Brauchen Kinder Religion?
Prof. Georg Langenhorst gibt beim Katholischen Akademikerkreis eine interessante Antwort
Dillingen Kinder religiös erziehen – ja oder nein? „Brauchen“Kinder Religion? Zu diesen Fragen mussten sich die Besucher des Katholischen Akademikerkreises durch Prof. Dr. Georg Langenhorst von der Uni Augsburg nicht mit dürren lehrhaften Antworten abspeisen lassen. Mit jeder Passage seiner lebendig vorgetragenen Ausführungen nahm der Referent seine Zuhörer mit in seine Erfahrungswelt als selbst betroffener Familienvater, als unvoreingenommener Betrachter der Zeitverhältnisse und als theologisch und literarisch beschlagener Experte. Und durchgängig ließ er sie spüren, dass er seine argumentationssicheren Urteile aus dialogbereiter Beschäftigung mit Menschen und ihren Problemen und nicht nur aus abstrakten Theorien gewonnen hatte. So stellte er sich auch gleich zum Einstieg in seinen Vortrag den verschiedenen Meinungen, die zur Frage der religiösen Kindererziehung vorgebracht werden: Ja, sie sei entschieden wichtig – so die Ansicht jedes achten Deutschen. Oder aber: Sie schade jedenfalls nicht – was freilich manche genau gegenteilig bewerten. Noch mal anders: Sie seien zwar nicht uninteressiert an Religion, aber abgestoßen von der Kirche, weshalb sie sich selbst und ihre Kinder von ihr fernhielten.
Auf die wichtigste Begründung für religiöse Erziehung kam Prof. Langenhorst, indem er auf die zwei folgenden Haltungen von Eltern einging: Sie wollten ihrem Nachwuchs lieber nichts auf ihren religiösen Weg mitgeben, weil sie sich im Glauben ja selbst nicht sicher seien, oder um ihre Kinder nicht zu manipulieren, damit diese sich später völlig eigenständig entscheiden könnten. Der Referent bestritt nicht, dass ein Kind auch ohne religiöse Förderung aufwachsen könne. Doch dem hielt er die Überlegung entgegen, dass beispielsweise auch ein Leben ohne Musik denkbar sei, dass deswegen aber kaum jemand seinem Kind diese bereichernde Lebensdimension vorenthielte, sondern sie ihm, wo nicht aus eigenem Vermögen, dann eben mithilfe entsprechend kompetenter Pädagogen, so früh wie möglich zu erschließen trachte.
Gleiches sollte eigentlich im Blick auf alle Grunddimensionen des Menschen gelten. Gerade in der Religion gehe es aber um nichts weniger als „Wahrnehmung, Empfindung, Ausdruck und Gestaltung von Wirklichkeit in all ihren Facetten, ja mehr noch: um das Erahnen von Möglichkeiten, die unsere Erfahrungswelt übersteigen und so Raum geben für Sehnsucht, Hoffnung und Trost“.
Die spezifisch christliche Erziehung vermittle hierzu noch etwas völlig Einzigartiges: Gottes bedingungsloses Ja zum Menschen, nach dem dieser sich ein Leben lang sehne; und darauf aufbauend den Anspruch und die Kraft, auch mit dem Mitmenschen entsprechend umzugehen.
Zum „Wie“der religiösen Erziehung verwies Professor Langenhorst vor allem darauf, dem Kind mittels stimmiger Erzählungen – nicht durch Katechismus-Sätze – dazu zu verhelfen, sich ein Weltbild und eine persönliche Identität aufzubauen und die ganze Bandbreite positiver und negativer Erfahrungen zu deuten.
Die erfrischende Lebensnähe und persönliche Überzeugungskraft des Referenten hielten sein Publikum bis zum letzten Satz „bei der Stange“und sicherten ihm starken hochverdienten Applaus.