Autist im Fanpulk
Trotz Asperger-Syndroms ist Jason mit seinem Vater als „Groundhopper“unterwegs
Kassel Jason sagt, er habe „Krieg im Kopf“. Es seien so viele rasende Gedanken, dass, wenn man versuche sie zu ordnen, man nur scheitern könne. Jason ist Autist, er hat das Asperger-Syndrom. Und Jason ist Fußball-Fan. Er kann sich nicht für einen Verein entscheiden und muss deshalb erst mal alle sehen. Gemeinsam mit seinem Vater hat er in sechs Jahren etwa 90 Stadien besucht. „Wir Wochenendrebellen“, so heißt das bemerkenswerte Buch, das Mirco und Jason von Juterczenka aus Kassel geschrieben haben.
Es ist vielleicht das wahrhaftigste Buch über Fußball seit Nick Hornbys legendärem „Fever Pitch“(Ballfieber). Weil die beiden keine Event-Zuschauer sind, weil der heute so verbreitete Star-Kult keine Rolle spielt. Und vor allem weil Jason, inzwischen 13 Jahre alt, einen verblüffenden Blick auf den Fußball und seine Fans hat. Wieso gibt man nicht jedem einen Ball? Warum gibt es nur eine Halbzeit und keine Vollzeit? Wie groß sind die Löcher im Tornetz? Diese Fragen stellte Jason mit fünf. Und das mit dem Lieblingsklub ist so eine Sache: „Kann man einfach immer am Schluss des Spiels für den Gewinner sein?“
Für ihren Blog haben die beiden im vergangenen Jahr den GrimmeOnline-Award erhalten. Die „Wochenendrebellen“standen dieses Jahr bei der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur auf der Liste der besten Bücher des Jahres. Mit dem Erlös des Werkes unterstützen die von Juterczenkas die Neven-Subotic-Stiftung. „Wir touren durch die Stadien, weil ich dem Sohn damals versprach, er könne sich alle Fußballvereine erst einmal live im jeweiligen Stadion anschauen, bevor er sich entscheidet, welcher Klub sein persönlicher Lieblingsverein sein soll“, sagt der Vater. „Und heute, knappe sechs Jahre später, sind wir in der eigentlichen Kernfrage auch kein Stück weitergekommen. Das hat mich zu einem sehr glücklichen Menschen gemacht.“
Sein Filius hat einen ausgeprägten Regelzwang, das macht viele Dinge schwierig. Zum Beispiel dürfen sich einzelne Bestandteile des Mittagessens nicht berühren – was im ICERestaurant schon mal zu einem Eklat führen kann. Zum allerersten Spiel ging es zum TSV 1860 München in die Allianz-Arena. Beim „Groundhopping mit Asperger“, wie es in dem Blog der beiden heißt, folgten unzählige Stadien. „DFBPokal, Champions League, Relegationsspiele, Abschiedsspiele. Wir nehmen mit, was kommt und ein Ende ist nicht in Sicht“, schreibt Vater Juterczenka. Augsburg Michael Stewart, Trainer der Augsburger Panther, gilt als großer Fan von Halloween. Der gebürtige Kanadier will sich am heutigen DEL-Heimspiel gegen Bremerhaven (19.30 Uhr) bei Möglichkeit aber keine erneute Horror-Klatsche gegen die Norddeutschen einholen. Anfang Oktober gab es bei den Pinguins ein 0:4 – danach startete Augsburg aber eine furiose Serie mit sieben Siegen in acht Spielen. Stewart will den Schwung aus den vergangenen Spielen mitnehmen und kann dabei nahezu auf seinen kompletten Kader zurückgreifen. Nur Kapitän Steffen Tölzer fehlt verletzt.
Unterdessen hat Tabellenschlusslicht Schwenningen die Konsequenzen aus der sportlichen Talfahrt gezogen und sich vom früheren Bundestrainer Pat Cortina getrennt. Nach dem sportlichen Aufschwung in der vergangenen Saison folgte die Talfahrt mit nur zwei Siegen und sieben Punkten aus bisher 14 Saisonspielen. In den kommenden beiden Spielen gegen die Straubing Tigers und bei den Eisbären Berlin am Freitag und Sonntag steht zunächst Manager Jürgen Rumrich an der Bande der Wild Wings. Unterstützt wird er von Co-Trainer Petteri Väkiparta und Torwarttrainer Ilpo Kauhanen. Danach pausiert die DEL wegen des Deutschland-Cups zehn Tage. Der 54-jährige Cortina hatte Schwenningen im Sommer 2016 übernommen und in der vergangenen Saison erstmals seit 22 Jahren in die Play-offs geführt, nachdem das Team die Spielzeiten jahrelang auf den unteren Plätzen beendet hatte.