Synlab unter Verdacht
Zoll durchsucht mehrere Standorte
Augsburg Mehrere Standorte des Labordiagnostik-Konzerns Synlab in Deutschland sind am Mittwoch der vergangenen Woche vom Zoll durchsucht worden. Wie die Augsburger Staatsanwaltschaft auf Anfrage bestätigt, läuft in dem Zusammenhang derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen neun Beschuldigte. Es geht offenbar um den Verdacht, dass Fahrer als Scheinselbstständige beschäftigt worden sein könnten. Die Razzia fand nach Informationen unserer Zeitung unter anderem am Synlab-Standort in Augsburg statt.
Synlab ist einer der größten Anbieter von Labordienstleistungen weltweit. Für den Konzern arbeiten etwa 19000 Mitarbeiter in über 40 Ländern und auf vier Kontinenten. Der Jahresumsatz der Gruppe betrug nach Auskunft von Synlab zuletzt rund 1,9 Milliarden Euro. In Augsburg arbeiten alleine für die zentrale Synlab Holding Deutschland GmbH rund 400 Menschen.
Erst kürzlich hatte die Staatsanwaltschaft in einem ähnlich gelagerten Fall Anklage gegen den Labormediziner Bernd Schottdorf und seine Ex-Frau erhoben. Auch dabei geht es um den Vorwurf der Scheinselbstständigkeit von Kurierfahrern. Im Fall Schottdorfs steht der Verdacht im Raum, dass die Sozialkassen um mehr als 14 Millionen Euro geprellt worden sein könnten. Ermittelt worden war seit 2014.
Ein Ende des Ermittlungsverfahrens im Fall Synlab ist aktuell noch nicht absehbar. Es sei bei der Durchsuchung umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden, das nun ausgewertet werden müsse, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Das dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen. Vom Synlab-Konzern heißt es auf Anfrage, man arbeite mit den zuständigen Behörden zusammen und sei dabei, die in dem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe im Bereich der Logistik zu prüfen. Weitere Auskünfte zu der Thematik könne man derzeit nicht geben. Gersthofen Mit einem Läuten öffnet sich die Ladentür und der Kunde steht in der bunten Welt der Parfümerie Kirner in Gersthofen im Landkreis Augsburg. Neben Lippenstiften von Dior, Make-up von Lancôme und Düften von Chanel. Zwei junge Frauen grüßen freundlich und fragen, ob sie helfen können. Können sie nicht. Denn heute soll es nicht um den wirklich existierenden Laden des Familienunternehmens gehen, sondern um den virtuellen, den Online-Shop.
Am Ende des
Raums wartet schon Martin
Schaner. Er ist
23 Jahre alt und seine Aufgabe ist es, die Glitzerwelt der Parfümerie ins Internet zu bringen. In diesem Jahr wird der junge Mann, dessen Mutter, Hanni Schaner, den Familienbetrieb leitet, eine Ausbildung zum E-Commerce-Kaufmann beginnen. Die Lehre wird ab Herbst 2018 zum ersten Mal angeboten.
Die Schaners waren die Ersten in Schwaben, die einen solchen Lehrvertrag unterschrieben haben. Denn sie brauchten einen Fachmann für das Internet-Geschäft. Jemanden, der sich um die Kunden kümmert, um den Versand und darum, dass die Homepage gut aussieht. Bei der Industrie- und Handelskammer Schwaben hatten sie nachgefragt, in welchem Bereich man einen Mitarbeiter findet, der das alles kann. „Aber diese Mischung aus kaufmännischem Wissen, Warenkunde und IT-Kenntnissen ist bislang keine Selbstverständlichkeit“, sagt Geschäftsführerin Schaner. Die IHK habe sie darauf hingewiesen, dass es den neuen Lehrberuf gebe. Also entschied die Familie gemeinsam, dass Sohn Martin die Lehre macht.
Er hatte zuvor schon eine Ausbildung zum Chemikanten abgeschlossen und auch in dem Beruf gearbeitet, dann aber gesundheitliche Probleme bekommen. Der 23-Jährige gibt offen zu, dass er am Anfang Zweifel hatte, ob die Zusammenarbeit mit seinen Eltern gut laufen wird. „Aber es ist völlig unproble-
matisch“, sagt er. Das Geschäft liegt ihm am Herzen: „Ich habe hier schon als kleiner Bub mit meinem Opa Fußball gespielt. Und da war ich schon immer in einem gewissen Zwiespalt, weil ich will, dass der Laden fortbesteht.“Um das zu erreichen, organisiert Schaner die Zukunft – den Online-Handel. Denn obwohl die Ausbildung noch nicht begonnen hat, verbringt er schon heute jeden Tag viel Zeit damit, den Internet-Shop der Parfümerie zu betreuen. „Ich telefoniere mit Kunden oder schreibe E-Mails und beantworte Fragen“, erzählt er. Er kümmert sich auch um den Versand der Produkte und überlegt, wie die Internetseite gestaltet werden soll.
Die Website ist das Schaufenster der Parfümerie im Netz. „Wir würden niemals auf den persönlichen Kontakt verzichten“, sagt seine Mutter. Gerade wenn es darum gehe, welches Make-up wie aussieht, welcher Duft wie riecht oder
welche Creme gut für die Haut ist, sei es wichtig, die Produkte vor Ort zu testen.
Während ein Einzelhandelskaufmann wissen muss, wie man die Waren im Laden präsentiert und welche Aktionen man den Kunden bieten kann, muss sich Martin Schaner dasselbe überlegen – nur eben fürs Internet. Er macht sich Gedanken, welche Dinge den Kunden im Netz gefallen. Gerade baut er etwa einen „Barber Shop“auf der Homepage auf. Dort soll es später alles für den Mann geben: Rasur-Utensilien, Aftershave, Bartöl, Hautcreme, Shampoo und Parfüm. „Daran wird deutlich, dass man sich mit den Produkten, die man verkauft, auskennen sollte“, sagt Schaner. Denn er muss die Waren den richtigen Kategorien zuordnen, damit der Kunde sie sofort findet – und bei Fragen die richtige Antwort kennen.
Dazu sollte ein E-CommerceKaufmann Spaß haben, Dinge zu
gestalten. Damit die Internetseite ansprechend aussieht, macht Schaner manches Foto selbst und montiert in einem Bildbearbeitungsprogramm Schrift auf die Bilder. Außerdem muss er den Warenaus- und -eingang kontrollieren und das Lager überwachen. Das Marketing darf dabei nicht zu kurz kommen. Schaner sagt: „Ich überlege mir, wie wir Aktionen im Netz bewerben – etwa mit Gewinnspielen in den Sozialen Medien.“Durch die Ausbildung hofft der junge Mann für alles, was er schon macht, das Fachwissen zu bekommen – denn dass detailliertere Kenntnisse nützlich sind, hat er schon jetzt bemerkt. „Am Ende habe ich die Verantwortung, dass Kunden sich auf unserer Homepage wohlfühlen und Produkte kaufen“, sagt der baldige Azubi. Er ist froh, dass es den Kaufmann für Internethandel gibt. „Im Verkauf in der Parfümerie hätte ich mich nicht so wohl gefühlt wie jetzt“, räumt er ein.