Nachfolger gesucht
Bei der Übernahme einer Firma gibt es viele Fallstricke. Eine Beratungsstelle unterstützt die Unternehmen
Mertingen/Landkreis Wenn der Chef nicht mehr der Jüngste ist, kommt irgendwann unweigerlich die Frage nach der Nachfolge auf. In großen Firmen ist die Nachbesetzung kein großes Problem, ganz anders sieht es bei inhaber- und familiengeführten Betrieben aus. Laut Handwerkskammer für Schwaben gibt es in ihrem Zuständigkeitsbereich aktuell fast 6000 Betriebe, bei denen das Thema ansteht. Aus Sicht der Kammer besteht Handlungsbedarf, wenn der Chef der Firma über 55 Jahre alt ist.
Leo Anzenhofer, der Unternehmen im Auftrag der Handwerkskammer in den Landkreisen Donau-Ries und Dillingen kostenlos berät, hält es für sinnvoll, so früh mit der Suche nach einem Nachfolger anzufangen. „Wer zu spät anfängt, gerät unter Zeitdruck. Die Suche nach einem Nachfolger ist in der Regel nichts, was über Nacht klappt.“Das zeigt auch das Beispiel von Bedri Zeqa. Er hat vergangenes Jahr die Firma Schweihofer Gerüstbau in Mertingen (Landkreis Donau-Ries) übernommen. Obwohl der 37-Jährige zuvor bereits 13 Jahre als Mitarbeiter in dem Unternehmen tätig war, zogen sich die Verkaufsgespräche fast zwei Jahre.
Schritt in die Selbstständigkeit hatte er zwar zuvor schon gewagt und mit seinen Brüdern einen eigenen Gerüstbau gegründet, der lief aber nebenher an Samstagen. „Wenn man es Vollzeit macht und auch Verantwortung für andere Mitarbeiter trägt, hat es eine andere Dimension. Als Geschäftsmann macht man sich immer Sorgen.“Den Schritt habe er letztlich auch deswegen gewagt, weil die Resonanz bei den Kollegen positiv war und sich ein erfahrener Mitarbeiter bereit erklärte, beim Thema Kalkulation zu unterstützen.
Dass nicht jeder geeignet ist, eine Firma zu leiten, betont Anzenhofer. „Sie müssen Kenntnisse in der Betriebswirtschaft, bei den Steuern und im Bereich Recht haben und Mitarbeiter führen können.“Es sei deshalb durchaus sinnvoll, dass der Interessent mehrere Monate oder ein Jahr in einem Betrieb mitarbeite und so merke, ob es passt oder nicht. Denkbar sei auch, dass der potenzielle Käufer schon einmal Anteile erwirbt am Betrieb. Anzenhofer verweist zudem darauf, dass der Interessent die Belastung nicht unterschätzen dürfe. „Ihm muss klar sein, dass der Arbeitstag künftig oft zwölf Stunden hat.“Und auch das Alter spiele eine Rolle. ZwiDen schen 25 und 35 Jahren sei das ideale Alter, um sich selbstständig zu machen, so der Fachmann. „Sie müssen den Kaufpreis ja auch refinanzieren, vielleicht kommen absehbar auch noch größere Investitionen auf den Investor zu und nebenher will er oder sie auch noch ausreichend verdienen, um selber vernünftig leben zu können.“
Insgesamt 60 Personen hat er im vergangenen Jahr zum Thema Nachfolgersuche beraten und begleitet. Die Unternehmer erhalten von ihm und seinen Kollegen unter anderem auch kostenlose Unternehmensbewertungen. Ein wichtiger Baustein für die späteren Verhandlungen. „Wir haben immer wieder den Fall, dass der aktuelle Eigentümer unrealistische Preisvorstellungen hat. Das ist zwar nachvollziehbar, schließlich stecken da teils 40 Jahre Lebensleistung drin, aber betriebswirtschaftlich gibt es das eben nicht her“, so Anzenhofer.
Auch Zeqa ist froh, dass er durch Zufall auf das Angebot der Handwerkskammer aufmerksam wurde und Unterstützung bekam. Die Bank wollte ihm nämlich zunächst keinen Kredit gewähren. „Ich habe zwar für viel Geld für meinen eigenen Betrieb Gerüste gekauft, aber die Bank hat es nicht als Wert akzeptiert, weil sie gebraucht sind.“Der Bankberater kennt allerdings Anzenhofer und schickte den Jungunternehmer zu ihm. „Ich hatte noch nie von diesem Angebot der Kammer gehört, das war wirklich Glück“, sagt Zeqa. Vertreter der Handwerkskammer treffen sich in regelmäßigen Abständen mit Bankvertretern, um für ihr Angebot zu werben und es immer wieder in Erinnerung zu rufen.
Zeqa präsentierte Anzenhofer sein Vorhaben und die Kaufsumme, die sich der vorherige Besitzer Helmut Schweihofer vorstellte. Nach der Analyse nannte ihm Anzenhofer einen Preis, der aus seiner Sicht gerechtfertigt war und über den er nicht drüber gehen sollte. „Letztlich war das dann auch der Verkaufspreis“, so der 38-Jährige. Was ihm auch zugutekam: Anzenhofer machte ihn auf die Bayerische Bürgschaftsbank aufmerksam, die staatliche Ausfallbürgschaften bereitstellt.
Dass er nun Vollzeit-Geschäftsführer ist, hat Zeqa bislang nicht bereut. Er sei für dieses Jahr bereits ausgebucht und die Aussichten seien glänzend. „Aufgrund der strengeren Vorschriften sind Gerüste bei immer mehr Arbeiten inzwischen vorgeschrieben.“Er will deswegen auch neue Mitarbeiter einstellen. Die werde er aber wohl im Ausland suchen, weil der hiesige Markt „leer gefegt“sei, so der Geschäftsmann.