Die echten Gefahrenstellen
Der goldene Oktober hat ja einen entscheidenden Vorteil: Man kann weiterhin mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren, ohne sich Gedanken über Handschuhe, Mützen oder Thermojacke machen zu müssen. Aber völlig gedankenlos schwingt man sich natürlich trotzdem nicht auf den Sattel. Sobald ich losfahre, mache ich mir etwa Gedanken darüber, was mir unterwegs alles passieren könnte:
Kommt ein kleiner Blätterhaufen in Sicht, male ich mir aus, wie ich ausrutsche. Sehe ich einen Menschen, der am Fahrbahnrand in seinem Auto sitzt, denke ich, dass ich gleich gegen eine sich öffnende Autotür pralle. Radle ich durch die Innenstadt, sehe ich mich mit einem Fußgänger, der vollbepackt die Postfiliale verlässt und weder nach links noch nach rechts schaut, zusammenstoßen. Also bin ich stets auf der Hut. Halte Ausschau nach Risiken, die sich unvermittelt ergeben könnten.
Das Dumme ist nur: Der am weitaus gefährlichsten Stelle auf meiner Radlstrecke bin ich hilflos ausgeliefert – und ich muss sie jedes Mal passieren. Auf meinem Weg vom Büro nach Hause komme ich nämlich durch ein altes Stadttor. Dort fühlen sich ziemlich viele Tauben ziemlich wohl. Sie sitzen gurrend oben im Gebälk und warten nur auf unbescholtene Vorbeifahrer. Die Spuren ihrer Attacken auf Radler – und Autofahrer – lassen sich auf dem Asphalt gut erkennen: Dicht drängen sich weiße Flecken aneinander. Die Zone, in der sie ihre Angriffe starten, ist nicht besonders breit, vielleicht fünfzig Zentimeter. Und doch hat er die Kraft, mich unter Druck zu setzen. Schon hundert Meter vor dem Tor fange ich an, kräftig in die Pedale zu treten. Je schneller ich schließlich bin, desto schwerer ist es für die Vögel, mich zu treffen. Aber die Tiere sind für Genauigkeit bekannt. Sicherlich würden sie es schaffen, genau meinen Kopf zu treffen – durch die Luftschlitze des Fahrradhelms hindurch. Das wäre ziemlich besch ...