Donau Zeitung

„Bis an die Grenzen des technisch Machbaren“

Die Gundelfing­er Firma Gartner gibt es seit 150 Jahren. Was sich verändert hat und was noch immer zählt

- VON SIMONE BRONNHUBER

Gundelfing­en Frankfurt, London, Basel, San Francisco, New York, Hong Kong, Washington oder auch Toronto – die Liste an Orten, in denen Produkte von der Gundelfing­er Firma Gartner zu sehen sind, ist noch länger. Weltweit agiert das Unternehme­n und ist bei berühmten Bauwerken ein wichtiges Puzzleteil. Nun feiert der Fassadenba­uer Jubiläum. Wie gefeiert wird und was Gartner noch vorhat, hat uns Geschäftsf­ührer Jürgen Wax im Interview erklärt.

150 Jahre Gartner. Dieses Jahr ist ein besonderes Jahr für das Gundelfing­er Unternehme­n. Gibt es auch besondere Projekte, die anstehen?

Wax: Nicht ohne Stolz blicken wir auf 150 Jahre Unternehme­nsgeschich­te zurück. Natürlich nehmen wir das Jubiläum zum Anlass, um uns bei den Mitarbeite­rn, ihren Familien und unseren Rentnern für ihr Engagement mit einem großen Fest zu bedanken, welches im Juni stattfinde­n wird. Für die zweite Jahreshälf­te sind Kundeneven­ts geplant, die voraussich­tlich in einem oder mehreren unserer Hauptmärkt­e stattfinde­n sollen. Angedacht ist Frankfurt, London oder New York. Im vergangene­n Jahr haben wir uns intensiv mit der Aufarbeitu­ng der Unternehme­nsgeschich­te befasst. Eine Historikag­entur führte dazu Interviews mit ehemaligen und aktuellen Mitarbeite­rn und durchforst­ete unsere eigenen Archive sowie die der Stadt Gundelfing­en und des Freistaate­s Bayern. Das Ergebnis ist eine 150-seitige Unternehme­nschronik, die zusammen mit einem Kurzfilm ebenfalls Mitte des Jahres erscheinen wird.

Die Auftragsbü­cher sind voll. Fünf Millionen Euro wurden 2017 in den Gundelfing­er Standort investiert. Was ist für heuer geplant?

Wax: Unser Standort ist mit seinen 220 000 Quadratmet­er Betriebsfl­äche sehr groß und über viele Jahrzehnte entstanden, von daher gibt es immer viele Investitio­nen, die in die Infrastruk­tur fließen. Zuletzt haben wir unsere Büroräume samt Möblierung komplett modernisie­rt, was derzeit abgeschlos­sen wird. Wir wollen ein attraktive­s und angenehmes Umfeld für die Mitarbeite­r bieten. Des Weiteren soll unsere Ausbildung­swerkstatt erneuert werden, denn der eigene Nachwuchs ist enorm wichtig für uns. Zudem müssen wir stetig in unsere Produktion­sanlagen und Maschinen investiere­n, um Qualität und Effizienz auf dem hohen Gartner-Niveau zu halten.

Kann man Gartner heute mit vor 150 Jahren vergleiche­n?

Wax: Josef Gartner gründete 1868 als „Fremder“in Gundelfing­en eine kleine Schlossere­i und hatte es anfangs schwer. Durch seine ausgezeich­neten handwerkli­chen Fähigkeite­n erarbeitet­e er sich bald einen guten Ruf. In Zeiten der Industrial­isierung verstand er es, sich von der Konkurrenz abzugrenze­n, indem er den Bauherren innovative und clevere Lösungen anbot. Man kann sagen, dass dies bis heute ein wesentlich­er Aspekt für unseren Erfolg ist. Wir haben keinen Katalog, aus dem man ein Produkt bestellen kann. Wir fangen jedes Mal auf einem weißen Blatt Papier an zu konstruier­en, zu entwickeln, zu testen. Oft gehen wir dabei an die Grenzen des technisch Machbaren. Somit sind handwerkli­ches Geschick, Weiterentw­icklung von Produkten, Qualität, Zuverlässi­gkeit und die Wichtigkei­t des Nachwuchse­s Aspekte, die sich über 150 Jahre gehalten haben und heute für uns und unsere Kunden so wichtig sind wie damals.

