürth“bei MusikantenstadelStimmung vollends in die Herzen des Publikums: Waltraud und Mariechen, die bekanntesten Bühnenfiguren des fränkischen Komödianten-Duos Volker Heissmann und Martin Rassau. Als ältere Damen, verwitwet und verwittert, schrill und schräg, bunt und bissig haben sie längst ein TV-Millionenpublikum erreicht. Getragen auf den närrischen Wogen der fränkischen Fastnacht in Veitshöchheim kennt man sie weit über die Grenzen des Freistaats hinaus. Über vier Millionen Zuschauer sahen in diesem Jahr die Übertragung im Bayerischen Fernsehen, davon 1,7 Millionen außerhalb von Bayern.
Und am Sonntag standen die Verwandlungskünstler live und wahrhaftig zur „Seniorenzeit“ab 16 Uhr auf dem Podium des ausverkauften Dillinger Stadtsaals. Dabei beginnt ihr Tournee-Programm „Wenn der Vorhang zweimal fällt“gewiss nicht so wie man sich das als Waltraudund-Mariechen-Fan vielleicht vorgestellt hatte. Volker Heissmann kommt abgehetzt mit Reisekoffer an der Hand und Daunenjacke im Arm mitten durch die Zuschauerreihen, entschuldigt seine Verspätung, lamentiert über die chaotische Bühne und seinen fehlenden Partner. Kaum ist er von der Bühne, erscheint Martin Rassau, nörgelt über das Parkhaus, das um 21 Uhr schließt, und vor allem über seinen Partner, der nicht auffindbar ist.
Und so nehmen die Dinge schnell ihren Lauf, bis beide mit ihren Sketchen, Witzen und Kalauern über und unter der Gürtellinie das Publikum mit sich reißen. Natürlich haben Heissmann und Rassau das Publikum im Griff. Mehr noch, sie binden es ein, machen es zu einem Teil ihrer mit Anekdoten und Absurditäten, Irrwitz, Mundart-Zoten, Verrücktheiten und grellen Überzeichnungen gespickten Unterhaltungs-Show. Reaktionen aus dem Publikum sind für sie Stich- worte für ihre Standup-Comedy, die von Spontaneität, Schlagfertigkeit und sehr viel Professionalität nur so strotzt. Niest einer, sagt Rassau laut „Gesundheit“. Fällt Heissmann eine Dame besonders auf („die mit der Rose“), fängt er an mit ihr zu flirten. Dabei gibt es kein Textbuch, nur eine Rahmenhandlung, und beide sind Rampensau genug, um aus der lokalen Situation Neues zu schaffen – und sei es die unzulängliche Verdunkelung im Stadtsaal zu bemängeln. Auch das macht sie so authentisch. Hinzu kommt der Dialekt, also ein gutes Stück Heimat. Ihre „färrder“Mundart haben sie zur Kunstform erhoben und dafür 2017 gar den Bayerischen Dialektpreis erhalten. Übrigens gemeinsam mit den Panitz-Brüdern, die als Mehlprimeln den hiesigen Dialekt künstlerisch verbreiten.
Es geht also um Heimat und Mundart, aber vor allem geht es um kurzweilige Unterhaltung. Ein Entertainment, bei dem man bisweilen nicht gleich erkennt, wo der Unsinn endet und der Hintersinn beginnt – oder umgekehrt. Doch wie sagte Volker Heissmann irgendwann beiläufig zum Publikum: „Keine Angst, es wird kein politisches Kabarett. Wir machen Blödsinn, Gschmarre, Klamauk. Und wenn Sie nach der Vorstellung rausgehen und sagen, das war blöd – aber schön, dann haben wir alles richtig gemacht.“Dem ist nichts hinzuzufügen.