„Vogelschiss“: Gauland rudert zurück
AfD-Chef bezeichnet seine Äußerungen über die Nazi-Zeit als „Dummheit“. Warum seine Partei in Bayern im Wahlkampf auf einen Spitzenkandidaten verzichtet
Nürnberg AfD-Chef Alexander Gauland hat seine Äußerung über die Nazi-Zeit als „missdeutbar und damit politisch unklug“bezeichnet. „Ich habe nichts bagatellisieren, sondern die moralische Verkommenheit von Hitler und seinen Spießgesellen ausdrücken wollen“, sagte Gauland am Samstag in Nürnberg. Er trat dort beim Parteitag der bayerischen AfD auf und sagte in seiner Rede, wegen des NS-Regimes habe es 50 Millionen Tote und darunter sechs Millionen ermordete Juden gegeben – dies „kann mit dem von mir verwendeten Begriff nicht angemessen ausgedrückt werden“. Er fügte hinzu: „Und deshalb war der Begriff eben eine Dummheit.“Der AfD-Fraktionschef im Bundestag hatte beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative im thüringischen Seebach gesagt: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.“Der Satz fiel nach einem Bekenntnis zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus mit Millionen ermordeten Juden und Millionen Kriegstoten.
Bei der Veranstaltung in Nürnberg beschlossen die Mitglieder der AfD, dass sie als einzige Partei in Bayern ohne Spitzenkandidat in die Landtagswahl am 14. Oktober gehen. Die Entscheidung gegen einen Spitzenkandidaten begründete die Partei damit, dass ihr Inhalte wichtiger seien als Gesichter. Die gleichberechtigten Vorsitzenden der sieben Bezirke sollen nun gemeinsam diese Aufgabe übernehmen. Nachdem sich in Nürnberg zunächst eine knappe Mehrheit für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen hatte, die das Wahlprogramm bis Mitte August final beschließen sollte, verabschiedete die Partei das Programm am Sonntagabend doch noch. Inhaltlich will die AfD einen harten Kurs gegen CSU, Islam und Kirchen fahren. In ihrem Wahlprogramm fordert die Partei eine Halbierung des Landtags und eine Amtszeitbegrenzung für Landtagsabgeordnete und Ministerpräsidenten. Die AfD spricht sich zudem für die Einführung von Volksentscheiden nach dem Schweizer Modell sowie die Abschaffung des Beamtenstatus bei Lehrern und der doppelten Staatsbürgerschaft aus. Wie im Bund stellt sich die Partei gegen den Islam: Er gefährde inneren Frieden, Rechts- und Werteordnung und kulturelle Identität. Moscheevereine wie Ditib sollen nach dem Willen der AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Imame, die nicht in Deutschland ausgebildet wurden, sollen hier nicht predigen dürfen. Wie die CSU fordert die AfD eine Wiedereinführung der Bayerischen Grenzpolizei.