Schätze schlummern im Dillinger Stadtarchiv
Geschichte Seit einem Jahr kümmert sich Felicitas Söhner um das „Gedächtnis der Stadt“. Für Nutzer gibt es Verbesserungen
Dillingen Im Dillinger Stadtarchiv schlummern Raritäten. Die erste Urkunde der Stadt aus dem Jahr 1276 etwa mit einem Siegel des Bischofs Hartmann. Oder Ratsprotokolle vergangener Jahrhunderte – von 1597 bis 1963. Bei einem Exemplar, das Felicitas Söhner den Dillinger Stadträten am Montagabend vor dem Beginn der Sitzung präsentiert, zieht sie sich Handschuhe an, um das wertvolle Werk ja nicht zu beschädigen. Es handelt sich um die „Annales Mundi“, die erste deutschsprachige Weltchronik aus dem Jahr 1696. In diesem Buch wird beispielsweise auch über den Prager Fenstersturz und den Beginn des Dreißigjährigen Krieges berichtet. Der Bestand in den Magazinräumen des Stadtarchivs im sogenannten Neubau des Dillinger Rathauses ist in der Tat kostbar.
Vor gut einem Jahr hat Felicitas Söhner ihre Arbeit als hauptamtliche Stadtarchivarin aufgenommen und damit Hermann Biber abgelöst, der sich ehrenamtlich um das Archiv gekümmert hatte. In der Sitzung berichtete die Dillingerin darüber, was in den vergangenen Monaten passiert ist. Söhner will das Stadtarchiv für Bürger weiter öffnen, in den Räumen werden gerade ein Büro für die Stadtarchivarin und Nutzerplätze eingerichtet. Mit einer Archivsoftware werden die Bestände in einem Katalog erfasst, damit Nutzer Zugriff erhalten. Allein aus den Jahren 1550 bis 1803 stehen rund 1000 Bände im Dillinger Stadtarchiv, nur 20 Prozent davon sind bisher für die Öffentlichkeit digital zugänglich. Es gibt inzwischen eine Web-Seite und ein Blog, im Frühjahr hat der Stadtrat eine Archivsatzung und eine Benutzerund Gebührenordnung beschlossen.
Das Interesse am Dillinger Stadtarchiv ist beachtlich. Seit September 2017 gab es 268 Anfragen, die meisten davon (132) über E-Mail. Und in 195 Fällen ging es dabei, wie Söhner erläuterte, um Heimat- und Familienforschung. 14 Anfragen drehten sich um wissenschaftliche Anliegen, zehn um Erbermittlung. 227 Mal kamen Nutzer ins Archiv. Die Bedingungen dort seien mit einer Temperatur von 18 bis 20 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 48 bis 52 Prozent optimal, informierte die Stadtarchivarin. Schwerpunkte will Söhner künftig bei der Beantwor- tung von Nutzeranfragen, der Digitalisierung des Archivguts und der Öffentlichkeitsarbeit setzen. Für unsere Zeitung hat Söhner bereits mehrere Beiträge geschrieben. Auch die Übernahme von Nachlässen und Schenkungen zählt zu den Aufgaben der Stadtarchivarin.
Oberbürgermeister Frank Kunz (CSU) zeigte sich von Söhners Arbeit beeindruckt. Er dankte auch Hermann Biber, der in der Archivarbeit für einen guten Übergang gesorgt habe. Albrecht Witte (SPD) sah die Entscheidung des Dillinger Stadtrats bestätigt, für das Stadtarchiv eine Teilzeit-Stelle zu schaffen. „Das war eine eindrucksvolle Vorstellung, was hier alles auf die Beine gestellt wurde.“Witte sagte, man dürfe nicht vergessen, dass Hermann Biber im Ehrenamt eine gute Arbeit geleistet habe – und schlug eine Ehrung vor. Die Stadt Dillingen hat Biber bereits 2013 für seine ehrenamtliche Arbeit im Stadtarchiv mit dem Bürgerbrief ausgezeichnet.
Für Söhner steht demnächst eine Reise in die Schweiz an. Ingrid Stanzel (Grüne) informierte sie über eine Einladung aus Kyburg. Dort soll die Stadtarchivarin im März 2019 über die Beziehungen Dillingens zu Kyburg sprechen. Die Kyburger waren eine Seitenlinie der Grafen von Dillingen. Sie benannten sich nach der Kyburg, die im heutigen Kanton Zürich liegt.