Kinderheim: Gemeinde Holzheim scheitert mit Klage
Die Einrichtung soll gegen Baurecht verstoßen haben. So zumindest sieht es die Kommune. Das Verwaltungsgericht in Augsburg entscheidet anders
Holzheim Seit mehr als einem Jahr beschäftigt den Gemeinderat Holzheim ein Projekt vor Ort. Das Heilpädagogische Kinderheim „Alexander von Humboldt“sei über die Köpfe der Gemeinde hinweg vom Landratsamt durchgesetzt worden. Inhaber Karl-Heinz Kreutzer, Gründer der „abenteuerschule4u“, der Trägerin des Heims, habe sich nicht an baurechtliche Bestimmungen gehalten. Laut der Gemeinde fehlt es an ausreichenden Park- und Spielmöglichkeiten. Das Landratsamt Dillingen hat die Einrichtung damals genehmigt (wir berichteten).
So beschlossen die Verantwortlichen im vergangenen Jahr, vor dem Verwaltungsgericht Bayern in Augsburg gegen das Kinderheim zu klagen. Allerdings wegen baurechtlicher Gesichtspunkte – um die Betriebsgenehmigung ging es im Prozess nicht.
„Eine knifflige Frage“, stellt im Prozess Richterin Linder bereits zum Auftakt im holzvertäfelten Sitzungssaal I am Donnerstagmorgen fest. Entscheidend sei, welche Paragrafen des Baurechts in dem Fall angewendet werden müssen. Während des Prozesses findet immer wieder ein Ausflug in die nüchterne Welt des Baurechts statt. Im Kern gehe es um die Art der Nutzung, von der die Mindestnutzungsgröße abhinge, so der von der Gemeinde beauftragte Rechtsanwalt Markus Hanneder. Laut Hanneder benötigen heilpädagogische Einrichtungen andere Kriterien als Privathäuser.
Der Bürgermeister Holzheims, Erhard Friegel, nickt auf die Frage von Richterin Linder, ob die Gemeinde mit einem Wohnhaus einverstanden gewesen sei, mit einem Kinderheim aber nicht. Die zuständige Baujuristin des Landratsamtes Dillingen, Christa Marx, entgegnet, zur Prüfung der rechtlichen Bestimmungen bei Nutzungsänderung habe es aus Sicht des Amtes keinen Anlass gegeben. Die Klägerin argumentiert, in der Sache seien die Paragrafen 31 und 34 anzuwenden. „Wenn der Paragraf 30 hier Anwendung findet, ist das nicht nötig“, sagt Richterin Linder. Derzeit wohnen acht Jugendliche zwischen neun und 16 Jahren im Heim, gibt der Heilpädagoge Richard Hurler Auskunft. Kreutzer ergänzt, fünf Fachkräfte im Schichtdienst plus eine Hausdienstleistung würden vor Ort arbeiten.
Das ist die Krux in den Augen von Friegel. „Hier handelt es sich um eine enge Straße. Es sind nur zwei Stellplätze vorhanden.“Fahrräder würden draußen stehen, Autos auf dem Gehweg geparkt. Das wolle die Gemeinde so nicht akzeptieren, es sei schließlich auch gefährlich. Allerdings seien im Wohngebietsnutzungsplan auch soziale Zwecke als möglich angegeben, so Richterin Linder. „Es gibt keinen Milieuschutz.“Marx verweist auf die zwei vorhandenen Stellplätze. „Die müssen vorhanden sein, die sind vorhanden.“Ausführliche Diskussionen mit der Gemeinde seien ergebnislos geblieben.
Als sich die vorsitzende Richterin Linder und ihre Beisitzer gegen halb zehn zur Urteilsberatung zurückziehen, entspinnen sich zwischen allen Beteiligten Diskussionen. „Jedes Grundstück dort hat eine Einfahrt und einen Hof, außer Ihres“antwortet Friegel auf die Aussage Kreutzers, auf dem Grundstück des Kinderheims zusätzliche Stellplätze zu schaffen, sei nicht ohne Weiteres möglich. Beide Parteien wollen jedoch noch einmal diskutieren.
Nach etwa 20 Minuten verkündet Linder das Urteil. Die Klage der Gemeinde Holzheim gegen den Freistaat Bayern wird abgewiesen, die Kosten des Prozesses und den Streitwert trägt die Gemeinde; der Streitwert beträgt 15000 Euro. Das Vorhaben sei im Rahmen des Wohngebietsnutzungsplans, daher komme bei der baulichen Nutzung ausschließlich Paragraf 30 zum Zuge, begründet Richterin Linder ihr Urteil.
„Wir sind erleichtert, dass wir nun Rechtssicherheit haben“, schließt Kreutzer. Und sein Mitarbeiter Hurler ergänzt, er hoffe nun auf Ruhe im Ort. „Wir gehen definitiv nicht in Berufung“, sagt Friegel. Nun erwarte die Gemeinde einen Vorschlag der Gegenseite, der baurechtlich Bestand habe. Ob es wirklich Gespräche geben wird, könne er nicht sagen.