Ein Kommen und Gehen
Aus der Flüchtlingsunterkunft in Syrgenstein sind Asylbewerber verschwunden. So etwas gibt es immer wieder, berichten Experten. Doch was passiert in so einem Fall?
Syrgenstein Kurz vor 3 Uhr morgens. Ein 38-Jähriger geht auf die Toilette und merkt: Hier stimmt etwas nicht. Brandgeruch liegt in der Luft. Er verständigt die Polizei, alle Bewohner können sich rechtzeitig retten. Kurz darauf brennt die Höchstädter Asylunterkunft völlig nieder, die Bewohner stehen geschockt daneben.
Fast einen Monat ist dies nun her. Da die abgebrannten Container nicht mehr bewohnbar waren, mussten die Asylsuchenden woanders Unterschlupf finden. 22 Personen kamen daraufhin nach Syrgenstein – alles erwachsene Männer, unter anderem aus Nigeria, Eritrea oder Sierra Leone. „Die Männer waren nach dem Brand stark verängstigt“, sagt Bernd Rettenberger, Quartiersmanager in Syrgenstein. Sie hätten ihre Habseligkeiten verloren und seien zum Teil verletzt gewesen, weil sie den Flammen etwa durch einen Sprung durch das Fenster entkommen wollten. Nur: In der neuen Unterkunft in der Bachtalgemeinde wollte so mancher offenbar nicht bleiben. Kurz nach der Ankunft beim ehemaligen Hotel haben einige der Gruppe das Weite gesucht. Rettenberger berichtet, dass er rund zehn Männer über die Felder davonlaufen hat sehen. Sie waren in der Folge nicht mehr auffindbar. Was passiert in diesem Fall?
Grundsätzlich hätten Asylbewerber keine räumliche Beschränkung, teilt Katharina von Rönn von der Polizeiinspektion Dillingen mit.
Keine Anwesenheitspflicht in der Unterkunft
„Sie sind nur verpflichtet mitzuteilen, wo sie sich aufhalten.“Wenn sich eine längere Abwesenheit nicht nachvollziehbar erklären lasse und sich derjenige nicht mehr meldet, werde der jeweilige Bewohner von der Heimleitung vor Ort abgemeldet und gegebenenfalls zur Fahndung ausgeschrieben – nach welchem Zeitraum genau, liege im Ermessen der Behörden. Peter Alefeld, Leiter der Sozialabteilung im Landratsamt, erklärt, dass allgemein keine Anwesenheitspflicht in der Unterkunft besteht. Zahlen der verschwundenen Asylbewerber im Landkreis Dillingen werden nicht erfasst. Geschätzt handle es sich um etwa zehn bis 20 Personen pro Jahr, die als untergetaucht gelten.
Die aus Syrgenstein verschwundenen Asylbewerber haben sich nach einiger Zeit wieder gemeldet. Sie waren bei Freunden und Bekannten untergekommen. Einige sind in der Folge wieder in die Unterkunft nach Syrgenstein zurückgekehrt. „Die meisten tauchen wieder auf“, weiß Georg Schrenk, Vorsitzender der Unterstützergruppe „Asyl/Migration Dillingen“. Schließlich hängt auch das Beziehen von Geld davon ab, ob den Behörden eine Postanschrift bekannt ist. Und vielen sei nicht bewusst, dass sie gegen das Gesetz verstoßen, wenn sie ohne Info verschwinden.
Von den Männern, die von Höchstädt nach Syrgenstein verlegt wurden, ist trotzdem nur ein Teil übrig geblieben. Laut Regierung von Schwaben und Landratsamt sind dies zwölf der ursprünglich 22. Dies liegt auch daran, dass einige zwischenzeitlich in andere dezentrale Unterkünfte im Kreis gebracht wurden. Von den planmäßig zwölf Personen würden sich derzeit jedoch nur zehn Personen in der Unterkunft befinden. „Wo die beiden anderen Personen sich aktuell aufhalten, ist dem Landratsamt nicht bekannt“, heißt es. Nach ihnen soll nun gefahndet werden.
Dass Asylbewerber einfach verschwinden, komme öfters vor, sagt Polizeihauptmeisterin von Rönn. Das Phänomen lasse sich vor allem im ländlichen Raum beobachten. Die Geflüchteten ziehe es in die Städte oder größeren Orte, wo zum Beispiel die Verkehrsanbindung besser ist. Im Landkreis seien etwa Dillingen und Höchstädt beliebte Orte. Die Flüchtlinge seien untereinander gut vernetzt und über die rechtlichen Rahmenbedingungen unterrichtet, berichtet von Rönn. Es komme auch vor, dass eine Person ein halbes Jahr verschwindet, dann woanders wieder auftaucht und dort einen neuen Asylantrag stellt. Das Asylverfahren beginne so von Neuem. Zumal die Polizei Abschiebungen nicht so ohne Weiteres durchsetzen kann.
Auch unter den Flüchtlingen in Syrgenstein sei eine Person ausreisepflichtig gewesen. Diese habe man in der Unterkunft angetroffen. „Die Abschiebung konnte jedoch nicht durchgeführt werden“, sagt von Rönn. Warum, möchte sie aufgrund des laufenden Verfahrens nicht mitteilen.