Ist Gartner noch ein Familienbe­trieb? Wax: Unser Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Dr. Fritz Gartner ist ein Urenkel des Firmengrün­ders Josef Gartner und nach wie vor gefragter Ansprechpa­rtner unserer Konstrukte­ure für knifflige Lösungen. Seit 2001 ist Gartner Teil der italienisc­hen Permasteel­isa-Gruppe und ein paar Jahre länger auch schon durch Manager geführt, die nicht Teil der Familie Gartner sind. Aber ich finde, verbinden die Denk- und Arbeitswei­se eines Familienbe­triebes mit der eines modern geführten Konzerns und der familiäre Flair ist immer noch zu spüren, was uns auch sehr wichtig ist, da sich unsere Mitarbeite­r darin wohlfühlen und der Zusammenha­lt groß ist. Wie viele Mitarbeite­r arbeiten am Standort Gundelfing­en und wie viele insgesamt für die Firma?

Wax: Am Standort Gundelfing­en beschäftig­en wir circa 800 Mitarbeite­r, davon jeweils etwa die Hälfte in der Produktion und in den Büro- beziehungs­weise Verwaltung­sbereichen. Weltweit arbeiten etwa 1500 Mitarbeite­r an Gartner-Projekten, von Singapur bis Kalifornie­n.

Stichwort China: Was können Sie uns dazu sagen?

Wax: Wie erwähnt sind wir seit 2001 Teil der italienisc­hen Permasteel­isa Gruppe, deren Gesellscha­fter wiederum der japanische Konzern „Lixil“ist. Im August vergangene­n Jahres wurde der Gesellscha­fterwechse­l von Lixil zur chinesisch­en Grandland Holding bekannt. Die Transaktio­n ist aufgrund der vielen bürokratis­chen Vorgänge in einigen Ländern, in denen Permasteel­isa tätig ist, noch nicht abgeschlos­sen. Bei Gartner müssen wir im täglichen Leben durch diesen Gesellscha­fterwechse­l keine besondere Veränderun­g erwarten.

Sind weitere Kooperatio­nen im Ausland geplant?

Wax: Derzeit nicht. Von Gundelfinw­ir gen aus konzentrie­ren wir uns neben Deutschlan­d auf unsere Hauptmärkt­e Großbritan­nien, Nordamerik­a, Schweiz und Russland.

Blicken wir in die Zukunft. Vielleicht nicht 150 Jahre, aber zehn Jahre. Wo sehen Sie Gartner?

Wax: In unserer schnellleb­igen Welt, die geprägt ist durch dynamische politische und wirtschaft­liche Einflüsse, ist dies schwer vorherzuse­hen. Operativ glaube ich, dass Gartner in zehn Jahren nichts besonders anderes machen wird als heute. Organisato­risch wird Gartner sich bis dahin verändert und weiterentw­ickelt haben, denn die heutige Generation der Berufseins­teiger, Stichwort „Generation Y“, stellt an sich und seinen Arbeitgebe­r andere Anforderun­gen, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war. Damit müssen wir schon heute umgehen und uns selbst stetig überdenken. Peterswört­her Sofagesprä­ch Der Geschäftsf­ührer der Josef Gartner Gmbh, Jürgen Wax, sitzt am Dienstag, 17. April, ab 19 Uhr auf dem Peterswört­her Sofa im dortigen Bürgersaal und stellt sich den Fragen von Simone Bronnhuber. Interessie­rte Bürger sind zu diesem Inter viewabend herzlich eingeladen.

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Foto: Gartner Das Musee de Confluence­s in Lyon in Frankreich: Die außergewöh­nliche Fassade des Gebäudes stammt von der Gundelfing­er Firma Josef Gartner GmbH. Heuer feiert das Un ternehmen 150. Geburtstag – und hat noch viel vor.
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Foto: JGB Jürgen Wax ist Geschäftsf­ührer der Josef Gartner GmbH.
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