Albtraum Fahrschule
Eine Fahrschulinhaberin klagte im Interview mit unserer Zeitung über mangelnden Respekt vor Fahrlehrern. Im Internet berichten nun ehemalige Fahrschüler von ihren Erfahrungen. Und die sind teils schockierend
Augsburg Fahrschulinhaberin Michaela Burgmeier redete in der Mittwochsausgabe unserer Zeitung Klartext. Die Ingolstädterin beklagte sich anlässlich steigender Durchfallquoten in den Führerscheinprüfungen unter anderem über einen zunehmenden Respektverlust gegenüber Fahrlehrern und dem Führerschein an sich. „Zu uns kommen Leute, die ins Auto springen und sagen: ,Ich mache jetzt schnell meinen Führerschein‘“, sagte die 50-Jährige. Mit Aussagen wie diesen löste sie eine Debatte im Internet aus. Was waren die eigenen Erlebnisse in der Fahrschule? Gehen Fahrlehrer nicht selbst mit schlechtem Beispiel voran? Und: Ist die Jugend von heute wirklich so respektlos? Darüber wird nun heftig diskutiert.
„Als ob es nur an der Jugend heutzutage liegt“, schreibt eine Nutzerin auf Facebook. Es komme genauso darauf an, welcher Fahrlehrer neben einem sitze. Und dann berichtet sie im Telegrammstil von körperlichen Übergriffen: Kopf aufs Lenkrad drücken, weil der Wagen abgestorben ist. Rumbrüllen, so laut, dass selbst ein unbeteiligter Fußgänger auf das Auto zulief. Hand vom Schaltknüppel wegschlagen. Es sind harte Vorwürfe. Und das gleich gegen mehrere Fahrlehrer – denn andere Internetnutzer bestätigen ihre Erfahrungen. „Mein erster Fahrlehrer war genauso. Hat mich ständig wegen belangloser Kleinigkeiten angebrüllt und sogar übelst beleidigt“, schreibt ein Mann. „Mein damaliger Fahrlehrer hat mich begrapscht“, kommentiert eine andere Nutzerin.
Derartige Fälle beschäftigen auch deutsche Gerichte: 2016 etwa wurde ein Chemnitzer Fahrlehrer zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe verurteilt, weil er einer Fahrschülerin an die Brust und in den Slip ge- fasst hatte. Auch dem Amtsgericht Augsburg liegt aktuell ein Fall vor: Ein Fahrlehrer soll 2005 eine 18-Jährige nach überstandener Fahrprüfung zu sich gelockt, mit K.-o.-Tropfen betäubt und anschließend vergewaltigt haben.
Walter Weißmann, Vorsitzender des Landesverbands Bayerischer Fahrlehrer, spricht auf Nachfrage von „extremen Ausnahmefällen“. Sollte es zu Übergriffen kommen, sei es wichtig, sie nicht hinzunehmen. „Ein erster Schritt ist, sich an den Fahrschulinhaber zu wenden“, sagt er. Helfe das nichts, müsse man mit der zuständigen Führerscheinbehörde der Gemeinde oder auch dem Fahrlehrerverband reden.
Eine oberste Beschwerdestelle gebe es, so Fahrlehrer Walter Weißmann, jedenfalls nicht. „Wir sind zwar keine Aufsichtsbehörde, würden aber sofort auf die Fahrschulen zugehen“, sagt er. Er gibt jedoch auch zu bedenken: „Natürlich müssen solche Vorwürfe hinterfragt und die Beschuldigten angehört werden.“
In den Diskussionen im Internet werden vor allem die Fahrlehrer kritisiert. Und deren Verhalten. „Nicht blinken im Kreisverkehr, Abblendlicht defekt, Handy am Ohr, perfekte Vorbilder“, meint ein Nutzer. Auch ist die Rede von Fahrlehrern, die während der Autobahnfahrt einschlafen. Die am Smartphone „daddeln“während der Übungsfahrten. Zudem geht es um finanzielle Ausbeutung. „Fakt ist doch: Fahrschule ist auch ein lukratives Geschäft“, merkt einer an. Darauf antwortet ein anderer: „Den Schüler ewig nicht zur Prüfung anmelden und zig unnötige Zusatzstunden zu fahren, wird auch gern gemacht.“
Doch bei aller Kritik gibt es auch positive Stimmen. Sein Lehrer sei „top“gewesen, lässt ein junger Mann wissen. „Dass der Respekt gegenüber den Fahrlehrern verschwunden ist, stimmt auch.“Ein Internetnutzer sieht verstärkt die jugendlichen Fahrschüler in der Pflicht. Für die Theorie müsse man eben noch „echtes Deutsch“können, schreibt er. „Wenn man sich dann auch noch nichts sagen lässt, sind natürlich immer die anderen, aka die Fahrlehrer, schuld. Wie in der Schule.“
Eine zufriedene Fahrschülerin schreibt: „Mein Fahrlehrer war super, alte Schule.“Sie sei seit zwölf Jahren unfallfrei. Michaela Burgmeier, die Ingolstädter Fahrschulbesitzerin, dürfte das freuen. In dem Interview sagte sie ja auch: „Die Fahrlehrer, die ich kenne, sagen, dass es viele Schüler gibt, mit denen die Arbeit Spaß macht.“