Eine Hommage an Pflegekräfte
Der Sänger und Günzburger Intensivpfleger Thomas Stieben hat die Gedanken über seinen Berufsstand in ein Lied gepackt
Herr Stieben, wie ist dieses Lied entstanden?
Thomas Stieben: Ich würde sagen, zwischen Tür und Angel. Herr Mugler, der Direktor Klinikmanagement, kam auf mich zu mit der Bitte, ein Lied für die Pflege zu singen. Es gibt eigentlich nichts Vergleichbares – außer lustige Musikvideos. Eines davon lehnt sich zum Beispiel an Helene Fischers Hit „Atemlos“an und spielt auf einer Krankenstation. Dann heißt es halt „Atemnot in der Nacht“. Ich finde, das wird dem Pflegeberuf nicht gerecht. Deshalb habe ich versucht, ein Lied zu schreiben, das diesen Beruf ein wenig hochhält. Wenn Sie so wollen eine Hommage an Menschen, die in der Pflege arbeiten.
Sie haben für einen Bereich geschrieben, der Ihnen wohlvertraut ist. Sie waren erst Krankenpflegeschüler, dann in der Unfallchirurgie, in der Notaufnahme und sind seit vier Jahren auf der Intensivstation. Außerdem machen Sie gerade eine Fachweiterbildung für Anästhesie und Intensivpflege. Ist der Beruf für Sie auch Berufung und wie eine Glut, die man weiterreichen sollte?
Stieben: Ich denke schon. Wenn man in sich keine Leidenschaft spürt, dann besteht die Gefahr, dass man innerlich auskühlt und den Pflegeberuf nur als Job ansieht. Nur: Hier hat man es mit Menschen zu tun, die schwer erkrankt oder verletzt sind. Deshalb ist Mitgefühl – oder besser: eine Empathie für diejenigen, die uns anvertraut sind –, wichtig.
Aber wenn man alles an sich ranlässt – wirkt das nicht auszehrend?
Stieben: Nicht alles geht einem an die Nieren. Im Laufe der Jahre hat jeder seine Routine entwickelt. Die wirkt wie ein Filter. Eine professionelle Distanz ist gut, eine grundsätzliche nicht.
Andreas Mugler: Die Leidenschaft und soziale Kompetenz, die notwendig ist, um anderen Menschen zu helfen, ist aber nur die eine Seite der Medaille. Das, was zum Beispiel Tom Stieben aktuell macht, ist eine hochprofessionelle Fachweiterbildung, allein mit über 740 Stunden. Und das ist nur der theoretische Teil. In der Praxis unterstützen Pfleger häufig junge Ärzte. Durch die ständige Nähe zum Patienten erkennen sie am ehesten, wenn sich ein Krankheitsbild ändert. Was ich damit sagen will: Empathie ist erfor- derlich, aber ohne Know-how nützt sie nur bedingt etwas.
Wie lange hat es gedauert, bis Sie den Text zur Melodie fertig hatten?
Stieben: Das hat einen Tag gedauert, was ein gutes Zeichen ist, da es aus einem herausfließt.
Ist „Im Herzen der Pflege“Ihr persönlichstes Lied?
Stieben: Es ist eines der persönlichsten. Insgesamt gibt es drei Lieder bisher, für die ich etwas geschrieben habe. Einer dieser drei Songs ist an meine wundervolle Frau gerichtet. Sie kennt ihn noch gar nicht.
Jetzt haben wir Musik, einen Liedtext. Und wie ist es zum Video gekommen?
Stieben: Ich war der Ansicht, dass wir dazu ein Video drehen sollten. Ich habe Süleyman Cemrek gefragt, ob er das machen will. Wir kommen beide aus Offingen – kannten uns nur flüchtig. Aber ich habe Videos von ihm gesehen. Die haben mir gefallen. Und ich habe ihn gefragt, ob er für ein Cover des Sido-Songs „Einer dieser Steine“ein Video machen würde. Ich habe mich beim Drehen mit ihm wohlgefühlt. Das hat gut geklappt.
Süleyman Cemrek: Wir haben im Offinger Wald gedreht. Und es musste auch ganz spontan passieren, weil ich auf Schneefall gewartet hatte. Die Bilder zum Lied hatte ich schon im Kopf. Pflegekräfte am Günzburger Kreiskrankenhaus haben bei dem Videodreh mitgemacht.
Cemrek: So ist es. Es sollte authentisch sein. Nichts Gekünsteltes.
Stieben: Wir hatten uns überlegt, ob jemand eine Notfallsituation simulieren sollte und nachstellt, wie er schnell den Notfallrucksack packt, ihn umschnallt.
Cemrek: Die Idee haben wir aber fallen lassen. Es wäre einfach nicht echt rübergekommen.
Welcher Aufwand wurde für das Video (220 Sekunden) betrieben?
Cemrek: Wir haben hier eineinhalb Tage gedreht. Insgesamt 16 Stunden. Für dreieinhalb Stunden habe ich Material. Für den Schnitt habe ich 50 Stunden gebraucht.
Was war Ihnen in dem Video wichtig?
Stieben: Wer in der Pflege tätig ist, erlebt traurige Augenblicke, Momente des Leids anderer. Aber das, was ich tue, ist etwas, das durchaus Freude macht, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Mir und meinen Kolleginnen und Kollegen macht dieser Beruf viel Spaß, weil er mit Verantwortung zu tun hat.
Cemrek: Das wollten wir mit etwas Positivem am Schluss des Videos rüberbringen. Lassen Sie sich überraschen.