Wie sich die SPD erneuern will
Viel Zuspruch für erstes „Debattencamp“
Berlin
Europa und der Sozialstaat – damit hat SPD-Chefin Andrea Nahles wichtige Themen für das erste sogenannte Debattencamp der SPD gesetzt. Die zweitägige Veranstaltung für die Basis und andere Interessierte mit 30 Workshops und zahlreichen Infoständen ist Teil des Versuchs, das bröckelnde Image der Partei nach schlechten Wahlergebnissen und Umfragetiefs zu retten. Insgesamt 3400 Besucher kamen zu dem ersten von acht Camps – deutlich mehr als erwartet. Darunter auch viele junge Leute.
Die Idee kam grundsätzlich an: Solche Diskussionsforen seien genau das Richtige, sagte eine pensionierte Lehrerin. Die Umsetzung stieß aber teils auf Kritik: zu viele Reden, zu wenig Debatte, meinte ein 58-jähriger Elektrotechniker aus Salzgitter. „Ich will Mitspracherecht.“Ein 20-jähriger Juso zeigte sich ebenfalls enttäuscht: „Ich habe mir eine wirkliche Erneuerung vorgestellt.“Teilweise seien die Debatten zu oberflächlich. Eine junge Politikstudentin fand, dass zu viele hohe Genossen sprächen, und sprach von einer „Profilierungsveranstaltung“.
Die SPD hatte sich viel vorgenommen. Die Themen reichen von Migration, Verkehr und der Abschaffung von Hartz IV zugunsten einer neuen Grundsicherung bis hin zur Digitalisierung und Außenpolitik. Internationale Gäste warben für Europa: Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras etwa erinnerte die europäische Sozialdemokratie an die Notwendigkeit einer Strategie im Kampf gegen Nationalismus.
Kritik kam von außen per Zeitungsinterview: Der frühere SPDChef Sigmar Gabriel warf seiner Partei politische Profillosigkeit vor. „Die SPD wirkt oft wie eine Holding, in der zahlreiche Arbeitsgruppen ihre eigenen Ziele absolut setzen“, sagte er. „Völlig unklar bleibt: Wofür steht eigentlich die SPD?“Sie habe wie die US-Demokraten „zu wenig für die Interessen der arbeitenden Menschen gekämpft, zu sehr für Einzelgruppen“. (dpa)