Wie viel Plastik wird wirklich recycelt?
Welche Möglichkeiten es gibt, Kunststoff zu verwerten
Brüssel Wenn Deutsche eins gut können, dann ist das Müll trennen. Und nicht nur das: Seit 2003 stecken sie in dem Glauben, sie hätten einen enormen Dienst an der Umwelt getan, Flaschen in Pfandautomaten. Dabei bleibt oft vergessen, Deutsche trennen nicht nur vorbildlich, sie sind auch Spitze im Produzieren von Müll – nicht zuletzt wegen der PET-Flaschen. Auf jeden Bürger entfallen jährlich 72 Kilogramm Plastikabfall. Entgegen der Annahme, der Großteil werde recycelt, sieht die Realität anders aus.
Zählte das Umweltbundesamt im Jahr 1994 noch 1,4 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle, so stieg die Zahl 2005 auf etwa 3,5 Millionen Tonnen und 2015 sogar auf insgesamt 5,9 Millionen Tonnen. Zuletzt wurden davon nur 45 Prozent recycelt – also zu einem neuen Rohstoff verarbeitet, aus dem neue Produkte entstehen. 53 Prozent der Abfälle wurden verbrannt und zur Stromund Wärmeerzeugung genutzt, auch oft als thermische oder energetische Verwertung bezeichnet. Auf diese Weise werden Kohle und andere fossile Brennstoffe gespart. Die restlichen 70 000 Tonnen wurden rohstofflich verwertet – das heißt der Kunststoff wird in einem chemischen Prozess in seine Einzelteile zerlegt. Daraus werden Heizöl und andere Brennstoffe hergestellt.
Auch wenn die Deutschen viel Plastik produzieren, stehen sie im EU-Vergleich in puncto Recycling gut da. Von den insgesamt 26 Millionen Tonnen Plastikmüll, die jährlich in der Europäischen Union anfallen, würden nur 30 Prozent zur Wiederverwertung gesammelt werden, heißt es seitens der EU. Die Brüsseler Behörde forderte deshalb in ihrer im Januar veröffentlichten Plastik-Strategie, dass die Hälfte aller Kunststoffabfälle bis 2030 recycelt werden soll. Das Umweltbundesamt empfiehlt 55 Prozent.
Recyceln bedeutet, dass der Plastikabfall gesammelt und eingeschmolzen wird und anschließend als sogenannter Sekundärrohstoff in die Herstellung neuer Produkte wandert. Bei den PET-Flaschen ist der Weg zum Beispiel folgender: Die Flaschen werden in deutschen Supermärkten gesammelt und in Ballen gepresst. Lange Zeit wurden sie dann auf Containerschiffen nach China transportiert. Aus den Flaschenschnipseln entstanden neue Hemden, Hosen und Pullis. Laut Recherchen des Naturschutzbundes (Nabu) steckt in einem Paar Socken etwa eine halbe PET-Flasche, in einem T-Shirt sind es etwa sechs Flaschen. Zuletzt trat China bei den Importen von Plastikabfällen aber auf die Bremse.
Aus Styropor lassen sich Kugelschreiber, Handyschalen und Taschenrechner-Gehäuse herstellen. CDs werden zu Computer- und Bildschirmgehäusen. In der Autoindustrie findet sich recyceltes Plastik in Stoßfängern und anderen Formteilen wieder. Lediglich 15 Prozent des recycelten Kunststoffabfalls werden dem Naturschutzbund zufolge zu neuen Getränkeflaschen.