Der Bundesbank-Chef gibt nicht auf
Jens Weidmann hat sich als Nachfolger von Mario Draghi als Boss der EZB ins Spiel gebracht. Doch der prinzipienfeste Mann ist in der Eurozone nicht sonderlich beliebt
Wahrscheinlich lässt sich leichter herausfinden, wo die Goldreserven der Bundesbank genau liegen, als den Menschen Jens Weidmann näher kennenzulernen. Einmal wurde der Mann, der 2011 mit 43 Jahren jüngster Bundesbank-Präsident wurde, indiskret gefragt: „Waren Sie in der Schule schon ein Außenseiter?“Das wollte eine Gymnasiastin im Interview von dem Ökonomen wissen, der jüngst durchblicken ließ, im Herbst 2019 Mario Draghi an der Spitze der Europäischen Zentralbank ablösen zu wollen. Jedenfalls gelang der Schülerin mit ihrer Außenseiter-Frage, woran Journalisten bisher gescheitert sind: Sie provozierte Mister Bundesbank immerhin zu zwei persönlichen Sätzen, in denen der Finanzexperte Gefühle zeigte. So sagte Weidmann: „Wie kommt ihr drauf? Ich bin jetzt kein Außenseiter und war auch in der Schule nie einer.“Zumindest erstere Aussage bezweifelte die Schülerin einer neunten Klasse zu Recht und verwies auf Weidmanns Außenseiterrolle im Rat der Europäischen Zentralbank. Dort hat er immer wieder die Nullzinspolitik Draghis kritisiert und sich als hartnäckiger Stabilitätspolitiker profiliert. Der 50-Jährige zeigt hier klare Kante und macht sich damit im Kollegenkreis europäischer Notenbanker keine Freunde. Manch ein aus dem Süden Europas stammendes Mitglied des Zentralbankrates soll schon genervt gewesen sein von professoralbelehrend gehaltenen Vorträgen des auf klare Regeln in der Eurogemeinschaft pochenden Deutschen. Ausgerechnet ein solcher Hardliner soll es an die Spitze der EZB schaffen? Also ein Mann, der es nicht versteht, sich diplomatisch-geschickt Verbündete in anderen Eurostaaten zu verschaffen. Was auffällt: Bundeskanzlerin Angela Merkel, deren geschätzter Wirtschaftsberater Weidmann einst war, macht sich nicht öffentlich für die Wahl ihres Getreuen an die Spitze der EZB stark. Wer sich in Berlin umhört, erfährt, dass die Chancen zumindest derzeit gering seien, Weidmann den Weg an die Spitze der Zentralbank zu ebnen. Warum sich also für seine aussichtslos scheinende Kandidatur zu sehr aus dem Fenster hängen? Das würde Merkels Zurückhaltung erklären. Weidmann gibt aber nicht auf. Der schlanke Mann mit der eckigen Brille und dem blonden, seitengescheitelten Haar ist zäh. Das gilt auch für die Verteidigung seines Privatlebens. Am liebsten belässt es der promovierte Volkswirt dabei, er sei verheiratet, habe zwei Kinder und lebe mit seiner Familie im Rheingau. Dabei nennt er Radfahren und Gärtnern als bevorzugte Freizeittätigkeiten.
Ansonsten schweigt der Bundesbank-Präsident hartnäckig, auch wegen einer schlechten Erfahrung. Er hat nämlich einmal von einem Freund eine Pfingstrose geschenkt bekommen: „Kurz darauf war in einer Zeitschrift zu lesen, dass ich sie züchte.“Überall sei er darauf angesprochen worden, auch wenn es nicht stimme. Seitdem zieht Weidmann um sein Privatleben eine hohe Dornenhecke.