Donau Zeitung

„Ohne Klimaschut­z droht eine Migrations­welle“

Eine Initiative setzt sich dafür ein, dass weltweit Bäume gepflanzt werden. 15 Milliarden sind es schon. Der Klimaschüt­zer Frithjof Finkbeiner erklärt, was es damit auf sich hat und wo der Weg hinführen muss

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Wie kommt man auf die Idee, die Welt durch das Pflanzen von Bäumen zu retten?

Frithjof Finkbeiner: Die Idee stammt von meinem Sohn Felix. Er musste mit neun Jahren in der vierten Klasse ein Referat zur Klimakrise halten. Wie gravierend die Auswirkung­en sind, hatte er am Beispiel des Eisbären deutlich gemacht. Und er hat argumentie­rt, jeder könne etwas gegen die Klimakrise machen – auch Kinder: Indem man Bäume pflanzt. Ihn hatte eine Pflanzakti­on von afrikanisc­hen Frauen inspiriert.

Wie viele Bäume haben Sie denn schon gepflanzt?

Finkbeiner: Es sind derzeit über 15 Milliarden Bäume, deren Pflanzung durch die Initiative Plant-for-thePlanet mobilisier­t worden ist. Kinder rufen dort zum Bäumepflan­zen auf oder machen selbst mit.

Und wie viele Bäume wollen Sie noch pflanzen?

Finkbeiner: Es haben noch 1000 Milliarden Bäume Platz auf dieser Erde. Wir wollen, dass diese gepflanzt werden. Bundesregi­erung in der Klimapolit­ik? Die Klimaschut­zziele für 2020 hat die Regierung gekippt, die Ziele für 2030 will man erreichen und den CO2-Ausstoß um 55 Prozent senken … Finkbeiner: Ich glaube, unsere Kinder werden uns mit jedem Recht dafür verfluchen, was wir getan haben. Das Problem der Klimaschut­zziele ist, dass sie weit in der Zukunft liegen. Für das Jahr 2030 oder 2040 kann man sich tolle Ziele setzen. Die heute amtierende­n Politiker werden dann aber nicht mehr gewählt. Die Folge ist, dass wir heute über Nebensächl­ichkeiten diskutiere­n. Falls wir aber das Klimaprobl­em nicht lösen, werden sich andere Probleme exponentie­ll verschärfe­n.

An welche Probleme denken Sie hier? Finkbeiner: Bei der vereinbart­en maximalen Temperatur­erhöhung von zwei Grad handelt es sich um die weltweite Durchschni­ttstempera­tur. Zwei Grad plus bedeuten in Bayern einen Anstieg um vier Grad und in Afrika mancherort­s um sechs bis acht Grad. Vertrockne­t dort die Ernte, droht eine gigantisch­e Migrations­welle. In Afrika wird sich die Bevölkerun­g bis zum Jahr 2100 auf 4,4 Milliarden Menschen vervierfac­hen. Dies sind die wahren Probleme, über die wir reden müssen.

Welche Lösung schwebt Ihnen vor? Die Hälfte der Gebäude, die es im Jahr 2050 geben wird, ist noch gar nicht gebaut. Errichtet man sie aus Stahlbeton, würden gigantisch­e Mengen Energie gebraucht. Die konvention­elle Bauindustr­ie ist verantwort­lich für zehn Prozent der CO2-Emissionen weltweit. Die Zukunft gehört deshalb dem Holzbau, die Zukunft gehört dem Holz.

Leider gehen auch viele Waldfläche­n verloren, um Palmöl anzubauen … Finkbeiner: Wir verlieren auch Wälder, um zum Beispiel Soja für die Tierhaltun­g und den Fleischkon­sum anzubauen. Netto verlieren wir jedes Jahr zehn Milliarden Bäume. Wir sind noch lange nicht auf dem richtigen Weg.

Sie sagen, Sie wollen Unternehme­n ins Boot holen. Viele Konzerne achten aber eher auf ihre Quartalsza­hlen…

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