Eine junge Frau wird Dirigentin
Vorschau Marie-Sophie Schweizer steht eine besondere Herausforderung bevor
Dillingen „So ein Konzert gab es hier vorher noch nie und wird es auch lange nicht mehr geben“, versichert Marie-Sophie Schweizer aus Dillingen. Ihr steht eine ganz besondere Herausforderung bevor: ihr Examenskonzert. Am Samstag, 24. März, um 20 Uhr dirigiert Sophie Schweizer ein Orchester, bestehend aus rund 80 Leuten, in der Sebastian-Kneipp-Halle in Dillingen. Sie studiert Dirigat für Blasorchester in Augsburg, und dieses Konzert ist ein wichtiger Teil ihrer Abschlussprüfung. „Es wird etwas Besonderes. Das ganze Programm wird aufgefahren“, erzählt die 29-jährige Dillingerin. „Das Publikum kann sich auf ein schön gemischtes, aber dennoch in sich geschlossenes Konzert freuen.“
Unterstützt wird die Dirigentin vom Musikverein Donautaler Fristingen-Kicklingen und weiteren Musikern. Schweizer erzählt: „Ich habe schon selbst in diesem Orchester mitgespielt und es vor drei Jahren übernommen. Das ist meine musikalische Heimat.“Neben ihrer Tätigkeit als Dirigentin des Musikvereins Donautaler leitet Sophie Schweizer außerdem die Städtische Musikschule in Dillingen und die Stadtkapelle.
Was ihr am Dirigieren besonders gefällt, ist die Vielfältigkeit. „Egal, wen man vorne hinstellt, kein Stück klingt gleich“, sagt die Dillingerin. Jeder entwickle eine persönliche Interpretation und mache etwas Eigenes daraus. Doch diese Begeisterung teilte sie nicht von Anfang an. „Ich war mir immer sicher, dass ich Dirigieren total doof finde – bis zu meinem ersten Dirigierunterricht. Da hab ich gemerkt, dass ich das vollkommen unterschätzt habe.“
Ein Dirigent brauche Selbstbewusstsein, Durchsetzungsvermögen, Teamfähigkeit und auch motorisches Geschick. „Man muss natürlich auch sehr musikalisch sein.“Schweizer kann unter anderem Saxofon, Klarinette und Klavier spielen, doch zwischen Können und Kennen liegt ein Unterschied. „Als Dirigent kenne ich mich mit allen Blasinstrumenten ein bisschen aus“, sagt sie. Die Aufgabe eines Orchesterleiters ist es zu helfen und zu regeln. „Man kann es sich vorstellen wie den Beruf eines Verkehrspolizisten. Du zeigst die Richtung an und sagst, wann wer dran ist“, erklärt die Musikerin.
Ein Kinderspiel ist das Taktstockschwingen nicht. Als Zuhörer nimmt man immer nur das Endergebnis wahr. Sophie Schweizer verrät, wie viel Arbeit wirklich dahintersteckt: „Die Vorbereitung dauert Monate. Ich habe die gesamte Partitur schon im Kopf und bis ins kleinste Detail vorbereitet, bevor ich sie überhaupt meinem Orchester vorstelle.“
Anders bei ihrem Examenskon- zert. Dort kann das Publikum den Entstehungsprozess quasi live miterleben, denn das ist ein Teil ihrer Abschlussprüfung. Sophie Schweizer hat 20 bis 30 Minuten Zeit, ihrem Orchester ein vorher unbekanntes Stück beizubringen. „Vom ersten Anspielen bis zur letzten Durchführung soll eben eine Steigerung erkennbar sein“, erklärt Schweizer. Dabei habe jeder Leiter eine eigene Herangehensweise. Die 29-Jährige versucht, über Bilder zu kommunizieren, damit ihre Instrumentalisten ein gewisses Bild im Kopf haben, ob sie die Melodie, zum Beispiel hüpfend oder fließend, spielen sollen. Neben dieser Lehrprobe und dem Konzert gehört unter anderem auch eine Instrumentation zur finalen Prüfung. Das bedeutet, dass die Musikerin ein Stück umschreiben muss, das ursprünglich beispielsweise für ein Sinfonieorchester ausgelegt ist. Noch am selben Abend des Konzerts gibt die Prüfungskommission öffentlich die Abschlussnote bekannt.
„Jeder Mensch braucht ein Medium, um sich ausdrücken zu können. Die einen tanzen, die anderen ma- chen Wrestling – bei mir ist es eben die Musik“, sagt Sophie Schweizer. Die Musik war schon immer Teil ihres Lebens. „Ich habe, ganz klassisch, in der Grundschule mit der Blockflöte angefangen“, erzählt die Dillingerin. Ihre musikalische Ader hat sie von ihrem Vater, der selbst schon als Kind im Musikverein spielte. Er wird seine Tochter auch bei ihrem Examenskonzert als Musikant unterstützen. „Eines Tages hat er mir dann eine Klarinette mitgebracht und gesagt, dass ich dieses Instrument lernen soll.“Schnell stellte sich heraus, dass Schweizer ein Talent für das Musizieren hat. Nach ihrer Grundschulzeit entschied sie sich für den musischen Zweig am St.-Bonaventura-Gymnasium in Dillingen, wo sie Klavierspielen lernte. Die Musikerin sagt: „Es war schon früh klar, dass ich später mal etwas mit Musik machen will.“Nach ihrem Abitur studierte sie zunächst Schulmusik an der Hochschule für Musik und Theater in München und später Saxofon im Hauptfach. „Ich wollte dann doch nicht mehr in der Schule unterrichten, sondern lieber ein Orchester leiten“, meint die 29-Jähriger. Daher entschloss sie sich für das Studium der Blasorchesterleitung am Leopold-Mozart-Zentrum in Augsburg. „Wenn ich jetzt arbeite, kommen die Leute freiwillig und haben Spaß daran. Der Anteil der Kinder, die wirklich Lust auf Musikunterricht haben, ist eher marginal. Es ist etwas anderes, wenn die Leute dafür brennen – das macht mich auch glücklicher“, erklärt Schweizer ihre Entscheidung.
Nach ihrem Abschluss freut sich die 29-Jährige erst mal auf ein bisschen Ruhe. „Eigentlich habe ich schon alles, was ich mir wünsche“, sagt Schweizer.
Trotzdem sei sie viel zu ehrgeizig und überlegt sich schon, was sie als Nächstes machen könnte. Momentan jedoch ist sie voll und ganz auf ihr Examenskonzert fokussiert und probt fleißig mit ihrem Orchester. „Der eigentliche Lohn zum Schluss kommt nicht nur durch das Publikum“, meint Sophie Schweizer. „Das Gefühl auf der Bühne, mit dem gesamten Orchester: Wir haben was geschafft – das ist eigentlich das Schönste daran.“