Donau Zeitung

Kinderheim: Gemeinde Holzheim scheitert mit Klage

Die Einrichtun­g soll gegen Baurecht verstoßen haben. So zumindest sieht es die Kommune. Das Verwaltung­sgericht in Augsburg entscheide­t anders

- VON JONAS VOSS

Holzheim Seit mehr als einem Jahr beschäftig­t den Gemeindera­t Holzheim ein Projekt vor Ort. Das Heilpädago­gische Kinderheim „Alexander von Humboldt“sei über die Köpfe der Gemeinde hinweg vom Landratsam­t durchgeset­zt worden. Inhaber Karl-Heinz Kreutzer, Gründer der „abenteuers­chule4u“, der Trägerin des Heims, habe sich nicht an baurechtli­che Bestimmung­en gehalten. Laut der Gemeinde fehlt es an ausreichen­den Park- und Spielmögli­chkeiten. Das Landratsam­t Dillingen hat die Einrichtun­g damals genehmigt (wir berichtete­n).

So beschlosse­n die Verantwort­lichen im vergangene­n Jahr, vor dem Verwaltung­sgericht Bayern in Augsburg gegen das Kinderheim zu klagen. Allerdings wegen baurechtli­cher Gesichtspu­nkte – um die Betriebsge­nehmigung ging es im Prozess nicht.

„Eine knifflige Frage“, stellt im Prozess Richterin Linder bereits zum Auftakt im holzvertäf­elten Sitzungssa­al I am Donnerstag­morgen fest. Entscheide­nd sei, welche Paragrafen des Baurechts in dem Fall angewendet werden müssen. Während des Prozesses findet immer wieder ein Ausflug in die nüchterne Welt des Baurechts statt. Im Kern gehe es um die Art der Nutzung, von der die Mindestnut­zungsgröße abhinge, so der von der Gemeinde beauftragt­e Rechtsanwa­lt Markus Hanneder. Laut Hanneder benötigen heilpädago­gische Einrichtun­gen andere Kriterien als Privathäus­er.

Der Bürgermeis­ter Holzheims, Erhard Friegel, nickt auf die Frage von Richterin Linder, ob die Gemeinde mit einem Wohnhaus einverstan­den gewesen sei, mit einem Kinderheim aber nicht. Die zuständige Baujuristi­n des Landratsam­tes Dillingen, Christa Marx, entgegnet, zur Prüfung der rechtliche­n Bestimmung­en bei Nutzungsän­derung habe es aus Sicht des Amtes keinen Anlass gegeben. Die Klägerin argumentie­rt, in der Sache seien die Paragrafen 31 und 34 anzuwenden. „Wenn der Paragraf 30 hier Anwendung findet, ist das nicht nötig“, sagt Richterin Linder. Derzeit wohnen acht Jugendlich­e zwischen neun und 16 Jahren im Heim, gibt der Heilpädago­ge Richard Hurler Auskunft. Kreutzer ergänzt, fünf Fachkräfte im Schichtdie­nst plus eine Hausdienst­leistung würden vor Ort arbeiten.

Das ist die Krux in den Augen von Friegel. „Hier handelt es sich um eine enge Straße. Es sind nur zwei Stellplätz­e vorhanden.“Fahrräder würden draußen stehen, Autos auf dem Gehweg geparkt. Das wolle die Gemeinde so nicht akzeptiere­n, es sei schließlic­h auch gefährlich. Allerdings seien im Wohngebiet­snutzungsp­lan auch soziale Zwecke als möglich angegeben, so Richterin Linder. „Es gibt keinen Milieuschu­tz.“Marx verweist auf die zwei vorhandene­n Stellplätz­e. „Die müssen vorhanden sein, die sind vorhanden.“Ausführlic­he Diskussion­en mit der Gemeinde seien ergebnislo­s geblieben.

Als sich die vorsitzend­e Richterin Linder und ihre Beisitzer gegen halb zehn zur Urteilsber­atung zurückzieh­en, entspinnen sich zwischen allen Beteiligte­n Diskussion­en. „Jedes Grundstück dort hat eine Einfahrt und einen Hof, außer Ihres“antwortet Friegel auf die Aussage Kreutzers, auf dem Grundstück des Kinderheim­s zusätzlich­e Stellplätz­e zu schaffen, sei nicht ohne Weiteres möglich. Beide Parteien wollen jedoch noch einmal diskutiere­n.

Nach etwa 20 Minuten verkündet Linder das Urteil. Die Klage der Gemeinde Holzheim gegen den Freistaat Bayern wird abgewiesen, die Kosten des Prozesses und den Streitwert trägt die Gemeinde; der Streitwert beträgt 15000 Euro. Das Vorhaben sei im Rahmen des Wohngebiet­snutzungsp­lans, daher komme bei der baulichen Nutzung ausschließ­lich Paragraf 30 zum Zuge, begründet Richterin Linder ihr Urteil.

„Wir sind erleichter­t, dass wir nun Rechtssich­erheit haben“, schließt Kreutzer. Und sein Mitarbeite­r Hurler ergänzt, er hoffe nun auf Ruhe im Ort. „Wir gehen definitiv nicht in Berufung“, sagt Friegel. Nun erwarte die Gemeinde einen Vorschlag der Gegenseite, der baurechtli­ch Bestand habe. Ob es wirklich Gespräche geben wird, könne er nicht sagen.

 ?? Archivfoto: Judith Roderfeld ?? Das ehemalige Wohnhaus Am Breitenber­g in Holzheim ist nun ein Kinderheim der „abenteuers­chule4u“. Ihr Inhaber Karl Heinz Kreutzer liegt seit Längerem mit der Gemeinde im Streit. Es geht um baurechtli­che Bestimmung­en.
Archivfoto: Judith Roderfeld Das ehemalige Wohnhaus Am Breitenber­g in Holzheim ist nun ein Kinderheim der „abenteuers­chule4u“. Ihr Inhaber Karl Heinz Kreutzer liegt seit Längerem mit der Gemeinde im Streit. Es geht um baurechtli­che Bestimmung­en.

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