Wenn es ernst wird, sind sie vorbereitet
Alles können sie nicht durchspielen, aber dennoch sind die Einsatzkräfte in der Region für Notfälle gut gerüstet. Warum gerade Wertingen eine besondere Rolle zufällt
Wertingen/Landkreis Rudolf Eser war nicht da, als es passierte. Der verantwortungsbewusste Feuerwehrkommandant von Wertingen weilte im wohlverdienten Urlaub in Südtirol. Anfang vergangener Woche stürzten Reste einer größtenteils in der Atmosphäre verglühten chinesischen Raumstation in den Pazifik, Europa war – wie so oft in den vergangenen Jahren bei ähnlichen Vorfällen – verschont geblieben. Auch unsere Region, die allerdings wie der engagierte Brandschützer von der Zusam für den Katastrophenfall gut gerüstet dasteht.
Dass selbst drohendes Unheil vom Himmel den höchst erfahrenen und selbstbewussten Floriansjünger kaum aus der Ruhe zu bringen vermag, könnte auch an seinem beruflichen Background liegen. Eser hat nicht nur fast drei Jahrzehnte Feuerwehrdienst im Rücken, sondern auch viereinhalb Jahre als hauptberuflich Löschender. Die RetterFunktion behielt er als kämpfender Soldat bei der Bundeswehr bei. Dort sammelte der wissenshungrige Mann Erfahrungen in Kriegsgebieten wie dem Kosovo. „Man wird mit der Zeit immer ruhiger.“Das ABC des Katstrophenschutzes, bei dem in unserer Region das Landratsamt in Dillingen die Fäden in der Hand hält, beherrscht der Kommandant daher bestens. Die drei Buchstaben stehen für Bedrohungen atomarer, biologischer oder chemischer Art. Das Kürzel war nach dem Ende des Kalten Krieges zwischen West und Ost zumindest in der Öffentlichkeit etwas in den Hintergrund geraten, spielte bei den verschiedenen Diensten der Abwehr aber immer eine wichtige Rolle.
Die Feuerwehren, auf die der Katastrophenschutz im Landkreis besonders baut, verbleiben ohnehin das ganze Jahr über im Alarmmodus. Tag für Tag. Bestes Beispiel sind die Feuerbekämpfer in Wertingen mit ihren mehr als 100 Einsätzen in der Region. Deren ehrenamtliche Kräfte verfügen etwa über spezielle Anzüge für den Einsatz im ABC-Bereich und sind auch für viele der damit verbundenen Szenarien gewappnet. Feuerwehrchef Eser: „Wir müssen jederzeit mit radioaktiver Strahlung rechnen oder feststellen, ob das weiße Pulver am Boden Milzbranderreger oder Backhilfen darstellt und wie die auslaufenden Chemikalien aus einem Transporter zu bekämpfen sind.“Dabei gilt laut Feuergegner Eser stets die sogenannte „Gams“-Regel, die von allen Kollegen zwischen Mittenwald und Flensburg beherzigt wird: „Gefahr erkennen, Abstand halten, Menschen retten sowie Spezialkräfte nachfordern.“
Solche anderen Helfer im Brand-, Zivil- und Katastrophenschutz, die das führende Landratsamt ausdrücklich „jederzeit herzlich willkommen heißt“, hören zum Beispiel auf das Kommando von Hubert Preiß, dem Ortsbeauftragten beim Technischen Hilfswerk THW in Dillingen. Dort machen sich im Ernstfall mindestens 40 Personen mit verschiedenen Spezialfahrzeugen auf den Weg. „Wir haben noch eine Reserve von rund 20 Leuten“, erklärt der THW-Leiter und weist stolz auf seine große Jugendgruppe hin: „Nachwuchsprobleme kennen wir nicht.“
Regelmäßig fänden mit anderen Stellen „Planspiele“statt, etwa die Evakuierung nach einem Unfall im Atomkraftwerk. Übungshalber sei man aber noch nie von einem Absturz eines Weltraumsatelliten oder Ähnlichem ausgegangen. Die Sprecherin der Polizeiinspektion Dillingen, Katharina von Rönn, stellt in Abrede, dass man sich auf jede nur denkbare Situation vorbereiten kann. Die Polizeihauptmeisterin: „Wer geht schon davon aus, dass uns in Dillingen ein Raumschiff auf den Kopf fällt.“Doch THW-Chef Preiß meint: „Man darf in unserer Branche nie etwas für abwegig halten.“Auch von der obersten „Katastrophenschutzstelle“in Dillingen heißt es, dass „ein Tätigwerden bei solchen Ereignissen grundsätzlich nicht ausgeschlossen“ist. Beim aktuellen Vorfall auf der anderen Seite der Erde habe das Landratsamt jedoch keine Alarmbereitschaft angeordnet. Kein Szenario ausschließen wollte ebenso der Rettungsdienstleiter beim BRK-Kreisverband, Harald Bachler: „Letzten Endes ist es egal, ob Schrott vom Himmel fällt, ein Meteorit oder Flugzeug abstürzt – wir setzen alle Hebel in Bewegung und helfen uns auch mit den Nachbarkreisen gegenseitig aus.“
Die führende Hilfsorganisation in Bayern verweist neben den Helfern an der Donau auch auf Rettungsdienstler an der Zusam, etwa den „First Responder“in Wertingen. Verantwortungsträger Bachler, ebenfalls ein gestählter Ex-Bundeswehrsoldat mit langer Einsatzerfahrung, setzt auf die Ruhe, aus der sich Kraft schöpfen lässt: „Nachdem ich von den drohenden Weltraumtrümmern gehört hatte, war mir klar, dass da viele kluge Menschen genau aufpassen und uns warnen würden.“Und: Mit jeder Katastrophe wie Ramstein oder Eschede hätten die Notdienste dazugelernt und Konsequenzen gezogen.