Wie teuer ist eine Diesel-Nachrüstung?
Umweltschützer sagen, dass Software-Updates nicht ausreichen. Nun legt das Umweltbundesamt Zahlen vor, wonach eine technische Nachrüstung billiger wäre als angenommen
Dessau/Berlin Seitdem bekannt ist, dass fast alle deutschen Autohersteller bei den Abgaswerten ihrer Dieselfahrzeuge geschummelt haben, scheiden sich die Geister an der Frage, wie die Autos nachgerüstet werden müssen. Die Autohersteller und auch das Verkehrsministerium sagen: Software-Updates reichen aus. Umweltschützer fordern dagegen seit langem, dass die Autos neue Hardware eingebaut bekommen sollen. Nun hat sich die Chefin des Umweltbundesamtes (UBA) mit neuen Zahlen in diese Debatte eingeschaltet. Im sagte Maria Krautzberger, solche Nachrüstungen könnten im Schnitt für jeweils 2000 bis 3000 Euro möglich sein. Diese Zahlen liegen deutlich unter denen, die eine Analyse von fünf Professoren im Auftrag des Verkehrsministeriums jüngst ergeben hatte. Sie geht von über 5000 Euro pro Auto aus.
Krautzberger betonte, Umrüstungen auf moderne Katalysatoren (SCR), die mit Harnstoff und AdBlue-Zusätzen arbeiten, würden deutlich weniger Geld kosten. Ein Grund der stark abweichenden Kostenschätzungen im Vergleich zu dem Wissenschaftler-Gutachten für das Verkehrsressort erkläre sich wohl „dadurch, dass Händlerpreise statt Einkaufspreise für die Kalkulation der Einzelkomponenten zugrunde gelegt wurden“. Ein anderer ist, dass laut UBA nicht alle Dieselautos nachgerüstet werden müssten. „Wir gehen davon aus, dass nur Diesel-Pkw in Städten mit besonders schlechter Luft nachgerüstet werden müssen“, sagte Krautzberger. In solchen Kommunen drohen für ältere Wagen Fahrverbote.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer lehnt Eingriffe an der Hardware alter Dieselfahrzeuge dagegen ab. Er setzt – wie die Autobranche – auf Software-Updates. Der CSU-Politiker bekräftigte: „Meiner Einschätzung zufolge ist der Effekt von Hardware-Nachrüstungen unzufriedenstellend. Es gibt technische, rechtliche und finanzielle Bedenken. In die alte Diesel-Flotte zu investieren, ist nicht nur eine Investition in die Vergangenheit, sondern braucht auch unglaublich lange Zeit, nämlich eineinhalb bis drei Jahre.“
Die Autoren der Studie für das Verkehrsministerium hatten argumentiert, schon Software-Updates brächten „eine signifikante Verbesserung“der Abgaswerte. Diese könnten zudem „deutlich schneller und überdies flächendeckend im Realverkehr wirksam werden“. In einem anderen Gutachten schrieb Georg Wachtmeister von der Technischen Universität München indes, Umbauten an Motoren von Euro5-Fahrzeugen seien „mit verträglichem Aufwand möglich“. Genannt wurden hier Kosten von rund 3000 Euro pro Auto.
Bei Volkswagen, das den Abgasskandal 2015 durch Manipulationen in den USA ausgelöst hatte, geht derweil die Aufarbeitung weiter. Nachdem Ex-Chef Martin Winterkorn in den USA angeklagt wurde, gibt es dort inzwischen auch einen Haftbefehl wegen Verdachts auf Betrug und Verschwörung.
Die US-Klage hat laut Konzernkreisen die Rechtslage für das Unternehmen nicht verändert. Dennoch sei es auch für die zivilrechtlichen Verfahren vergleichsweise wichtig, was Winterkorn in der Abgasaffäre gewusst habe und was nicht, sagte eine informierte Person der Deutschen Presse-Agentur. Denn auch im Fall der Kundenklagen werde vorgetragen, dass Winterkorn erst im September 2015 zweifelsfrei von den Diesel-Manipulationen erfahren habe. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen ehemalige und aktuelle VWMitarbeiter, etwa wegen Betrugs und Marktmanipulation.
Und VW ist noch auf eine andere Art vom Abgas-Skandal betroffen. Die Umstellung auf den neuen Abgas-Teststandard WLTP könnte bei dem Wolfsburger Konzern zu Lieferengpässen führen. Wenn der Prüfzyklus zur Bestimmung von Verbrauch sowie Schadstoff- und CO2-Emissionen eingeführt wird, seien in der zweiten Jahreshälfte bei der Kernmarke „Anpassungen in der Produktion“möglich, teilte das Unternehmen mit. Man könnte gezwungen sein, einen Teil der normalen Abläufe wegen zusätzlichen Aufwands umzuplanen. Laut einem Bericht der Automobilwoche denkt die VW-Führung über kürzere Werksferien nach. Nach dpa-Informationen geht es allerdings vor allem um mögliche Lieferengpässe.
Auch der Autozulieferer Bosch bekommt wegen des Abgas-Skandals Probleme. Er weigert sich einem Spiegel-Bericht zufolge, in einem Verfahren zum Abgas-Skandal dem Landgericht Stuttgart Einsicht in Dokumente zu geben. Dem Bericht zufolge hatte ein Richter Bosch aufgefordert, verschiedene Unterlagen einzureichen. Das Unternehmen weigerte sich und berief sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht. Ein Bosch-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.
UBA: Hardware Nachrüstung kostet höchstens 3000 Euro