Der Sonnyboy aus Spanien
Pedro Sánchez hat in seiner politischen Karriere schon viele überraschende Wenden erlebt. Nun ist der wortgewandte Sozialist am Ziel – im Regierungspalast
Pedro Sánchez war schon für etliche politische Wunder gut. Auch die Eroberung des Regierungspalastes, die dem Sozialisten jetzt quasi im Handstreich gelungen ist, gehört zu den überraschenden Wenden, die sich wie ein roter Faden durch die politische Karriere des 46-jährigen Spaniers ziehen.
Dabei halfen dem smarten Parteichef zwei Dinge: Sein Charisma, das nicht zuletzt auf seiner rhetorischen Gewandtheit fußt – und sein politischer Instinkt, der ihm signalisiert hat, dass der richtige Zeitpunkt für einen Misstrauensantrag gegen den konservativen Mariano Rajoy gekommen war, der wegen Korruptionsaffären in seiner Partei mit dem Rücken an der Wand stand.
Vor vier Jahren hatte Sánchez, verheiratet und Vater zweier Töchter, als parlamentarischer Hinterbänkler die Parteispitze erobert. Als er seinen Hut in den Ring warf, wurde er noch mitleidig belächelt. Doch dann setzte sich der promovierte Ökonom gegen einen deutlich bekannteren Rivalen durch. Bei der sozialistischen Basis kam der Charme des begeisterten Basketballspielers Sánchez an. Sein SonnyboyImage hatte ihm schon früh den Spitznamen „Pedro el guapo“(Pedro, der Schöne) eingebracht.
Bei den Parteibaronen dagegen hielt sich die Euphorie in Grenzen, da Sánchez auch in den eigenen Reihen aufräumen, den verkrusteten Apparat reformieren und die Sozialisten auf einen progressiveren Kurs trimmen wollte. Im Herbst 2016 sägte ihn der Vorstand ab: Sánchez hatte sich geweigert, eine Minderheitsregierung von Rajoy zu stützen, weil dessen Partei damals schon unter Korruptionsverdacht stand. Schon ein halbes Jahr später feierte Sánchez dann allerdings ein spektakuläres Comeback: Der 1,90-Meter-Mann gewann erneut eine Mitgliederbefragung und kehrte auf den Chefsessel der Arbeiterpartei zurück. „Wenn es Willen gibt und Ideen, dann ist alles möglich“, rief er seinen Anhängern damals zu.
Seitdem arbeitet er daran, die Sozialisten aus dem Umfragetief zu holen. Bei der letzten Wahl kamen sie nur auf knapp 23 Prozent, und auch in den aktuellen Umfragen liegt die Partei kaum besser. Auch deshalb hat Sánchez schon früh damit begonnen, sich die Unterstützung der rasant aufgestiegenen linksalternativen Protestbewegung Podemos für einen Misstrauensantrag gegen Rajoy zu sichern, den er bereits in der Schublade hatte. Außerdem setzte er auf die Hilfe der nationalistischen Parteien aus Katalonien und dem Baskenland, die sich von einem sozialistischen Regierungschef mehr Chancen für ihre Forderungen nach Autonomie versprechen.
Am Freitag hat seine ganz große Stunde geschlagen: Durch den Misstrauensantrag gegen Rajoy und dessen Abwahl im spanischen Parlament ist Pedro Sánchez am Freitag zum Regierungschef aufgestiegen, obwohl seine Partei nur über 84 Sitze verfügt.