Es betrifft uns alle
Was ist Aufklärung? Das fragte sich einst der Philosoph Immanuel Kant und antwortete mit dem „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“
Angesichts dieser klaren, weithin anerkannten Antwort müssen wir Nutzer sozialer Medien wohl anerkennen – aufgeklärt sind wir noch lange nicht. Würden wir uns ansonsten von einem Konzern so gründlich ausleuchten lassen? Facebook-Mitarbeiter können einzelne Nachrichten der Plattformen wie ein offenes Buch mitlesen. In Kooperation mit Datenhändlern weiß Facebook so gut wie alles über uns: Mit wem wir zusammen leben, wo und wie wir wohnen, über wie viel Geld wir verfügen und wie gesund wir sind. Nutzt jemand Payback oder ähnliche Dienste, kauft Facebook die Daten ein. Surft man im Netz, trackt Facebook die Sitzung. Auch Standortinformationen schöpft der Konzern ab. Viele wissen um die Datensammelwut des Internetgiganten – nur wenige interessiert es. Der Autor dieser Zeilen nimmt sich da nicht aus. Aber was ist, wie von den jungen Diskutanten befürchtet, wenn der Konzern mit Autokraten oder totalitären Staaten kooperiert?
Nun könnte ein standhafter Verweigerer der Dienste von Facebook Inc. meinen, ihn betreffe das alles nicht. Weit gefehlt. Facebook legt sogenannte Schattenprofile an – dort sammeln sie Daten der Menschen, die sich den Diensten verweigern. Telefonkontakte, E-Mails, SMS, alles wird abgesaugt. Surft man ohne Adblocker, erhält der Konzern von bestimmten Websites sensible Daten.
Meist reicht die Nutzung bestimmter Apps des Konzerns, damit man ihm freie Hand über die Privatsphäre lässt. Wenn nicht schon die bloße Anmeldung ausreichend ist. Das alles ist nicht neu, vieles ist seit 2011 bekannt und manches davon wurde in Gerichtsprozessen bereits verbessert. Und nicht alles lässt sich in den Einstellungen der Apps verhindern. Wer sich intensiver mit dem Thema befassen möchte, dem sei netzpolitik.org, ein Portal unabhängiger Datenjournalisten, empfohlen.
Junge Menschen sind sich meist im Klaren darüber, wie viel der Konzern weiß, und was sie alles preisgeben. Doch wie die meisten Nutzer stört es sie nur in seltenen Fällen – die Toleranzen im Bereich Datenschutz haben sich verschoben. Wir geben freiwillig die Kontrolle über unsere Privatsphäre an Dritte und Vierte ab. Bis zur Mündigkeit im Netz ist es für die allermeisten von uns noch ein weiter Weg.