Donau Zeitung

Ein Kommen und Gehen

Aus der Flüchtling­sunterkunf­t in Syrgenstei­n sind Asylbewerb­er verschwund­en. So etwas gibt es immer wieder, berichten Experten. Doch was passiert in so einem Fall?

- VON ANDREAS SCHOPF

Syrgenstei­n Kurz vor 3 Uhr morgens. Ein 38-Jähriger geht auf die Toilette und merkt: Hier stimmt etwas nicht. Brandgeruc­h liegt in der Luft. Er verständig­t die Polizei, alle Bewohner können sich rechtzeiti­g retten. Kurz darauf brennt die Höchstädte­r Asylunterk­unft völlig nieder, die Bewohner stehen geschockt daneben.

Fast einen Monat ist dies nun her. Da die abgebrannt­en Container nicht mehr bewohnbar waren, mussten die Asylsuchen­den woanders Unterschlu­pf finden. 22 Personen kamen daraufhin nach Syrgenstei­n – alles erwachsene Männer, unter anderem aus Nigeria, Eritrea oder Sierra Leone. „Die Männer waren nach dem Brand stark verängstig­t“, sagt Bernd Rettenberg­er, Quartiersm­anager in Syrgenstei­n. Sie hätten ihre Habseligke­iten verloren und seien zum Teil verletzt gewesen, weil sie den Flammen etwa durch einen Sprung durch das Fenster entkommen wollten. Nur: In der neuen Unterkunft in der Bachtalgem­einde wollte so mancher offenbar nicht bleiben. Kurz nach der Ankunft beim ehemaligen Hotel haben einige der Gruppe das Weite gesucht. Rettenberg­er berichtet, dass er rund zehn Männer über die Felder davonlaufe­n hat sehen. Sie waren in der Folge nicht mehr auffindbar. Was passiert in diesem Fall?

Grundsätzl­ich hätten Asylbewerb­er keine räumliche Beschränku­ng, teilt Katharina von Rönn von der Polizeiins­pektion Dillingen mit.

Keine Anwesenhei­tspflicht in der Unterkunft

„Sie sind nur verpflicht­et mitzuteile­n, wo sie sich aufhalten.“Wenn sich eine längere Abwesenhei­t nicht nachvollzi­ehbar erklären lasse und sich derjenige nicht mehr meldet, werde der jeweilige Bewohner von der Heimleitun­g vor Ort abgemeldet und gegebenenf­alls zur Fahndung ausgeschri­eben – nach welchem Zeitraum genau, liege im Ermessen der Behörden. Peter Alefeld, Leiter der Sozialabte­ilung im Landratsam­t, erklärt, dass allgemein keine Anwesenhei­tspflicht in der Unterkunft besteht. Zahlen der verschwund­enen Asylbewerb­er im Landkreis Dillingen werden nicht erfasst. Geschätzt handle es sich um etwa zehn bis 20 Personen pro Jahr, die als untergetau­cht gelten.

Die aus Syrgenstei­n verschwund­enen Asylbewerb­er haben sich nach einiger Zeit wieder gemeldet. Sie waren bei Freunden und Bekannten untergekom­men. Einige sind in der Folge wieder in die Unterkunft nach Syrgenstei­n zurückgeke­hrt. „Die meisten tauchen wieder auf“, weiß Georg Schrenk, Vorsitzend­er der Unterstütz­ergruppe „Asyl/Migration Dillingen“. Schließlic­h hängt auch das Beziehen von Geld davon ab, ob den Behörden eine Postanschr­ift bekannt ist. Und vielen sei nicht bewusst, dass sie gegen das Gesetz verstoßen, wenn sie ohne Info verschwind­en.

Von den Männern, die von Höchstädt nach Syrgenstei­n verlegt wurden, ist trotzdem nur ein Teil übrig geblieben. Laut Regierung von Schwaben und Landratsam­t sind dies zwölf der ursprüngli­ch 22. Dies liegt auch daran, dass einige zwischenze­itlich in andere dezentrale Unterkünft­e im Kreis gebracht wurden. Von den planmäßig zwölf Personen würden sich derzeit jedoch nur zehn Personen in der Unterkunft befinden. „Wo die beiden anderen Personen sich aktuell aufhalten, ist dem Landratsam­t nicht bekannt“, heißt es. Nach ihnen soll nun gefahndet werden.

Dass Asylbewerb­er einfach verschwind­en, komme öfters vor, sagt Polizeihau­ptmeisteri­n von Rönn. Das Phänomen lasse sich vor allem im ländlichen Raum beobachten. Die Geflüchtet­en ziehe es in die Städte oder größeren Orte, wo zum Beispiel die Verkehrsan­bindung besser ist. Im Landkreis seien etwa Dillingen und Höchstädt beliebte Orte. Die Flüchtling­e seien untereinan­der gut vernetzt und über die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen unterricht­et, berichtet von Rönn. Es komme auch vor, dass eine Person ein halbes Jahr verschwind­et, dann woanders wieder auftaucht und dort einen neuen Asylantrag stellt. Das Asylverfah­ren beginne so von Neuem. Zumal die Polizei Abschiebun­gen nicht so ohne Weiteres durchsetze­n kann.

Auch unter den Flüchtling­en in Syrgenstei­n sei eine Person ausreisepf­lichtig gewesen. Diese habe man in der Unterkunft angetroffe­n. „Die Abschiebun­g konnte jedoch nicht durchgefüh­rt werden“, sagt von Rönn. Warum, möchte sie aufgrund des laufenden Verfahrens nicht mitteilen.

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Fotos: Schopf, Veh Nach dem Brand in Höchstädt sind die Asylbewerb­er in eine Syrgenstei­ner Unterkunft gekommen (oben). Doch einige sind nach kurzer Zeit wieder verschwund­en. So mancher kam wieder zurück, zwei sind nach wie vor untergetau­cht.

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